Zusammenfassung zu den Auseinandersetzungen zwischen der Landesanstalt für Kommunikation (LfK) und dem Freien Radio Karlsruhe. Laut Querfunk benutzt die LfK ungeprüft die Anschwärzungen von ehemaligen SendungsmacherInnen, die bei Querfunk rausflogen, weil sie wiederholt sexistische und homophobe Sendungen brachten. Damit soll offensichtlich Druck auf das Radio ausgeübt werden, das wg. anderer Punkte ein Verwaltungsgerichtsverfahren gegen die LfK angestrengt hat.
(Stand vom Februar 2007)
Im Oktober 2004 wurden bei Querfunk zwei Sendungen aus dem Programmplan genommen,
wegen des mehrfachen Sendens von frauenfeindlichen und homosexuellenfeindlichen Inhalten.
Die uneinsichtigen Sendungsmachenden waren zuvor in einem Zeitraum von achtzehn Monaten
wiederholt ermahnt worden, hatten jedoch immer wieder diskriminierende Inhalte gesendet und
in ihren Sendungen (auch gegenseitig) und auf Plena verteidigt. Von mindestens März 2003 bis
August 2004 wurden u.a. Inhalte wie die folgenden gesendet:
„Frauen neigen zu einseitigen, subjektiven Sichtweisen, um ihre Opferhaltung beibehalten zu
können und somit Eigenverantwortung zu vermeiden. Hier geht es darum, die weibliche
Berechnung aufzudecken: Welche Strategien und Tricks Frauen anwenden, um aus ihrer
vermeintlich schwächeren Position Profit zu ziehen. (...) Erstens werden die unzähligen Klagen
der Frauen, und vor allem solche, die sexuelle Belästigung betreffen, zu einer wachsenden Kluft
zwischen den Geschlechtern führen.(...) Wer hätte damit gerechnet, dass aus den, die 70er-Jahre
des 20. Jahrhunderts kennzeichnenden Versuchen, nachzuweisen, dass Frauen in allen Bereichen
genauso gut sind wie Männer, diese weinerlichen, unglücklichen Opfer sexueller Belästigung der
90er-Jahre und des 21. Jahrhunderts geboren werden würden. (...) Was immer das Leben für
Frauen bereithält - wie die Zukunft der Männer aussehen wird, ist keine Frage. Männer werden
weiterhin nach Ruhm, Macht und Reichtum streben, um dann einer oder mehreren Frauen die
Ausbeute zu Füßen zu legen. Sie werden auch weiterhin mehr und schwerer arbeiten als Frauen.
(...) Feminismus ist vielleicht größtenteils der Versuch von Frauen, die keinen Mann für sich
gewinnen konnten, sich an ihren glücklicheren Schwestern zu rächen. (...) Angesichts der
Schrecken des Krieges, werden Männer auch weiterhin sterben, damit Frauen leben können. Auf
diese und jede erdenkliche andere Weise werden Männer auch in Zukunft alles in ihrer Macht
stehende tun, um Frauen ein leichteres, besseres, angenehmeres und längeres Leben zu
ermöglichen, als sie selbst es genießen können. Währenddessen hören sie sich weiterhin die
Klagen der Frauen über alles und jeden an, und versuchen, sie zu ignorieren.“
„Wenn die jamaikanischen Artists, ob das jetzt Capleton oder Bounty Killer ist, ob das jetzt
Sizzla ist oder Beenie Man oder wer auch immer: Wenn die (in ihren Liedern) ‚Burn dem’ sagen,
dann ist das verbal gemeint. Dass man Schwule nur dissen soll, ihnen nur die Meinung sagen soll.
Du sollst dir keine Eisenstange holen und einen Schwulen totschlagen.“
Ein Auszug aus einem Lied des Pforzheimer Soundsystems ‚Soul Jah Tribe’, das im August 2004
in zwei Sendungen gesendet wurde und dabei und auf Plena als freie Meinungsäußerung
verteidigt wurde. Die Band habe, wie sie live auf Sendung betonte, nur eine „andere Band treffen
wollen“, die „so eine feminine Seite“ haben würde. So etwas nenne sich ‚Clash-Tune’ und müsse
angeblich gesendet werden dürfen: „Wir sind lauter als Sirenen bei Brandalarm / Gehen mitten
durch die Mitte und nicht am Rand entlang / Kommen Wörter ins Mikro, dann siehst du Funken
schlagen / Wir sind die, die für den schwulen Mann die Gruben graben / Wir sind besser als die
Anderen, wenn wir auf den Riddims wandern / kommen viel besser an, weil wir einfach mehr
Verstand haben / die Kampfansage für den Chichimann-Sound (= “Schwuchtel-Sound“) / ihr habt
keinen Plan, benehmt euch wie Frauen.“
Querfunk und die LfK
Im Herbst 2005 ging das ’Radio aus Bruchsal’, das wie Querfunk und das ‚Lernradio der
Musikhochschule Karlsruhe’ auf der nicht-kommerziellen Frequenz 104,8Mhz gesendet hatte,
pleite. Die dadurch frei gewordenen Sendezeiten (Mo-Fr 7-12 Uhr) wurden, ohne Ausschreibung
mittels einer ‚Duldung durch die LfK’, dem ‚Lernradio der Musikhochschule’ zugesprochen.
Querfunk, der ohnehin seit Jahren gegen das generelle Splitting der Frequenz klagt, hatte seit
September 2005 wiederholt auf die frei gewordenen Sendezeiten von ‚Radio aus Bruchsal’
Anspruch erhoben. Und seit November 2005 fechtet der Querfunk die Vergabe dieser Zeiten an
die Musikhochschule gerichtlich an.
Informationen für die LfK
Eine der ausgeschlossenen Sendungsmachenden richtete nach dem Ausschluss Beschwerdebriefe
bzw. Beschwerde-Emails an die LfK. Uns liegen nach Akteneinsicht mehr als zwanzig Stück vor.
Unserem aktuellen Wissen nach erfolgten die ersten Beschwerdebriefe Mitte Juli 2005. Sie
enthielten Klagen über angebliche Verstöße seitens Querfunk gegen die Zugangsoffenheit, weil
sie nicht mehr senden durfte. Ab Oktober 2005 dann wandelten sich die Beschwerden in den
Briefen in Klagen über angebliche erhebliche finanzielle Ungereimtheiten bei Querfunk. Im
November 2005 dann übersandte die ausgeschlossene Sendungsmachende der LfK Informationen
über angebliche Sendelöcher bei Querfunk. Diese sollten der LfK explizit als
Argumentationshilfen gegen Querfunk im Rechtsstreit zwischen LfK und Querfunk dienen:
Gemeint ist die Auseinandersetzung um die Sendezeit von 'Radio aus Bruchsal'. Die
ausgeschlossene Sendungsmachende wollte der LfK Material liefern, das besagen solle, dass
Querfunk nicht einmal in der Lage sei, die ihm bereits zugewiesenen Sendezeiten wie lizenziert
zu füllen.
Die LfK droht eine Aufsichtsmaßnahme an und zahlt vorsorglich nicht
Von der Existenz all dieser Beschwerdebriefe erfuhren wir erst am 23.12.05, also knapp ein
halbes Jahr, nachdem der LfK die ersten Beschwerden übermittelt worden waren. Die LfK teilte
uns einen Tag vor Weihnachten 2005 mit, dass „schwerwiegende Anschuldigungen“ gegen uns
vorlägen. Sie setzte gleichzeitig die Auszahlung der Fördergelder für 2006 aus, verschob die
Bescheidung unseres Antrags auf Bewilligung eines Projekts für 2006 zum Thema ‚Zeugen des
Nationalsozialismus’ und erklärte die Abrechnung der Finanzen der Jahre 2004 und 2005 als
nicht abgeschlossen. Ende Januar 2006 dann erweiterte die LfK ihre Ermittlungen auf die
Querfunk-Finanzen. Angeblich im Rahmen einer Stichprobe. Die LfK teilte uns dabei mit, dass
sie aufgrund eben des Stichprobencharakters auch ein Anrecht auf Einsicht in die finanziellen
Zuwendungen Dritter habe: Damit begann die LfK darauf zu pochen, dass sie den Querfunk-
Förderverein durchleuchten dürfe und wolle. Der von der LfK eingesetzte Wirtschaftsprüfer ist
noch immer an der Arbeit.
Ein Verdacht wird instrumentalisiert
Das Schreiben vom 23.12.05, in dem uns die „schwerwiegende(n) Anschuldigungen“ mitgeteilt
worden waren, wurden von der LfK im April 2006 beim Verwaltungsgericht Stuttgart und im
Juni 2006 beim Verwaltungsgerichtshof Mannheim eingereicht. Im Rahmen der Rechtsstreite
zwischen der LfK und Querfunk um die Morgenstunden sowie um die Rechtmäßigkeit von
Hochschul-Lernradios auf der nichtkommerziellen Frequenz 104,8 MHz generell. Das Schreiben
wurde von der LfK beide Male als Beleg dafür eingereicht, dass schwerwiegende
Anschuldigungen gegen Querfunk vorlägen. Die Anschuldigungen seien so schwerwiegend, dass
Querfunk befürchten würde, bei einer Neuausschreibung der durch die Insolvenz von ‚Radio aus
Bruchsal’ frei gewordenen Morgenstunden gegenüber eventueller Konkurrenz schlecht
auszusehen. Deshalb würde sich Querfunk statt dessen eine direkte Zuweisung der Sendezeit
erklagen wollen. Unsere Antwort auf das Schreiben vom 23.12.05 hat die LfK nicht an die
Gerichte weiter geleitet.
Ermittlungen?
Am 21.04.06 wiederholte die LfK, als Antwort auf unsere Erklärungen, ihre Nachfragen vom
23.12.05 im Wesentlichen, ohne dabei auf unsere Antwort auf das Schreiben vom 23.12.05 näher
einzugehen. Im Wesentlichen orientierte sich die LfK unkritisch an den Inhalten der
Beschwerdebriefen und übernahm teilweise wörtlich die Anschuldigungen aus diesen.
Mitschnitte der Sendungen forderte die LfK nicht von Querfunk an, sondern verließ sich auf die
Informationen oder möglicherweise eingesendete Mitschnitte der ausgeschlossenen
Sendungsmachenden.
Wer entscheidet, was bei Querfunk gesendet werden darf - oder soll? - oder muss??
Die LfK tätigte in diesem Schreiben vom 21.04.2006 eine zentrale wertende Aussage hinsichtlich
der Gründe für den Ausschluss der sich beschwerenden ausgeschlossenen Sendungsmachenden:
Die LfK machte sich, auch hier, die Argumentation der Beschwerdebriefe zu eigen und
behauptete fälschlicherweise, die Sendungsmachende sei im Oktober 2004 nur auf Grund einer
einzigen Sendung aus dem Sendebetrieb ausgeschlossen worden. Dabei wurden die
Sendungsmachenden gerade wegen der wiederholten Sendung von diskriminierenden Inhalten
ausgeschlossen. Darüber hinaus beurteilte die LfK die Inhalte dieser einen Sendung als eher
harmlos und als „von der allgemeinen Programmfreiheit gedeckt“. Die LfK verkehrte damit die
Bedeutung des Begriffs der ‚Programmfreiheit’, der sich auf die Freiheit von Programmanbietern
vor staatlichen Eingriffen bezieht; nicht aber auf einen angeblichen Anspruch einzelner auf freie
Rede in jedwedem Medium. Querfunk hat - wie wohl alle freien Radios - in seinen Statuten einen
Passus, der den Querfunk explizit darauf verpflichtet, "patriarchale und autoritäre Strukturen zu
durchbrechen". Durch die Lizenzierung von Querfunk hat die LfK auch diese Statuten anerkannt.
Nun verlangt die LfK offenbar, dass der Querfunk seine eigenen Statuten nicht mehr einhält.
Der Stand der Dinge
Im September 2006 lud uns die LfK zu einem Aufsichtsgespräch ein, um mit uns „den gesamten
Komplex zu erörtern“. Im Januar 2007 dann erfolgte das im September 2006 angekündigte
schriftliche Ergebnis des Gesprächs, allerdings in Form eines Bescheides. In diesem stellt die
LfK fest, „dass aufgrund der eingegangenen Beschwerden und der vorliegenden Unterlagen
ernsthafte Zweifel in Bezug auf die Einhaltung der gesetzlichen Bindungen hinsichtlich der
Gewährleistung der Zugangsoffenheit bestehen.“
Gegen diesen Bescheid haben wir Anfang Februar Widerspruch eingelegt und vollständige
Akteneinsicht beantragt. Nach erfolgter Akteneinsicht werden wir den Widerspruch begründen.
Die ganze Sache bindet uns sehr. Hinsichtlich Arbeitszeit und genereller Laune. Zudem blockiert
sie die Weiterentwicklung des Senders. Denn anstatt uns um die wirklich wichtigen Dinge
kümmern zu können, müssen wir uns vor unserer Aufsichtsbehörde verteidigen, weil wir
diskriminierende Inhalte ausgeschlossen haben.
Soweit der aktuelle Stand. Weiterlesen könnt ihr unter:
www.querfunk.de/Querfunk_Editorial_Mai_2006.pdf