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der gleiche Rassismus??

09.04.2002, 12:00, sw

Ich frage mich, wie es Friedensfreunde immer noch schaffen, in Zeiten Rot-Grüner weltweiter Militäreinsätze (siehe IMI-Feature) VertreterInnen der Grünen auf ein Podium zu lassen zumal es auch Angebote anderer und sogar prominenter ReferentInnen von IMI gibt. (a.a.O.)

Aber ich will einen anderen Punkt machen: ich habe ziemlich Bauchschmerzen mit dem obigen Aufruf. Dort steht u.a.:

"Die Israelis praktizieren gegenüber den Palästinensern den Rassismus, unter dem sie als Juden in Europa gelitten haben."

Rassismus ist was anderes als Antisemitismus. Juden und Jüdinnen haben in Europa nicht unter Rassismus gelitten sondern unter einem exterminatorischen Antisemitismus, der vor allem in Nazideutschland völkisch motiviert war. Ziel war die "Endlösung", d.h. die Vernichtung der Juden und Jüdinnen in der ganzen Welt. In Europa wurde sie um Haaresbreite erreicht: 6 Mio Juden und JüdInnen wurden in deutschen Konzentrationslagern vergast oder durch Arbeit vernichtet. In Palästina findet eine Verdrängung und Unterdückung aber keine industrielle Massenvernichtung statt. Die obige Gleichsetzung relativiert den Holocaust. Auch das Verwenden der Nazi-Phrase "Lebensraum im Osten" für die Charakterisierung des Israelischen Alltags im Aufruf soll Analogien zum Nationalsozialismus und dessen Blut und Boden - Ideologie herstellen, die m.E. nicht tragen. Kaum eine andere Parole wie die von "Israelis = Nazis", "Sharon = Hitler" , die in die gleiche Kerbe schlägt, ist in den letzten Tage im WWW und auf Demos so oft wiederholt worden. Und kaum eine war ähnlich falsch.

Heidi Niggemann schreibt dazu in der Arranca: "Wer sich bei der Diskussion politischer Probleme auf den Holocaust bezieht, sollte deshalb einfache Gleichsetzungen vermeiden. Sowohl der Holocaust selbst als auch das jeweilige Problem sollten in ihren konkreten historischen Zusammenhängen - strukturellen und personellen Ursachen, Folgen und Kontinuitäten - gesehen werden."

Im Aufruf heisst es: "Die Verbrechen an den Juden in Europa können israelische Verbrechen an den Palästinensern nicht rechtfertigen oder entschuldigen." Heidi (a.a.O.) schreibt jedoch genauer: "der Nahostkonflikt kann nicht ohne den Holocaust verstanden werden. Eine aktuelle politische Bewertung der Situation muss jedoch darüber hinausgehen."

Was auch in der am Anfang zitierten Aussage mitschwingt ist die zynische Redefigur, dass die Juden und JüdInnen doch eigentlich aus ihrer Geschichte gelernt haben sollten und besser als andere wissen sollten, wie es ist vernichtet zu werden. Es gibt keinen Grund, warum Jüdinnen und Juden der Holocaust - dessen Opfer sie waren - zu einer besonderen Hypothek gemacht werden sollte. Im Gegenteil ist der Holocaust der Hauptgrund, warum das Existenzrecht des Staates Israels allen Deutschen aufgrund ihrer (der deutschen antisemitschen) Geschichte besonders unantastbar sein sollte. Der Zusammenhang zwischen Holocaust und israelischer Staatsgründung darf nicht ignoriert oder gar in sein Gegenteil verkehrt werden.

sw



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