Dieses Dokument ist Teil des Buches Wie
geschmiert - Rüstungsproduktion und Waffenhandel im Raum
Hamburg, 1998
Weitere Schlaglichter
aus Hamburgs
Waffenhandels-Chronik
(1988-1997)
- März 1988
-
Das Landgericht Hamburg verurteilt die Hamburger Kauffrau Lisa
Gräfin von Schwerin wegen "versuchter unerlaubter
Vermittlung von Waffengeschäften" zu einer Freiheitsstrafe
von zwei Jahren zur Bewährung. 1983/84 hatte die Gräfin
mit Iranern über die Lieferung von 280 bis 400 US-Kampfpanzern
des Typs M 48 verhandelt.
- Februar 1989
-
Der Zoll von Savona (Norditalien) beschlagnahmt auf dem dänischen
Frachter "Jenstar" 4.200 Kisten mit Schnellfeürgewehren,
Pistolen, Munition und Plastiksprengstoff. Die aus der
Tschechoslowakei stammende Fracht war im Hamburger Hafen (Schuppen
23/24) an Bord der "Jenstar" geladen worden.
- Frühjahr 1989
-
Am Kamerunkai (Schuppen 62/Jordaberg) beobachten Hamburger
Mitglieder der "Kampagne gegen Rüstungsexport", dass
ca. 80 Militär-LKW von Daimler-Benz auf den iranischen
Frachter"Iran Gheyamat" verladen werden. An sandfarbenem
Tarnanstrich, Schiessluke, NATO-Kreuz und anderen Kennzeichen ist
der militärische Verwendungszweck der Fahrzeuge zu erkennen.
Empfänger im Iran ist entweder das Ministerium für die
Pasdaran (Revolutionswächter) oder die Armee.
- Februar 1991
-
Der Hamburger Rechtsanwalt Ralf Ernst Springer wird zu einer
Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung und einer
Geldbusse von 15.000 DM verurteilt. Er hatte 1984 zusammen mit
anderen versucht, 22 Mirage-Bomber und 5.000 chilenische Streubomben
an Länder wie Syrien, Libyen und Iran zu verkaufen.
- September 1991
-
Vier Mitglieder einer Hamburger Waffenhandelsbande (zwei Kaufleute,
ein Rechtsanwalt und ein Oberstleutnannt) werden zu mehrmonatigen
Haftstrafen verurteilt - auch sie auf Bewährung. Sie hatten um
1986 riesige Waffengeschäfte mit Ländern der
Golfkriegsregion eingefädelt; u.a. war es um die Lieferung von
bis zu 30 Kampfhubschraubern Bell-Cobra an den Iran gegangen.
- Oktober 1991
-
Der BND versucht, mehrere Paletten und Container mit
Flugabwehrpanzern und weiterem Kriegsgerät aus östlicher
Produktion nach Isräl zu schmuggeln. Am O'Swald-Kai (Schuppen
48) soll das isrälische Frachtschiff "Palmah II" das
unter Planen verborgene und als "landwirtschaftliches Gerät"
deklarierte Rüstungsmaterial an Bord nehmen. Die Ladung wird
jedoch von der Hamburger Wasserschutzpolizei enttarnt. Nach dem
Abebben der öffentlichen Empörung erfolgt die Lieferung
ein Jahr später. Das Hamburger Landgericht spricht die zwei
angeklagten Mitarbeiter des BND im Juli 1995 vom Vorwurf des
Verstosses gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz frei. Die Richterin
Gertraut Göring verbindet den Freispruch dabei mit einem
deutlich politisch gefärbten Statement zugunsten der
BND-Aktivitäten.
- März 1992
-
Das Landgericht Hamburg verurteilt Franz-Joseph Underberg (Urenkel
des Magenbitter-Erfinders) und zwei Komplizen zu Geldstrafen. Sie
waren 1986 aufgeflogen, als sie dem Irak gewaltige Mengen
Kriegsmaterial anboten.
- April 1992
-
Es wird bekannt, dass 48 isrälische Flugabwehrsysteme vom Typ
Eagle-Eye über den Hamburger Hafen nach Indonesien verschifft
werden. Die Lieferung erfolgt in Einzelteilen und verstösst
dshalb (angeblich) nicht gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz. Das
Geschäft wird von der Münchner Krauss-Maffei-Tochter
Gesellschaft für Logistik (GLS) abgewickelt. Das Hamburger
Abendblatt zitiert in diesem Zusammenhang einen Fahnder: "Wie
so oft mussten wir die Fuhre zähneknirschend passieren lassen.
Seit Ende des Golfkrieges boomt der illegale Waffenhandel wieder."
- November 1992
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Im Kaiser-Wilhelm-Hafen (Schuppen 73) werden acht Container mit
Kriegswaffen und -munition beschlagnahmt. Besitzer der Container ist
das ägyptische Verteidigungsministerium. Das
Ermittlungsverfahren der Hamburger Staatsanwaltschaft wegen
ungenehmigter Durchfuhr von Kriegswaffen wird später
einngestellt, weil man die Verantwortlichen nicht habe feststellen
können.
- Dezember 1992
-
Vor Sizilien wird das estnische Frachtschiff "Waalhaaven"
auf dem Weg nach Syrien gestoppt. Am Afrika-Terminal im Hamburger
Hafen war das Schiff zuvor mit Maschinenteilen beladen worden, die
nach Erkenntnissen westlicher Geheimdienste zum Umbau von
Scud-Raketen bestimmt gewesen sein sollen.
- Januar 1994
-
Am Schuppen 69/70 beschlagnahmt der Zoll einen russischen
Schwimmpanzer, der für Angola bestimmt gewesen ist.
- April 1994
-
Es wird bekannt, dass 210 für die Türkei bestimmte
Stinger-Raketen aus der Lizenzfertigung von Dornier
(Friedrichshafen) im Hamburger Hafen (Schuppen 69) auf das türkische
Frachtschiff "Kayseri" verladen werden sollen. Nach der
Ankündigung von Protesten verlegen die Verantwortlichen die
Beladung an eine Elbreede in der Nähe von Stade.
- Oktober 1994
-
Bei einer Spedition in Waltershof wird hochbrisanter Kriegsschrott
aus Angola entdeckt. Darunter befinden sich: zwei Luftbodenraketen,
22 Gefechtsköpfe, über 260 Kilo Munition für
Handfeürwaffen, Granaten, Treibladungshülsen, Panzerfäuste
und Raketenzünder. Mit der Beseitigung und Sprengung des
Waffenschrotts ist der Hamburger Kampfmittelräumdienst
monatelang befasst.
- März 1996
-
Der iranische Frachter "Iran Kolahdooz", der im
Steinwerder Hafen (Schuppen 64) festgemacht hat, wird von Zoll und
Polizei durchsucht. In Antwerpen war zuvor an Bord desselben
Schiffes Plastiksprengstoff entdeckt worden, der für Anschläge
bestimmt gewesen sein soll. In Hamburg sollte die "Iran
Kolahdooz" vier Container mit Sprengkapseln und Zündschnüren
(z.T. aus der Produktion von Dynamit Nobel) an Bord nehmen.
- Oktober 1996
-
Im Schuppen 83 (Chilekai) werden 280 Pistolen und 20 Gewehre
gestohlen, die von China über den Hamburger Freihafen in den
Libanon geliefert werden sollten.
- April 1997
-
Der "Stern" berichtet am 17.4. über das Netz
iranischer Rüstungseinkäufer in Deutschland; ein
Schwerpunkt der Aktivitäten liege in Hamburg und im
schleswig-holsteinischen Umland. Es werden jedoch keine konkreten
Firmen benannt.
- Juni 1997
-
Im Congress Centrum Hamburg (CCH) wird vom 24. bis 26. Juni
erstmalig eine reine Rüstungsmesse veranstaltet. Die "Undersea
Defence Technology" (UDT), eine Spezialmesse für die
Unterwasser-Kriegsführung, wird von etwa 100 internationalen
Firmen zur Selbstdarstellung genutzt; von deutscher Seite sind z.B.
STN ATLAS Elektronik (Torpedos), HDW/German Submarine Consortium
(U-Boote) und Siemens (U-Boot-Antriebe und -Elektrik) vertreten. Zu
der Messe sind Marineoffiziere aus aller Welt angereist - z.B. aus
der Türkei, Indonesien, Malaysia, den Vereinigten Arabischen
Emiraten, Isräl, Argentinien, Peru und Kolumbien. Zeitgleich
findet zum Komplex Unterwasserkriegsführung eine Konferenz mit
zahlreichen Vorträgen von Firmenvertretern statt.
- August 1997
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Am 26. August eröffnet Rüstungs-Staatssekretär Gunnar
Simon im Hamburger CCH die nächste Rüstungskonferenz, die
"MECON '97". Veranstaltet wird sie vom Deutschen
Fregattenkonsortium, bestehend aus Blohm + Voss, HDW und TRT. Zu
dieser Werbeveranstaltung für den Kriegsschiffsexport reisen
Militärdelegationen aus 24 Ländern an (Weiteres siehe
Blohm + Voss, Kapitel 3.1.2 MEKO).
- September/Oktober 1997
-
sber Schuppen 69/70 im Hamburger Hafen wird eine grössere
Stückzahl von Militär-LKWs aus Beständen der
Bundeswehr nach Ägypten verschifft. Es handelt sich um
Fahrzeuge des Herstellers Magirus Deutz. Eines der beladenen
Frachtschiffe war die "Ebn Alwaleed" der ägyptischen
Staatslinie, dasselbe Schiff, das 1992 die acht Munitions-Container
nach Hamburg gebracht hatte (s. Eintrag November 1992).
- Ende Oktober werden etwa 50 fabrikneue
Militär-Sattelzugmaschinen von MAN im Hamburger Hafen (Schuppen
82/83) auf das algerische Schiff "Tebessa" verladen. Als
Empfänger gibt ein Schild das Verteidigungsministerium in
Algier an; trotzdem behauptet MAN gegenüber dem Stadtmagazin
"HH 19", es handele sich um zivile LKW. Zwar seien die
Fahrzeuge im militärischen Olivgrün lackiert, aber das sei
"Zufall". Nach Berichten von Hafenarbeitern sind schon
mehrfach algerische Schiffe mit solchen Zugmaschinen, die
offenkundig als Panzerschlepper eingesetzt werden, beladen worden.
Der Hamburger Zoll erklärt, er habe keine Handhabe, derartige
Lieferungen zu stoppen; die Bundesregierung erklärt wenig
später, dass die Ausfuhr der Fahrzeuge nicht einmal
genehmigungspflichtig ist.