linksrhein Quelle: AZW Nummer 10, erschienen am 28.09.1995
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Frauen & Kultur e.V.

Zur Geschichte der Konstanzer Frauenszene

Der Verein Frauen und Kultur feiert im Oktober sein 15jähriges Bestehen. Aus diesem Anlaß dokumentieren wir die Erklärung des Vereins zur Gründungsphase, den letzten Jahren und zum aktuellen Stand der frauenbewegten Szene in Konstanz:

Zur Frühgeschichte/Gründungsphase des Vereins

1980 trat eine kleine Gruppe von Frauen mit einem roten Flugblatt an die Konstanzer Öffentlichkeit. Die 'Frauenliebe' war das Thema ihres Aufrufs: "Es gibt in Konstanz lesbische Frauen. Wir sind inzwischen 3 1/2. Wo sind die anderen???". Ihr Treffpunkt war das damalige Frauenzentrum in der Gütlestraße, in dem seit Mitte der 70er Jahre frauenbewegte Konstanzerinnen vielfältige feministische Aktivitäten entfalteten. Diese zunächst kleine Gruppe von Frauen war mit von der Partie, als am 17.7.1980 der Verein Frauen und Kultur gegründet wurde, der ein eigenes Gesicht gegenüber den zunehmend konträren Strömungen im Frauenzentrum behaupten wollte. Die wenigen Gründungsfrauen erhielten bald regen Zulauf, ihr Aktivitätsdrang war ungehemmt, so daß sie bald eigene Räume suchten. Gerne nahmen sie dann ein entsprechendes Angebot vom Buchladen Schwarze Geiss (damals Obermarkt 14) wahr. Nach dem Umzug in den Frauentreffpunkt belladonna ("Tollkirsche") am Obermarkt 14 im Februar 1981 und vor allem nach der Schließung des Frauenzentrums war es schließlich vorwiegend der Verein Frauen und Kultur, der mit Lesungen, Ausstellungen, Vorträgen und politischen Aktivitäten die frauenbewegte Szene der Stadt belebte. Zwei Ausgaben der belladonna-Zeitung dokumentierten die Ereignisse - immerhin eine eigene Frauenzeitung für Konstanz! Vor allem aber diskutierten die Frauen sich die Köpfe heiß, entwarfen frauenpolitische Forderungen, lange bevor es in Konstanz eine Frauenbeauftragte gab, geschweige denn der Gemeinderat sich mit Frauenthemen befassen sollte. Rückendeckung kam damals auch aus der Linguistik und Soziologie der Reform-Universität Konstanz, damals noch mit Luise Pusch und Senta Trömel- Plötz eine Hochburg der feministischen Sprachwissenschaft.

Ein weiteres Flugblatt aus der Zeit, das sich gezwungen sah, zur "'Beerdigung' des Frauenzentrums" einzuladen, zeigt, wie kämpferisch die Frauenbewegung auch in der Provinz sein konnte; und es entzieht dem inzwischen gängigen Vorurteil einer reinen 'Selbstverwirklichungsbewegung' jeden Boden. "Wider die Nabelschau! Die Freiheit liegt nicht in der Vagina! Schlimmer als jede Zensur ist die Selbstzensur!" - mit solchen Appellen versuchten die engagierten Frauen des Vereins andere Frauen aus ihrer "Lethargie und 'Bewegungs'unlust" zu reißen, sie von der "Packelei mit den Unterdrückern", von der an sich selbst ausgeübten "totalen Repression" und dem "Anpassungsprogramm" abzubringen. Aber auch die Frustration, die jede 'ehrenamtlich' engagierte und politisch aktive Frau, die etwas bewegen will, schon einmal erlebt hat, spricht aus einigen Sätzen: "Wir haben es satt, Dienstleistungsbetrieb zu sein (...) Wir wollen nicht mehr die große starke Mutter sein (...)".

Auch wenn aktive Jahre immer wieder mit Krisenzeiten abwechselten, so hat sich das Interesse an den Aktivitäten des Vereins Frauen und Kultur kontinuierlich gesteigert. Mittlerweile rund 100 Mitfrauen und die Tatsache, daß das Bella Existenzprobleme, die für viele alternative politische und kulturelle Projekte das Aus bedeuteten, bisher überstanden hat und sich weiterhin im kulturellen Leben der Stadt Konstanz zu Wort meldet, sollen vorerst Beweis genug sein.

Zu den letzten Jahren und zum aktuellen Stand der Dinge

Im März 1990 feierte der Verein die umfassende Renovierung und Vergrößerung seiner Räume (inzwischen Eigentum der Wohnungsbaugenossenschaft Lebos). Ebenfalls 1990 gab es erstmals von der Stadt Konstanz einen geringen Zuschuß für die Kulturarbeit des mittlerweile auf 50 aktive Mitfrauen angewachsenen Vereins. Eine Reihe neuer Aktivitäten nahm ihren Anfang: die Veranstaltungsreihe "Der literarische Herbst" lud zu Lesungen von bekannteren und weniger bekannten Schriftstellerinnen. Auch aktuelle Kulturereignisse wie z.B. die Verfilmung des Romans "Malina" von Ingeborg Bachmann wurden zum Anlaß von Diskussionsveranstaltungen. Ein reger Austausch zwischen Frauen und Kultur und anderen Frauengruppen der Stadt fand statt; 1992 stellte der Verein darüber hinaus dem Jugendamt Konstanz seine Räume für die Mädchenarbeit zur Verfügung. Seit dieser Zeit beteiligt sich Frauen und Kultur auch jedes Jahr an der Konstanzer Frauenwoche. Der Andrang zu den monatlichen Discos wurde so groß, daß der Verein alle paar Monate auf zunächst den Kulturladen, dann das K9 auswich und die Feste mit Konzerten von Frauenbands belebte. Darüber hinaus lud das Bella im letzten Jahr immer wieder zu Filmabenden ein und beteiligte sich am 'Warmen Winter', den im Zebra-Kino stattfindenden Schwulen- und Lesben- Filmtagen.

So wie seit geraumer Zeit der Feminismus totgesagt oder versucht wird, ihn als historisch ad acta zu legen, wurde auch das Bella immer wieder totgesagt. Doch daß das letzte Wort in der Sache der Frauen noch lange nicht gesprochen ist, zeigt unter anderem das anhaltende Bedürfnis nach einem Raum für Frauen wie dem Belladonna. Das Bella lebt - nicht vegetierend als Fossil, sondern florierend als 15 Jahre junge Einrichtung, die aus der alternativen Infrastruktur der Stadt nicht wegzudenken ist.

Regelmäßige Aktivitäten des Vereins sind das Frauencaf‚ jeden Mittwoch, Freitag und Samstag ab 21.00 Uhr; jeden ersten Samstag im Monat ab 21.00 Uhr Dance-Party; jeden letzten Samstag im Monat ab 11.00 Uhr Frühstück mit Diskussion zu frauenpolitischen Themen, und regelmäßige Treffs der Lesbengruppe.

Aktuelle Termine sind der Tagespresse zu entnehmen oder ebenso wie weitere Informationen zu erfragen bei Belladonna, Frauen und Kultur e.V., Am Obermarkt 14, 78462 Konstanz, Tel. 07531/26445.

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