Pressemitteilung
Am 1. April 2003 begann vor dem Oberlandesgericht in Celle der Prozess gegen die beiden kurdischen Politiker Hasan A. und Ali K.. Gegen beide ist Anklage wegen einer angeblichen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (§ 129 StGB) erhoben worden. Beide sollen Gebietsleiter der PKK bzw. der PKK-Nachfolge-organisation KADEK gewesen sein. Konkrete Tatvorwürfe gegen die beiden gibt es nicht. Am ersten Tag stellten die beiden Angeklagten sehr anschaulich
ihre persönliche Situation dar, die in der Türkei von
Repressionen, Festnahmen und Folter geprägt war. Ohne diese
Hintergründe zu kennen, ist ein Verstehen der politischen Aktivitäten
der beiden Politiker nicht möglich. Der Vorsitzende Richter Dr. Siolek zeigte sich am ersten Tag voreingenommen gegenüber den Angeklagten. Bei den Erklärungen der beiden kurdischen Politiker starrte er mehrmals gelangweilt zur Decke und verdrehte die Augen. Auch versuchte er durch seine Fragen an die Angeklagten sie „aus der Reserve zu locken“, um „die Wahrheit heraus-zufinden“ und dadurch Widersprüche in den Aussagen zu konstruieren. Er begründete sein Verhalten damit, „das der Angeklagte nicht das Blaue vom Himmel erzählt.“ Dadurch zeigte Richter Siolek, dass er den beiden Angeklagten offensichtlich nicht glaubt. Weder in der Anklageschrift oder sonst wo sind konkrete Tatvorwürfe gegen die beiden zu finden. Ihre Schuld wird aufgrund einer angeblichen Mitgliedschaft in einer „kriminellen Vereinigung“ vorausgesetzt. Mit dem § 129 StGB braucht einem Angeklagten auch gar keine konkrete Straftat mehr nachgewiesen werden. Ihre Mitgliedschaft in einer Vereinigung macht sie automatisch mitschuldig. Der Vorsitzende Richter zitierte dazu: „Konkrete Taten sind entbehrlich“. Im Prozess gegen Hasan A. und Ali. K. soll auch das „interne
Strafsystem“ der PKK verhandelt werden. Auch hier gibt es
keinerlei konkrete Vorwürfe gegen die Beiden. Es wird behauptet,
das PKK-Funktionäre mit Körperverletzungen und Freiheitsberaubungen
Mitglieder der PKK und andere Kurden bestrafen würden, die
gegen die Interessen der Organisation verstießen oder sich
weigerten für die Partei Spenden zu geben. Die Cellesche Zeitung
und NDR-Online berichten wahrheitswidrig, das die beiden Angeklagten
selbst solche Strafen festsetzten und vollstrecken ließen. Nach politisch motivierter Diffamierung der kurdischen Freiheitsbewegung und dem Verbot der PKK, wird ein Bild von der PKK aufrechtgehalten, welches von vornherein auf falschen Behauptungen beruhte. Die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) hat vor vier Jahren den bewaffneten
Kampf für beendet erklärt und ihre Strukturen diesen Veränderungen
angepasst. Die PKK wurde aufgelöst und mit dem Kongress für
Freiheit und Demokratie in Kurdistan (KADEK) eine neue Organisation
geschaffen. Der KADEK und Abdullah Öcalan unterbreiteten umfassende
Vorschläge für eine Demokratisierung der Türkei und
entwickelten ein friedenspolitisches Konzept zur Lösung des
Kurdistan-Konflikts. Die Beschlüsse der Organisation, sich
künftig ausschließlich mit friedlichen Mitteln im legalen
Rahmen politisch zu betätigen, gelten auch für Bundesrepublik.
Doch statt die Kurdinnen und Kurden auf diesem friedenspolitischen
Kurs zu unterstützen und ihre Bemühungen anzuerkennen,
zeigen ihnen die politisch Verantwortlichen nach wie vor die kalte
Schulter. Die Strafverfolgungsbehörden – in erster Linie
Bundeskriminalamt und Bundesanwaltschaft - setzen ihre repressive
Vorgehensweise fort. Sie argumentieren, die PKK halte sich auch
künftig eine Gewaltoption offen. Mit einer solchen durch nichts
bewiesenen Behauptung soll einer Aufweichung des PKK-Verbots entgegengewirkt
sowie weitere Prozesse und Ermittlungen begründet werden. Um der kurdischen Bewegung und ihrer Einrichtungen eine freie und ungehinderte politische Betätigung zu ermöglichen, hält die Kurdistan Solidarität Uelzen an der Forderung nach Aufhebung des anachronistischen PKK-Verbotes fest. Im übrigen würden auf diese Weise konspirative Verhaltensweisen und Straftatbestände, wie sie kurdischen Politiker/innen immer wieder vorgeworfen werden, nicht mehr vorkommen.
Dienstag, 8. April 2003 – 10.30 Uhr Oberlandesgericht Celle – Saal 94 – Kanzleistrasse
|