Dieses Dokument ist Teil des Buches Wie geschmiert - Rüstungsproduktion und Waffenhandel im Raum Hamburg, 1998
Zweigniederlassung Hamburg mit Bereich
Anlagentechnik, Geschäftszweig Schiffbau: 20099 Hamburg (St.
Georg), Lindenplatz 2
Fertigungs- und Servicezentrum: 20539
Hamburg (Rothenburgsort), Billwerder neuer Deich 90/Ausschäger
Elbdeich 2
Beschäftigte in Hamburg insgesamt: 2.400, davon ca. 500 in Rothenburgsort (Sept. 1996)
Die Siemens AG (München), Europas grösster Elektrokonzern, beschäftigt weltweit 379.000 Menschen, davon 203.000 im Inland (September 1996). An dem Grundkapital (2,8 Mrd. DM) sind etwa 573.000 Aktionäre beteiligt, wobei 30 Prozent der Aktien bei Investmentgesellschaften und 15 Prozent bei Versicherungsgesellschaften (insbesondere Allianz) und Banken liegen. Vorstandsvorsitzender ist seit 1992 Heinrich von Pierer.
Siemens ist in verschiedenen Rüstungssparten aktiv, tendiert aber dazu, diese Aktivitäten nach aussen herunterzuspielen.27 1984 betrug der Militärumsatz des Gesamtkonzerns nach eigener Angabe gut 1,2 Mrd. DM. Im Geschäftsjahr 1995/96 machte allein der auf Militärelektronik spezialisierte Bereich "Sicherungstechnik" (Sitz: Unterschleissheim bei München) einen Umsatz von 1,6 Mrd. DM.28 Durch die Übernahme von Rüstungselektronikbereichen des britischen Herstellers Plessey (1989/90) hat Siemens seine Position als einer der weltweit führenden Anbieter auf diesem Gebiet ausgebaut.
Dass auch Siemens Hamburg etwas mit dem Militärgeschäft zu tun hat, erfährt nur, wer Militärzeitschriften liest oder einschlägige Messen besucht. In der Rüstungspresse inseriert der Hamburger Siemens-Geschäftszweigs Schiffbau mit diesem Text:28
"Für die Bundesmarine sowie die Marinen der NATO-Partner und befreundeter Staaten bieten wir eine ganz spezielle Systemtechnik - für Über- und Unterwasser. Sie garantiert Zuverlässigkeit auch unter extremsten Einsatzbedingungen. Und das macht unser Angebot rund: Dokumentation, Schulung vor Ort oder im Haus - und: Service und Logistik, unkompliziert und weltweit."
Für Fregatten, Korvetten, Schnellboote und Minenkampfsysteme liefert Siemens: elektrische Bordnetzanlagen, Generatoren, chockfeste Schaltschränke, Transformatoren, Brückenfahrstände, Schiffstechnische Leitstände, Batterien, batterielose Telefone, digitale Wechselsprechsysteme, Magnetischer Eigenschutz, Minenräumanlagen und vieles andere.29 Im U-Boot-Bereich sind Propellerantriebe eine Spezialität von Siemens. 1983 hatte das Unternehmen bereits über 80 U-Boote von 13 Ländern mit Propellerantrieben ausgerüstet.30
Seit 1967 war Siemens durch eine Kapitalbeteiligung mit -> Blohm + Voss verbunden; bei Kriegsschiffsgeschäften hat Siemens regelmässig zu den Zulieferern von B + V gehört. 1986/87 half Siemens B + V auch beim Aufbau der nigerianischen Marinewerft Wilmot Point.31 1995 hat sich Siemens von seinem 12,5-Prozent-Anteil an B + V getrennt und ihn an Thyssen verkauft. An der Kriegsschiffsplanungs-Gesellschaft -> MTG Marinetechnik GmbH ist die Hamburger Zweigniederlassung von Siemens inzwischen mit 15 Prozent (früher 6,2 Prozent) beteiligt.
Der "Marine Report" von Siemens Hamburg hat 1996 als aktuelle Projekte, an denen man beteiligt ist, u.a. genannt:
Bau von vier U-Booten des Typs U 212 bei HDW und Thyssen Nordseewerke,
Bau von zwei Minenjagdbooten 332 bei Lürssen und Abeking & Rasmussen,
Bau von vier Fregatten für Griechenland, acht Fregatten für Australien und zwei Fregatten für Neuseeland (hierzu -> Blohm + Voss).32
Speziell für Überwasserkriegsschiffe hat Siemens ein komplexes Automatisierungssystem mit der Bezeichnung NAUTOS entwickelt - das Unternehmen nennt es "das System der Superlative". Mit NAUTOS werden die Schiffsanlagen, so der Antrieb, die Energieversorgung und die Schiffsbetriebstechnik gesteürt und überwacht. Das System wurde z.B. in die MEKO-Fregatten für Portugal (-> Blohm + Voss) eingebaut. 1996 präsentierte Siemens Hamburg NAUTOS auf der malaysischen Rüstungsmesse DSA (Defence Services Asia) in Kuala Lumpur.33
Ein weiterer Siemens-Standort, der sich mit Seekriegsrüstung befasst, befindet sich in Erlangen. Dort sind die Brennstoffzelle und der Permasyn-Motor für die künftige U-Boot-Klasse 212 entwickelt worden.34
In Hamburg unterhält Siemens ausserdem einen eigenen Stützpunkt auf dem Gelände der Bundeswehruniversität +(Holstenhofweg 85), der anscheinend für die Wartung der + dort befindlichen Siemens-Anlagen zuständig ist.
Anmerkungen: