Einführung:
Die Geschichte des Kolonialismus beginnt mit dem Übergang zur Klassengesellschaft. Jede Art von Produktion, die durch die Entfaltung der Klassengesellschaft hervorgebracht wurde, entwickelt eine spezielle Form des Kolonialismus. In gleichem Maße, wie sich Klassenausbeutung und, damit verbunden, Klassenunterdrückung im Inneren entwickeln, wächst die Ausbeutung und Unterdrückung anderer Völker außen.
Der Kolonialismus, eine Art fremdgesteuerte Unterdrückung menschlicher Gesellschaften und eine Art Ausbeutung, hat sich seit der Sklavenhaltergesellschaft bis zur Zeit der Etablierung einer sozialistischen Gesellschaft, die ein Übergangsstadium zur klassenlosen Gesellschaft darstellt, fortlaufend entwickelt.
In der Geschichte ist Gewalt nicht immer reaktionär gewesen. Die Anwendung von Gewalt bei der Veränderung der alten Gesellschaft ist unvermeidbar. Wenn Gewalt in Übereinstimmung mit der Entwicklung der Produktiv-Kräfte angewandt wird, ist ihre Anwendung fortschrittlich. Wenn Gewalt jedoch angewandt wird mit dem Versuch alte Produktionsbeziehungen, die die Entwicklung produktiver Kräfte verhindern, zu erhalten, dann wird Gewalt reaktionär. Sie ist in der gleichen Weise reaktionär, wenn Gewalt auf Eroberung ausgerichtet ist, d.h. auf die Errichtung der Herrschaft über andere Stämme, Völker und Nationen. Mit anderen Worten, Eroberung ist der erste Schritt bei der Kolonialisierung dieser Gesellschaften. Gleichgültig aus welcher Art von Produktion er hervorgebracht wird, plündert und zerstört der auf reaktionärer Gewalt basierende Kolonialismus die produktiven Kräfte einer ihm unterworfenen Gesellschaft.
Auf der anderen Seite ist die von der Gesellschaft angewandte Gewalt die ihre Existenz vor dem Joch des Kolonialismus verteidigen will, immer progressiv und das unentbehrlichste Mittel auf dem Weg zur Entwicklung.
Der Kapitalismus, der auf eine lange Tradition von Ausbeutung und sozialer Unterdrückung in der Sklavenhalterzeit und der feudalen Periode blicken kann, war in seinem Entstehungsstadium fortschrittlich, da er die Produktivkräfte entwickelt hat und dazu diente, daß die Völker Westeuropas zu Nationen wurden. In dieser Periode spielte die Bourgeoisie als revolutionäre Klasse durch den geführten Kampf gegen die feudale Zerspaltung im Inneren und das fremde Joch von außen eine führende Rolle bei der Entstehung von Nationen und nationalen Staaten.
In der Mitte des 19. Jahrhunderts bildete sich parallel mit der grundlegenden Vollendung der industriellen Revolution ein Weltmarkt. Während innerhalb dieses Marktes eine handvoll Nationen in Westeuropa aufgrund der Produktion von Manufakturwaren eine dominierende Rolle spielten, wurde ein großer Teil der Völker der Welt auf einen kolonialen Status gebracht, da sie sich im Besitz des Rohmaterials befanden. Die grundlegende Art der ökonomischen Verbindung zwischen den Metropolen, die von den dominierenden Nationen errichtet worden waren, und den Kolonien sah die Regelung eines freien Handels vor, die kapitalistischen Beziehungen in den Kolonien konnten sich nur in geringem Maße entwickeln. Stattdessen wurden die Kolonien, gleichzeitig mit ihrer Aufnahme in den Weltmarkt, zu dem ausgebeuteten Teil des sich in der Aufbauphase befindenden kapitalistischen Systems.
Mit dem Aufkommen des Exports von Kapital in die Kolonien im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts war die Bildung des weltkapitalistischen und imperialistischen Systems vervollkommnet. Nicht ein einziges Land blieb auf dieser Erde, das seine Existenz außerhalb dieses Systems aufrecht erhielt.
Zu dieser Zeit erreichte die Teilung der Menschheit in Klassen auf der einen Seite und in unterdrückende und unterdrückte Nationen auf der anderen Seite seinen Höhepunkt.
Die ungleiche Entwicklung unter den imperialistischen Ländern machte eine Neuverteilung bezüglich des Kräfteverhältnisses in der Welt unvermeidlich. Es gab für die Neuverteilung kein anderes Mittel als Krieg. Die Tatsache, daß die kapitalistische Gesellschaft über keine anderen Mittel als den Krieg verfügt, um sich zu erneuern, zeigt, daß die Bedingungen für die proletarische Revolution gereift sind.
Die große Oktoberrevulution und ihre internationale Bedeutung
Das imperialistische System wurde durch den Ersten Weltverteilungskrieg, mit dem es aus der hineingeratenen Krise herauszufinden bezweckte, erneut geschwächt. Die Revolution brach in Rußland, dem schwächsten Glied des Imperialismus, aus. Die Oktoberrevolution von 1917 sorgte für die notwendige Basis zur Errichtung des Sozialismus in einem Sechstel der Welt. Die Oktoberrevolution stellte nicht nur die notwendige Basis für die Errichtung des Sozialismus in Rußland dar, sondern sie spielte auch bei den darauffolgenden Entwicklungen eine bestimmende Rolle in der ganzen Welt.
Die internationale Bedeutung der Oktoberrevolution kann folgendermaßen zusammengefaßt werden:
1. Sie eröffnete eine neue Epoche, die Epoche der proletarischen Revolutionen. Während frühere Revolutionen eine ausbeutende Klasse durch eine andere ersetzten, brachte die Oktoberrevolution den Sozialismus hervor, das Übergangsstadium zu einer klassenlosen Gesellschaft.
2. Sie spielte die Rolle einer Brücke, die die revolutionäre Welle vom Westen zum Osten trug und zu kolonialen Revolutionen führte sowie zur Errichtung der Hegemonie des Proletariats bei diesen Revolutionen.
3. Sie war der Grundstein in dem revolutionären Bündnis von sozialistischen Ländern, der Bewegung der Arbeiterklasse und den Nationalen Befreiungsbewegungen gegen das konterrevolutionäre Bündnis des Imperialismus, der kollaborierenden Bourgeoisie und der Feudalen.
4. In Bezug auf diese drei Faktoren hatte sie einen entscheidenden Einfluß auf die Bildung der wahren nationalen Fronten in kolonialen und halb-kolonialen Ländern, die das Proletariat, die Bauernschaft und die Intellektuellen umfaßte, gegen die falschen nationalen Fronten, die sich aus kollaborierenden halb-feudalen und halb-bürgerlichen Elementen zusammensetzte. Der Einfluß der Oktoberrevolution auf diese Entwicklungen, die die prinzipiellen Charakteristika unserer Epoche darstellen, wird bis zur Vollendung der Weltrevolution andauern.
Die Weltsituation nach der Oktoberrevolution
Nach dem Ersten Verteilungskrieg zeigte die Weltsituation folgende Merkmale:
a) Die proletarischen Revolutionen in Europa haben eine Niederlage erlitten. Der Faschismus, als eine neue Form der Diktatur der Bourgeoisie, befand sich in einer Entwicklung. Durch die Krise des Kapitalismus im Jahre 1929 und die Machtergreifung des Faschismus in Deutschland zeichnete sich die Gefahr eines erneuten Weltkrieges ab.
b) In Rußland beschleunigte das Proletariat, das siegreich aus dem Bürgerkrieg hervorgegangen war und die imperialistische Intervention zurückgewiesen hatte, den sozialistischen Aufbau. In den 30er Jahren wurde die materielle Basis für eine Rückkehr zum Kapitalismus mit der Abschaffung des Eigentums reicher Landbesitzer auf dem Lande beseitigt.
c) In den Kolonien hatten sich die objektiven Bedingungen für eine Revolution entwickelt. In einigen Ländern schritt die Schaffung von subjektiven Bedingungen beträchtlich fort. In Ländern wie Vietnam und China begann sich die Revolution unter der Hegemonie des Proletariats zu entwickeln.
Zu Beginn der 40er Jahre führte die ungleiche Entwicklung der imperialistischen Länder und die durch die Entwicklung des Sozialismus verursachte Angst zum Ausbruch eines neuen Weltkrieges. Die Merkmale der Weltsituation am Ende dieses Krieges, der 1945 zu Ende ging und zu einer weiteren Schwächung des Imperialismus führte, können wie folgt aufgelistet werden:
a) Deutschland, das die faschistische Front angeführt hatte, wurde zusammen mit seinen Verbündeten besiegt. Die demokratische Front errang mit Schwerpunkt in der Sowjetunion einen großen Sieg.
b) Mit Hilfe der Roten Armee wandten sich antifaschistische Volksfronten in Osteuropa dem Aufbau des Sozialismus in ihren Ländern zu.
c) In Ostasien - in China, Vietnam und Korea - erreichte die Revolution, die sich unter der Hegemonie des Proletariats entwickelte, nach dem Krieg den Sieg. Im gesamten China, in Nordkorea und Nordvietnam führte man eine neue Art der bürgerlich-demokratischen Revolutionen durch; nach Vollendung dieser Revolutionen ging man ohne Unterbrechung zum Aufbau des Sozialismus über. Auf dem Kontinent des völlig kolonialisierten Afrika begannen patriotisch-revolutionäre Strömungen sich schnell zu entwickeln.
d) Der US-Imperialismus, der nach dem Krieg die Rolle des Weltpolizisten von England übernahm, begann den kalten Krieg gegen den sozialistischen Block. Da er erkannte, daß die klassische koloniale Periode zu Ende ging, entwickelte er neokolonialistische Methoden. Während der Kapitalismus Ende der 50er Jahre in eine andauernde Krise geriet, erreichten die Nationalen Befreiungsbewegungen gegen den Imperialismus ihren Höhepunkt. Wir können die Charakteristika dieser Periode wie folgt auflisten:
a) Ein großer Teil der Kolonien auf dem afrikanischen Kontinent erreichte ihre politische Unabhängigkeit. Da die Völker sich nicht mit der scheinbaren politischen Unabhängigkeit begnügten, führten sie ihren Kampf für die völlige Unabhängigkeit fort.
b) Mit der Vollendung von national-demokratischen Revolutionen eines neuen Typs in China, Nordkorea und Vietnam begann man unverzüglich mit dem Aufbau des Sozialismus. Die Volkskriege gegen den Imperialismus, die von den Nationalen Befreiungsfronten unter der Hegemonie des Proletariats in Südvietnam, Laos und Kambodscha entwickelt wurden, endeten mit einem Sieg.
c) Als Ergebnis dieser Periode ständiger Krisen wurde die kubanische Revolution der Brückenkopf für den Sprung der proletarischen Revolution nach Südamerika.
d) Die palästinensische Revolution, die als unabhängige Kraft im Mittleren Osten entstand, wurde der Brennpunkt im Kampf gegen den Imperialismus.
Die gegenärtige Weltsituation
Wir können die Hauptcharakteristika der gegenwärtigen Weltsituation, die von dem Ergebnis all dieser Entwicklungen bestimmt wird, wie folgt auflisten:
a) Der sozialistische Aufbau, der sich auf der von der Oktoberrevolution bereiteten Basis entwickelte, umfaßt ein Drittel der Welt. Obwohl heute keine völlige Einheit unter den sozialistischen Ländern besteht, stellt die Existenz dieser Länder eine entscheidende Kraft dar in dem Kampf, die Welt durch eine Revolution zu verändern.
Die heutigen abweichenden Strömungen, die die sozialistischen Länder davon abhalten, einen einzigen Block zu bilden, und die die Einheit der weltkommunistischen Bewegung zerstören, sind in ihrem Wesen revisionistische Strömungen, die die Revolution verleugnen, obwohl sie sich gegenseitig gnadenlos kritisieren. Der Revisionismus, dessen Ursprung auf den Einfluß des Imperialismus von außen und den Überresten der alten Gesellschaft im Innern zurückzuführen ist, fügt dem revolutionären Kampf große Schäden zu.
b) Die Nationalen Befreiungskämpfe haben ihren Höhepunkt erreicht. Diese Kämpfe, die das klassische koloniale System fast auflösten, haben ebenso dem neuen kolonialen System schwere Schläge versetzt. Sowohl Länder, die durch ihren Nationalen Befreiungskampf die Unabhängigkeit errangen, als auch Länder, die diese Phase momentan erleben, sind die heutige Hauptkraft für die Veränderung der Welt durch die Revolution und die unter ihnen errichtete Solidarität hat einen antiimperialistischen Charakter erreicht. Ansichten, die den Kampf dieser Länder, der objektiv gesehen einen Teil der proletarischen Revolutionen darstellt, als eine unabhängige und fundamentale Kraft unter dem Namen "Dritte Welt" betrachten, sind anti-leninistisch.
c) Die Bewegungen der Arbeiterklasse in den imperialistischen Ländern schützen ihre Errungenschaften aus der Vergangenheit. Die starken revisionistischen und sozial-demokratischen Parteien in diesen Ländern sind die Haupthindernisse für eine Entwicklung des revolutionären Kampfes.
d) Das imperialistische Lager befindet sich in einer völligen Ausweglosigkeit; bei dem Versuch, sich aus dieser Situation zu befreien, entwickelt es neue Maßnahmen auf ideologischen, politischen, kulturellen, ökonomischen und militärischen Bereichen.
Auf ideologischem Bereich: Da das imperialistische Lager verhindern möchte, daß die revolutionäre Ideologie die Massen beherrscht, schafft es ideologische Verwirrung in den Reihen der revolutionären Bewegungen durch das Erfinden von Theorien wie die des "Sozialstaates" und der "Wohlfahrtsgesellschaft".
Auf politischem Bereich: Es ermöglicht den sozialdemokratischen Parteien die Regierung zu stellen, doch wenn die sozialdemokratischen Lösungsmethoden versagen, sucht es sofort Zuflucht beim Faschismus. Es organisiert ständig Militärputsche in Satellitenstaaten und versucht, diese Länder durch Kriegsrecht zu beherrschen. Durch seine Agentenaktivitäten innerhalb der revolutionären Bewegung inszeniert und stiftet es künstliche Spaltungen.
Auf kulturellem Bereich: Es herrschen Subversivität und Chaos.
Auf ökonomischem Bereich: Es versucht durch den Gebrauch entwickelter neokolonialer Methoden eine Lösung zu finden, um die Probleme der Märkte zu lösen. Es ist unfähig, mit der Arbeitslosigkeit und Inflation fertig zu werden, die in der kapitalistischen Wirtschaft eine weitverbreitete Krankheit geworden sind.
Auf militärischem Bereich: Es führt die Teilung in Lager fort; mit den ständig weiter entwickelten Waffen versucht es, auf der einen Seite seine Wirtschaft zu retten und auf der anderen Seite die Völker von der Revolution abzuhalten. Alle diese vom Imperialismus entwickelten Maßnahmen reichen nicht aus, um ihn aus seiner ständigen Krise herauszuführen.
e) Als Ergebnis: Der sich auf der Basis der Oktoberrevolution entwickelnde sozialistische Aufbau stellt heute für die Nationale Befreiungsbewegung, für die Bewegung der Arbeiterklasse und der Revolution äußerst positive internationale Bedingungen dar. Wenn unter diesen Umständen die subjektiven Voraussetzungen geschaffen worden sind, gleichgültig wie gering und schwach sie auch sein mögen, ist es möglich, unter der Hegemonie des Proletariats in jedem Land, an erster Stelle in kolonialisierten Ländern, die Revolution durchzuführen.
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