Neuer VV-Asta
Kann denn Kegeln Sünde sein
Am 30. Mai wurde auf der studentischen Vollversammlung an der Universität Konstanz das neue AStA-Kollektiv gewählt. Das Wahlprogramm des unter dem Namen "Alle Neune" angetretenen und gewählten Kollektivs liest sich wie ein Katalog politischer Forderungen, die so allgemein gehalten sind, daß sich kaum Studierende finden werden, die nicht hinter diesem Programm stehen können.
Das Verfahren, nach dem das neue AStA-Kollektiv gewählt wurde, resultiert noch aus einer Zeit, in der um das politische Mandat hart gerungen wurde. Vieles, was heute von den Studierenden für selbstverständlich gehalten wird, ist es mitnichten, von der Druckmaschine bis zu den finanziellen Mitteln für Veranstaltungen.
Christine Neu, langjährige ehemalige AStA-Vorsitzende, berichtet über die Auseinandersetzungen um das politische Mandat vor Abschaffung der verfaßten Studentenschaft im Jahre 1978 an der Universität Konstanz und erinnert an die Grundlagen des heute noch geltenden "Unabhängigen Modells" des AStAs.
Herbst `77, Studienbeginn, chaotisch überfüllte Vollversammlung im Audimax der Universität Konstanz mit lehrenden und Angestellten neben den anwesenden Studierenden im Publikum und Polizei vor der Tür und hinter mir. Der damalige Rektor Sund, in hartem Einklang mit Kultusminister Hahn bezüglich der Abschaffung der verfaßten Studentenschaft durch das Inkraft tretendes Landeshochschul gesetzes.
Ziel des Gesetzes:
Verhinderung der Einflußnahme von Studierenden und Angestellten auf Organisation und Lehre an der Universität, hin zu einer von Professoren, Rektor und Landesregierung gesteuerten Lernfabrik.
Die Mittel hierzu:
- Abschaffung des Mitbestimmungsrechtes von Studierenden und Angestellten.
- Beschneidung der finanziellen Unabhängigkeit des AStAs, indem die für jede/n Studierende/n obligatorischen AStA-Beiträge, die bei Immatrikulation und Rückmeldung erhoben worden waren, nicht mehr kassiert werden durften. Kriminalisierung von Studentenvertreter/innen, die sich als solche das Recht nahmen, sich in irgendeiner Form politisch zu äußern.
- Reduzierung des AStAs auf kulturelle und sportliche Tätigkeiten mit äußerst beschränkten Mitteln und Möglichkeiten.
Herbst `77 Studienbeginn, chaotisch überfüllte Vollversammlung im Audimax der Universität Konstanz mit zankenden, geifernden, Endlosresolutionen-verlesenden politischen Hochschulgruppen, Auseinandersetzungen um Tagesordnungspunkte und Abstimmungsmodi bis hin zu Handgreiflichkeiten.
Ziel und Ergebnis dieser "engagierten" Diskussionen war das "Unabhängige AStA-Modell", mit der illegalen Legitimation zum politischen Mandat durch die studentische Vollversammlung und der legalen Zurwahlstellung für die offiziellen Universitätsgremien im Senat, eine damals in Baden-Württemberg einzigartige Konstellation mit nunmehr siebzehnjährigem Bestand.
Die Mittel hierzu:
- Kommunikationsmöglichkeiten:
eine Druckmaschine, die heute selbstverständlich vorhanden ist, war nicht mehr genehmigt; Telefone wurden abgehört. - Präsenzmöglichkeiten
um Räumlichkeiten, um Frauen-,Druck- oder Versammlungsräume mußte wieder gestritten werden. - Beratungsmöglichkeiten
Rechts-, Bafög-, Sozialberatungen wurden erst wieder mit den Jahren finanziert und erlaubt. Interessante und alternative Kulturprogramme scheiterten meistens am Geld. Boykotte und kritische Veranstaltungen waren nicht mehr zu bezahlen.
Dennoch hat sich dieses Modell durchgesetzt und bildet die Basis für ein neues und unabhängiges AStA-Kollektiv, bestehend aus Jusomitgliedern, unabhängigen und Fachschaftsvertretern - die letzten beiden ein unbedingt wichtiger, informativer und kreativer Bestandteil jedweder basisorganisierter und die Studierenden vertretenden AStA-Arbeit.
Deren Programm beinhaltet:
- Keine Studiengebühren
- Keine Prüfungsverschärfungen
- Kein Konkurrenzdenken
- Für mehr Bafög
- Für mehr Wohnraum
- Für mehr soziale Einbindung
- Für Solidarität
- Für Gleichberechtigung
- Für kritisches Denken
- Für Interdisziplinarität
- Für qualifizierte Lehre
- Für Lernfreiheit
- Gegen Diskriminierung
- Gegen Radilalisierung
- Gegen Diffamierung
Irgendwie kommt mir das bekannt vor - und dann DIE Frage: "Kann denn Mitbestimmung Sünde sein?"
NEIN
aber das OB und wie bleibt abzuwarten.
linksrhein,cm, 29.5.00