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Eklat
um Schmid in Brüssel: "Unerträglich, an einem Tisch zu sitzen"
Die
Presse, am 29/03/2000
Eklat
um Schmid in Brüssel: "Unerträglich, an einem Tisch zu sitzen"
Frankreich
und Belgien kündigten beim Verkehrsministertreffen einen Boykott gegen
Infrastrukturminister Michael Schmid an. Dieser verließ das Treffen
vorzeitig.
Von
unserer Korrespondentin Doris Kraus
BRÜSSEL.
In Brüssel kam es gestern, Dienstag, zum bisher größten
Eklat rund um einen österreichischen Minister seit Beginn der Sanktionen.
Der französische Verkehrsminister Jean-Claude Gayssot von der Kommunistischen
Partei erklärte in einer Stellungnahme zu Beginn des Ratstreffens,
daß er dem "Minister von der Haider-Partei" nicht zuhören werde.
Außerdem, so Gayssot, sei es für ihn "unerträglich" mit
Schmid an einem Tisch zu sitzen. Die belgische Verkehrsministerin Isabelle
Durant (Grüne) schloß sich dieser Haltung an. Letzten Endes
stellte sich die Frage allerdings nicht, da Schmid noch vor dem Mittagessen
Brüssel wieder verließ. Der Grund sei "ein sehr wichtiger Termin
in Graz": eine Festveranstaltung zum 50jährigen Jubiläum des
steirischen Blasmusikverbands. Diese Abreise gab Anlaß zu Spekulationen,
ob die portugiesische EU-Präsidentschaft Schmid "gebeten" habe, dem
Mittagessen fernzubleiben, um einen Eklat zu verhindern. Dies wurde allerdings
von Schmids Mitarbeitern zurückgewiesen. Seine Rückflugzeit stünde
seit einer Woche fest. Schmid selbst meinte, er höre von österreichischen
Journalisten das erste Mal von Gayssots Bedenken. Wenn dieser nicht zuhören
wolle, sei das sein Problem, sagte Schmid. "Diejenigen, die eine Fehleinschätzung
gemacht haben, müssen sich an die Realität anpassen." Die FPÖ
werde ihre Natur aber sicher nicht durch "Selbstauflösung" ändern.
Die
Haltung des französischen Verkehrsministers verheißt jedoch
nichts Gutes für den französischen EU-Vorsitz ab 1. Juli. Es
gibt bereits Anzeichen, daß Frankreich die bilateralen Maßnahmen
gegen Österreich wesentlich strenger auslegen wird als derzeit Portugal.
Europaminister Pierre Moscovici sprach davon, daß es kein einziges
Gruppenbild mit Österreichern geben werde. Eine Umfrage in der französischen
Tageszeitung "Le Monde" unterstützt eine harte Haltung zu Österreich.
58 Prozent der Franzosen, 52 Prozent der Spanier und 44 Prozent der Briten
sind für die Sanktionen. Nur bei den Deutschen ist eine klare Mehrheit,
56 Prozent, dagegen. In Italien halten sich Pro und Contra mit je 38 Prozent
die Waage. Eine vom finnischen Institut "Suomen Gallup" durchgeführten
Umfrage ergab hingegen, daß auch in Finnland eine klare Mehrheit
- 57 Prozent - für die "sofortige Aufhebung" der EU-Sanktionen ist.
49 Prozent sprachen sich aber gegen eine finnische Aktion im Alleingang
aus. 33 Prozent der befragten Finnen befürworteten eine Beibehaltung
der Sanktionen. Der belgische Außenminister Louis Michel gab indes
bekannt, daß er sich künftig bei Äußerungen zur politischen
Lage in Österreich mehr "zurückhalten" wolle. Er habe auch zumindest
teilweise Verständnis dafür, daß die Angelegenheit in Flandern
anders als in Wallonien gesehen werde, sagte Michel.
Schmid:
Ärger über Steirer
Schmid
wurde bei seinem ersten Brüssel-Besuch auch noch von anderer Seite
düpiert. Der Landeschef der FPÖ wurde nicht zur Fünf-Jahres-Feier
des Steiermark-Hauses eingeladen, die gestern, Dienstag, in Brüssel
stattfand. "Ich werde das hinterfragen", sagte Schmid. "Das ist ein bisserl
eine Peinlichkeit, wenn ein steirischer Minister schon in Brüssel
ist."
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Frankreich
und Belgien protestierten bei EU-Rat gegen Schmid
Der
Standard, am 29/03/2000
FP-Minister
erhielt keine Einladung zur Feier "5 Jahre Steiermark-Büro" in Brüssel
Brüssel
- Die Verkehrsminister Frankreichs und Belgiens haben am EU-Ministerrat
am Dienstag in Brüssel gegen die Teilnahme von Minister Michael Schmid
(FPÖ) protestiert. Der französische Ressortchef Jean-Claude Gayssot
teilte außerdem mit, er habe nicht mit Schmid zusammen Mittag gegessen.
Die Frage stellte sich allerdings nicht, da Schmid nach eigenen Angaben
auf Grund eines wichtigen Termins am Nachmittag in Graz sein musste und
daher am Mittagessen der EU-Minister nicht teilnahm. Er werde in der Grazer
Oper an der Feier zum 50jährigen Bestehen des steirischen Blasmusikverbandes
teilnehmen, erläuterte Schmid auf Fragen von Journalisten.
"Zutiefst
verletzt"
Er
sei "zutiefst verletzt" durch die Anwesenheit eines Mitglieds der "rassistischen
und ausländerfeindlichen" Partei von Jörg Haider beim EU-Ministerrat,
so der Kommunist Gayssot in einer Erklärung im EU-Ministerrat, der
sich seine belgische Kollegin (Grüne) Isabel Durant anschloss.
Schmid
hat aber auch innerhalb der Steiermark Probleme mit Einladungen, denn er
erhielt nach eigenen Angaben keine Einladung zur Feier zum fünfjährigen
Bestehen des Steiermarkbüros in Brüssel, die am heutigen Abend
stattfindet. Die Nicht-Einladung sei zwar "ein bisserl eine Peinlichkeit",
aber er "kann damit leben", so Schmid.
"Handschlag"
Die
Begrüßung durch den Ratsvorsitz anlässlich seines ersten
Brüssel-Besuches sei "mit Handschlag" und "kollegial" erfolgt, berichtete
Schmid. Wie er das Wort ergriffen habe, sei sein französischer Kollege
nicht mehr im Raum gewesen. Wenn Gayssot aber nicht hinhören wolle,
wenn er, Schmid, das Wort ergreift, dann stelle sich die Frage, wie sein
der französische Minister das Wort Toleranz versteht, so Schmid.
Der
Weg aus den Sanktionen kann für Schmid nur so stattfinden, dass "die,
die die Fehleinschätzung machen, ihre Meinung an die Realität
anpassen". Die FPÖ habe keinen Grund zu einer "Richtigstellung - unter
Anführungszeichen", weil sie nicht akzeptiert werde. Auch vor dem
Rücktritt von Parteichef Jörg Haider hätte alle gesagt "das
wär doch was" doch im Nachhinein sei jetzt "alles nicht wahr".(APA)
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