Beispiel 1: Verheugen in Ankara

Am 8. März 2000 reiste der für die EU-Erweiterung zuständige Kommissar Günter Verheugen als erster hochrangiger EU-Vertreter seit dem Dezember 1999 in die Türkei. In seinen Gesprächen mit Ministerpräsident Ecevit, dessen Stellvertreter Bahceli und Außenminister Cem ging es um die zwischen Ankara und der EU-Kommission auszuhandelnde Vereinbarung über eine "Beitrittspartnerschaft" und die Reformschritte, die von der Türkei erwartet werden, bevor die eigentlichen Beitrittsverhandlungen aufgenommen werden können.
Bei diesen Gesprächen reagierte Ecevit besonders allergisch darauf, dass Verheugen vom "Kurdenproblem" sprach, welches es in der Türkei gar nicht gebe, da hier die Staatsbürger nicht nach ethnischen Kriterien eingeteilt würden. Verheugen ließ sich indes nicht einschüchtern und benutzte demonstrativ die Bezeichnung "Kurdenproblem" abermals. Schon vor seiner Abreise hatte Verheugen deutlich gemacht, dass es ohne eine substanzielle Veränderung der türkischen Kurdenpolitik keinen EU-Beitritt geben werde. Ein Brüsseler Diplomat wird mit der Feststellung zitiert: "Gleichgültig wie man es nennt, ob kurdisch oder südöstlich, es bleibt ein Problem". Dies scheint man auch in Ankara inzwischen verstanden zu haben. Nach Angaben der "Turkish Daily News" analysiert eine Arbeitsgruppe im türkischen Außenministerium derzeit die rechtliche Situation ethnischer und religiöser Minderheiten in den EU-Staaten, woraus danach notwendige Korrekturen in der Kurdenpolitik abgeleitet werden sollen.
*5


*5 taz, 9.3.00; Tagesspiegel, FAZ, 11.3.00; Die Welt, 16.3.00; FR, 21.3.00; NN 2/00

Dokument über Rechte der "kurdisch-stämmigen türkischen Bürger"