|
letzter
Text
nächster Text
Ratschlag an die AAB
Zur Erklärung des “Berliner
FrauenLesbenbündnis“
Wir, ein linksradikaler,
feministischer Diskussionszusammenhang von militanten FrauenLesben, mit
Einblick in die Strukturen der AAB fühlen uns verpflichtet, in der
momentanen Diskussion um den Umgang mit Vergewaltigern bzw. den Umgang
mit der Thematik einige Anmerkungen zu machen. Veranlasst dazu hat uns
letztendlich die bundesweit verschickte und verteilte “Erklärung zur
Kontinuität von Täterschutz in der AABO“ unterzeichnet von einem
in altautonomer Manier nicht näher zuzuordnenden, aber für FraucnLesbcn
Alleinvcrtretungsanspruch suggerierenden “Berliner FraucnLesbenbündnis“.
Die Verfasserinnen haben
in verantwortungsloser Weise Falschdarstellungcn aneinandergereiht und
scheinen statt den Ernst und die Tragweite des Themas zu würdigen,
den Vorfall für eine politische Schlammschlacht nutzen zu wollen..
Konkret:
Die AAB hat nach dem Outing
eines Vergcwaltigers, der sich in ihren Zusammenhängen aufgehalten
haben soll, eine VV einberufen. Auf Antrag der Frauen trennte sich diese
VV in eine Frauen und Männer-VV, wobei die Frauen- VV die alleinige
Entscheidungsmacht hat (diese Vorgehensweise gilt nach unseren Informationen
in der AAB seit ihrem Bestehen). Eine Gruppe vermummter Frauen stürmte
diese VV und bezichtigte die AAB des Täterschutzes, mit der Begründung
allein ein Treffen, das sich den Vergewaltigungsfall zum Thema mache, sei
aktiver Täterschutz. Die Rede ist jetzt von “Tribunal“, “Prüfung
des Wahrheitsgehalts auf der VV“, “Zwang von Seelenstriptease für
die Frau“, ‘Nichtanerkennung der Definitionsmacht der Frau“ bei der AAB.
Tatsache ist aber, und das kann bei der AAB auch nachgefragt werden, daß
die Frauen- und Männer-VV der AAB, die Definitionsmacht der Frau anerkennt,
der Rausschmiss der geouteten Person beschlossen wurde, die Diskussionen
sich aber sehr wohl um Fehler im sozialen und politischen Alltag in der
Gruppe, sowie um Maßnahmen für eine weitere Sensibilisierung
zum Thema drehte.
Ausgehend von der ersten
Falschbehauptung zur AAB in diesem Papier wird nun der Brückenschlag
zu anderen BO-Gruppcn versucht. Unter vorsätzlicher Verkürzung
dcr Fakten wird nun behauptet, die Antifa (M) hätte sich für
den Verbleib eines Vergewaltigers in der Gruppe entschieden.
Tatsache ist - und jede,
die den Fall kennt, weiß es - daß die Genossinnen der Antifa(M),
nach einem ersten, katastrophalen Papier, dann doch den Rausschmiß
der betreffenden Person beschlossen hat. In einer zweiten, ausführlichen
Stellungnahme werden die Herangehensweise der Gruppe zu diesem Fall, sowie
der Rausschmiß des Mannes erklärt.
Der in der Erklärung
als weiteres Beispiel erwähnte Vorfall in Hamburg, so beschissen wir
ihn finden, spielte sich zu einer Zeit ab, als es noch gar keine Hamburger
Antifa-Gruppe in der AA/BO gab. Warum muß frau die Unfähigkeit
einer ganzen linksradikalen Szene auf die AA/BO projezieren? Wir sparen
uns hier weitere Kommentare.
Seit teilweise mehr- als
15 Jahren führen wir einen antipatriarchalen Kampf, haben viele Auseinandersetzungen
auf der Straße und in politischen Gruppen, aber gerade auch im engsten
sozialen Umfeld geführt. Wir wollen uns bis heute nicht in gemischten
Zusammenhängen organisieren, haben aus wohlüberlegten Gründen
die Kleingruppe als politisches Mittel gewählt. Und uns ist klar,
daß der erkämpfte Status quo auch in der radikalen Linken für
uns Frauen, nur im täglichen Kampf gegen eine patriarchal geprägte
Gesellschaft erhalten bzw. ausgebaut werden kann. Dazu gehört immer
wieder die Analyse der bestehenden Verhältnisse, mit größter
Genauigkeit und Differenzierung, gerade wenn es um die Umgangsweise zwischen
Genossinnen geht.
Und jetzt ein bißchen
polemischer:
Wir scheißen auch
weiterhin auf die gönnerhaften Verlautbarungen von “Anti-Pat“-ambitionierten
Männern (Hallo venceremos), die sich auf der politischen Bühne
in selbstgeißelnder Manier zum Freund der Frauen peitschen (zu oft
haben wir auf längere Sicht die Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis
von Genossen erleben müssen). Es geht nicht darum, Feministinnen nach
dem Mund zu reden (schließlich bewegt Mann sich ja in diesem Milieu),
noch weniger um das Beweinen der eigenen Verstricktheit im Patriarchat
durch die sexistische Zurichtung (der Typ zeigt, daß er sich mit
dem Thema auseinandersetzt). Wir messen den Kampf gegen patriarchale Zustände
an konkreter Praxis. Und die ist Mangelware!
Strukturelle patriarchale
Unterdrückung muß selbstverständlich auch mit strukturellen
Maßnahme begegnet werden. Wer beispielsweise behauptet, Quotierungcn
wären kein Mittel um Veränderungen vorwärts zu bringen,
hat vieles noch nicht verstanden.
Wir müssen feststellen,
daß die Gruppen in der BO einen für die Antifa ungewöhnlich,
erstaunlich hohen Frauenanteil haben. Von Frauen aus diesen Zusammenhängen
wissen wir, daß hier die von Frauen durchgesetzten strukturellen
Sicherheiten eine entscheidende Rolle spielen. (Männer von venceremos,
habt ihr euch darüber schon mal Gedanken gemacht?) Oder glaubt ihr
wirklich, daß es am angeblich “auffallend heroischen männlichen
Gewaltfetisch“ der BO liegt? (Militant=Mann, oder was?)
Eigentlich wollten wir mit
diesem Papier auch in keine Diskussion über Kritik an der AA/BO einsteigen
(bei aller Notwendigkeit). Uns geht es vielmehr um einen Diskussionsstil,
um Methoden, die über das Maß polemischer Kritik hinaus gehen,
im konkreten Fall um Diffamierung und Zerstörung jeder vernünftigen
Auseinandersetzung unter Genossinnen. Wir haben versucht unsere Erfahrungen
in ähnlichen Auseinandcrsetzungen auszuwerten, und lange darüber
nachgedacht und diskutiert, in welcher Form hier interveniert werden kann.
Beim intellektuellen und
analytischen Niveau des uns vorliegenden Papiers, und der offensichtlich
beabsichtigten Verdrehung und Falschdarstellung von Fakten, nach dem Motto,
irgendwas bleibt schon hängen, scheint es den Verfasserinnen nicht
um eine fundierte Auseinandersetzung zu gehen. Und da zur Schlammschlacht
immer zwei gehören (und von Schlammschlachten profitieren nur Bullen,
werden linke Zusammenhänge zerrieben, und schließlich betroffen
Frauen geschädigt) raten wir den Genossinnen in der AAB davon ab,
zu versuchen, auf dieses Papier konstruktiv zu reagieren. Es ist sinnlos.
Etwas frustriert
Revolutionäre Feministinnen
aus Berlin
(aus: Interim Nr. 471) |