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letzte Änderung: 24/06/07 12:26 |
Antifa
Der Konstanzer Wirtschaftspolitik - Professor Friedrich Breyer denkt darüber nach, wie Euthanasie und steigende Kosten in der Krankenversicherung zusammenpassen
Der Sozialverband Deutschlands (SoVD), ein Verein, der sich für RentnerInnen, behinderte und chronisch kranke Menschen, alle Sozialversicherten, Pflegebedürftige, Sozialhilfeempfänger und Arbeitsunfallverletzte einsetzt, hat Anzeige gegen den Konstanzer Professor Friedrich Breyer am Lehrstuhl für Wirtschafts- und Sozialpolitik erstattet. Der Grund: Verdacht auf Anstiftung zur Tötung durch Unterlassen sowie Volksverhetzung und Anleitung zu Straftaten.
Anlass dafür war eine Report-Sendung des SWR vom 2.6.03, in der Breyer (und ein gewisser Prof. Joachim Wiemeyer von der Uni Bochum) Vorschläge zu Einsparungen im Gesundheitswesen machten: die gesetzlichen Krankenkassen sollten in Zukunft bei Menschen, die älter als 75 Jahre sind, keine teuren lebenserhaltenden Beandlungen mehr übernehmen sondern höchstens noch Schmerzmittel bezahlen.
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Die empörten Reaktionen der Öffentlichkeit, die ihm u.a. Euthanasie aus Altersgründen vorwerfen, kann der Professor nicht verstehen. Er erklärt sie sich und jedem, der es hören will, "durch eine extrem einseitige Selektion von Statements, durch sinnentstellende Hinzufügungen sowie durch die Einbettung in einen aktuellen Bezug" in dem Bericht. Zudem bemängelt Breyer, dass den ZuschauerInnen seine guten Argumente für diese "altersbezogene Rationierung", wie er es wissenschaftlich verbrämt, vorenthalten wurden und will dadurch beschwichtigen, dass diese Vorschläge erst in 20 oder 30 Jahren greifen sollten. Zeit genug also für jüngere Menschen, Vorsorge zu treffen und sich privat zu versichern.
Im übrigen wiederholt Prof. Breyer jedoch in weiteren Interviews und auf seiner Website immer wieder aufs neue, was er irgendwie gleichzeitig sagen und doch nicht gemeint haben will: alte Menschen sind für die Gesellschaft weniger wert und sollen daher ihre Gesundheitsrisiken selbst tragen.
Wie nah dran dieser Lehrstuhl an der Euthanasiedebatte ist, wird deutlich, wenn man nur einige Titel der Publikationen von Breyer und einem seiner Mitarbeiter, Dr. Carlo Schultheiss, liest: "Für eine argumentative Auseinandersetzung mit den Thesen Singers zur Euthanasiethematik, in: Ethik in der Medizin 6/3 (1994), 133-142." oder "Breyer, F. und C. Schultheiss, "Primary" Rationing of Health Services in Ageing So-cieties – a Normative Analysis, unveröff. Manuskript, Universität Konstanz, 2000." und " Breyer, F. und C. Schultheiss (2002), „Alter“ als Kriterium bei der Rationierung von Gesundheitsleistungen - eine ethisch-ökonomische Analyse, erscheint in: T. Gut-mann und V. Schmidt (Hrsg.), Rationierung und Allokation im Gesundheitswesen, Verlag Velbrück Wissenschaft." Vielleicht lohnt es, sich diese Texte mal genauer anzuschauen.
In der Tat würde es sich lohnen, sich die Texte von Prof. Breyer einmal genauer anzuschauen. Das haben die Urheber dieser Webseite aber offensichtlich nicht getan. Sie zitieren aus der Report Sendung, über die inzwischen allgemein bekannt ist, dass sie extrem verzerrend und manipulierend berichtet hat. Der entscheidende Punkt ist: Prof. Breyer spricht sich für eine Privatisierung der Leistungen im Alter in 30 Jahren (!!!) aus. Bis dahin kann jeder Mensch selbst vorsorgen und ist nicht willkürlichen Rationierungen unterworfen, die bei Beibehaltung des alten Systems in 30 Jahren unvermeidlich auftreten werden. Es handelt sich also um eine Privatisierung, vergleichbar mit der Privatisierung von Zahnersatzleistungen.
Besonders von Personen mit politischen Ansichten wie den Betreibern dieser Webseite kann aber leider immer noch nicht erwartet werden, sich einer fairen wissenschaftlichen Diskussion zu öffnen. Wer Reformen ablehnt und das heutige System beibehalten will, macht sich des Sozialabbaus schuldig. Dann nämlich wird das System ganz von alleine zusammenbrechen und Menschen werden ohne ärztliche Leistungen sterben.
Die Richtigstellung ist leider voller Fehler.
Die Betreiber dieser Website haben sich einige Texte angeschaut und haben vor noch das eine oder andere dazu zu schreiben. Leider braucht das seine Zeit.
> Der entscheidende Punkt ist: Prof. Breyer
> spricht sich für eine Privatisierung der
> Leistungen im Alter in 30 Jahren (!!!) aus.
> Bis dahin kann jeder Mensch selbst
> vorsorgen und ist nicht willkürlichen
> Rationierungen unterworfen, die bei
> Beibehaltung des alten Systems in 30 Jahren > unvermeidlich auftreten werden.
Wahrscheinlich ist es K.P. beim flüchtigen Lesen entgangen, dass auf diesen Punkt bereits eingegangen worden war.
> Besonders von Personen mit politischen
> Ansichten wie den Betreibern dieser
> Webseite kann aber leider immer noch nicht
> erwartet werden, sich einer fairen
> wissenschaftlichen Diskussion zu öffnen.
In der Tat, mit der gleichen Fairness, die Carlo Schultheiss seinem Kollegen, dem "Ethikprofessor" Peter Singer, für den die Zugehörigkeit zur menschlichen Art "kein moralisch relevantes Kriterium für ein Recht zu leben" 1) darstellt, entgegenbringt, können weder Peter Singer noch seine Kollegen hier rechnen.
1) vgl. Singer, Peter (1982) Befreiung der Tiere. Eine neue Ethik zur Behandlung der Tiere. München. Hirthammer Verlag S.39
Aussagen von Peter Singer können im wissenschaftlichen Diskurs durchaus diskutiert werden (die Wissenschaft ist frei, oder?), ohne dass dadurch alle weiteren Aussagen der Wissenschaftler diskreditiert werden sollten.
Im obigen Bericht wurde auf die Aussagen von Prof. Breyer eingangen, die Reform sollte sich auf alte Personen in 30 Jahren beziehen? Wirklich? Wieso steht dann da:
"Im übrigen wiederholt Prof. Breyer jedoch in weiteren Interviews und auf seiner Website immer wieder aufs neue, was er irgendwie
gleichzeitig sagen und doch nicht gemeint haben will: alte Menschen sind für die Gesellschaft weniger wert und sollen daher ihre
Gesundheitsrisiken selbst tragen."
Mit "weniger Wert" oder einer Verrechnung von Kosten und Nutzen älterer Personen hat das nichts, aber auch gar nichts, zu tun! Man kann den Wert von Menschen nicht gegeneinander aufrechnen. Man kann ihnen aber selbst überlassen, wie viel ihre Gesundheit ihnen wert ist. Man kann zudem beim "Sparen" für die Versorgung im Alter Umverteilung betreiben, also ärmeren Personen finanziell unter die Arme greifen. Auch dann wäre die Nachhaltigkeit der deutschen Sozialsysteme noch gesichert. Ist Nachhaltigkeit (Intergenerationen-Gerechtigkeit) nicht eigentlich ein Begriff ganz oben auf der "linken" Agenda?
Bevor Aussagen von Wirtschaftswissenschaftlern pauschal als "Ökonomisierung des menschlichen Lebens" abgetan werden, sollte man sich erst einmal solange mit ihnen beschäftigen, bis man sie verstanden hat!
Das Problem in D ist, dass bisher nur wenige verstanden haben oder verstehen wollen, wie schwierig unsere Situation tatsächlich ist. Die derzeitigen finanziellen Probleme der Renten- und Krankenversicherung sind auf die hohe Arbeitlosigkeit zurückzuführen. Kann sich jemand vorstellen, wie die finanzielle Lage erst in einigen Jahren aussehen wird, wenn die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen und die wenigen Jungen die Last tragen sollen? Die Beiträge müssten sich bei gleichbleibenden Leistungsversprechen verdoppeln, was einfach nicht zu verkraften wäre. Es gibt nun zwei Möglichkeiten: Weitermachen wie bisher, alle Versprechen aufrecht erhalten und im Zuge zu knapper Budgets die Versprechen NICHT MEHR ERFÜLLEN ZU KÖNNEN. Folge wäre dann, dass in den Krankenhäusern entschieden werden müsste, welcher Patient einer Behandlung würdig ist und welcher nicht. Der Arzt entscheidet dann im Ernstfall über das Schicksal der Menschen. Die Alternative dazu wäre, den Menschen ehrlich zu begegnen und ihnen klar und deutlich zu sagen, welche Leistungen aufrecht erhalten werden können und welche GESTRICHEN WERDEN MÜSSEN. Im Zuge dieser Rationierung müsste durch ergänzende Privatversicherungen vorgesorgt werden. Der Unterschied der Alternativen liegt darin, dass sich die Menschen im zweiten Fall auf das einstellen können, was sie in Zukunft erwartet, im ersten Fall werden sie auf dem falschen Fuß erwischt.
Ökonomen wie Breyer suchen nach Lösungen für bestehende Probleme, sie streben also gerade den Erhalt des Sozialstaats und des sozialen Friedens an. Ihr Ziel ist somit genau das Selbe wie das Eure in diesem Forum. Das Problem ist, dass sich das rationale Denken in Kosten und Nutzen schlecht verkaufen lässt und für Nichtökonomen nur schwer nachvollziehbar ist.
Die Diskussion sollte sachlich weitergeführt werden, wobei man einen Kompromiss zwischen Wunsch und Wirklichkeit anstreben muss.