Es ist jetzt beschlossen: Die Stadtwerke werden von einem Eigenbetrieb der Stadt Konstanz in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) umgewandelt. Warum bleibt aber ein wenig nebulös: Angeblich können die Stadtwerke so zukünftig flexibler auf die Markterfordernisse reagieren. Was das eine mit dem anderen zu tun hat, wird aber nicht näher erläutert. Richtig ist, daß die Stadtwerke nun auch außerhalb des Stadtgebietes ihre Waren anbieten können. Ob das aber der Hauptgrund für die Umwandlung ist, darf bezweifelt werden. Wir vermuten, daß es zum einen darum geht, die Lohnkürzungen durchzusetzen - die sind in der Privatwirtschaft deutlich niedriger, als im öffentlichen Dienst - und zum anderen die Stadtwerke fit gemacht werden sollen - nicht primär für den Wettbewerb - sondern für den Verkauf:
Denn das ist letztendlich der Unterschied zwischen einem Eigenbetrieb und einer GmbH. Ein Eigenbetrieb kann nicht so ohne weiteres verkauft werden, eine GmbH jederzeit. Die großen Atomkonzerne stehen schon vor der Tür und warten nur darauf, die kundennahen Stadtwerke aufzukaufen oder zumindest Sperrminoritäten zu erwerben.
Kürzlich behauptete Sabine Seeliger (FGL) auf einer Veranstaltung der Grünen es wäre im Konstanzer Stadtrat Konsens, die Stadtwerke in städtischen Eigentum zu behalten. Wie lange wird es dauern, bis die Stadträte darauf kommen, daß eines der geliebten Luxusprojekte auf einmal finanzierbar wird, wenn man dafür die Stadtwerke an EnBW verkauft? Egal ob Kongresszentrum, Seeuferhaus oder welch unützes teueres Projekt auch immer. Was ist unseren Abgeordneten wichtiger? Und ist Sabine Seeliger wirklich so naiv, wie sie tut, oder bereitet sie den Verkauf der Stadtwerke bereits aktiv mit vor? Dazu würde auch passen, daß der Referentin auf dieser Veranstaltung, die von Sabine Seeliger für ihren Vortrag in den höchsten Tönen gelobt wurde, keine anderen Gründe für den Erhalt der Stadtwerke einfielen, als daß diese eine gute Position am Markt haben, und die Arbeitsplätze und Steuereinnahmen am Ort bleiben. Von demokratischer Mitbestimmung, sozialer und ökologischer Gestaltung von Arbeitsplätzen, Produkten und Tarifen, war keine Rede.
Ein Eigenbetrieb muß kostendeckend arbeiten, eine GmbH Gewinne produzieren. Das mag solange zu verschmerzen sein, wie die Stadt Konstanz alleinige Eigentümerin ist; holt sie aber die EnBW mit ins Boot, will diese Gewinne sehen; dann ist es vorbei mit der Bezahlung von Löhnen wie sie im öffentlichen Dienst gezahlt werden; dann werden keine Solarstromanlagen mehr gebaut und dann wird erst recht nicht mehr der ÖPNV in Konstanz aus den Gewinnen des Stromverkaufs mitfinanziert.
Auch der Busverkehr soll in Konstanz privatisiert werden. Nicht, weil das eine EU-Richtlinie vorschreiben würde; das wird zwar von interessierter Seite immer wieder behauptet, stimmt aber so nicht. Wir vermuten, daß der Busbereich privatisiert werden soll, weil er dem Verkauf der Stadtwerke im Wege steht. Denn welcher "Investor" (so wird der Aufkäufer wohl genannt werden) will schon einen chronisch defizitäres Busnetz kaufen? Und eines ist sicher: Ein attraktives ÖPNV-Angebot wird - nach betriebswirtschaftlichen Kriterien - niemals Gewinne abwerfen.
Die Stadtwerke, Bürgermeister Fouquet und diverse Stadträt/innen werden nicht müde zu betonen, daß wegen EU-Gesetzen die Buslinien ausgeschrieben werden müßten, sobald die Stadtwerke ins Minus geraten. Damit wurden insbesondere die massiven Preiserhöhungen bei Bus und Fähre begründet; und schon jetzt ist klar: Dies wird die Fahrgastzahlen weiter senken, das Defizit so vergrössern und die Ausschreibung erst herbeiführen. Diese Ausschreibung soll dann - auch das ist von all diesen angeblichen Ausschreibungs-GegnerInnen immer zu hören - als einziges Kriterium den Preis, den die Stadt Konstanz an den Busbetrieb zahlen muß, haben. Doch das stimmt alles so nicht!
Richtig ist, daß die Regierung Kohl ein Gesetz erlassen hat, daß zwingend die Ausschreibung des Busnetzes oder einzelner Buslinien vorsieht, falls die Stadtwerke eines Tages öffentliche Zuschüsse benötigen sollten. Hierbei handelt es sich jedoch um ein Bundesgesetz, das unsere rot-grüne Bundesregierung jederzeit wieder ändern könnte. Denn die EU-Richtlinie, die mit diesem Gesetz in nationales Recht umgewandelt wird, und auf die sich die Konstanzer Abgeordneten und Bürgermeister von FGL und SPD immer berufen, sieht keine Ausschreibungspflicht für den ÖPNV vor.
Richtig ist zweitens, daß die Stadtwerke über die Konzessionsabgabe und nicht in Rechnung gestellte Leistungen den Haushalt der Stadt Konstanz massiv finanzieren. Es müßten also keine öffentlichen Subventionen gezahlt werden, die zur Ausschreibung zwingen; die Stadt könnte auch die Konzessionsabgabe senken oder endlich das von ihr in Konstanzer Brunnen verbrauchte Wasser bezahlen.
Richtig ist drittens, daß selbst wenn die Stadt Konstanz sich in die Situation manövriert, daß sie ausschreiben muß, sie in den Ausschreibungskriterien soziale und ökologische Standards festlegen kann, die letztendlich sicherstellen, daß die Stadtwerke den Zuschlag erhalten werden. Während die immer vorgeschobene EU-Richtlinie nämlich keine Ausschreibungspflicht vorsieht, definiert sie den ÖPNV ausdrücklich als "öffentliche Daseinsvorsorge". Das bedeutet, daß die Stadt Konstanz auch noch ganz andere öffentliche Interessen zu wesentlichen Kriterien in einer Ausschreibung machen kann, als nur den Preis. Die Frage ist lediglich, ob sie das auch will?
Richtig ist schließlich, daß die EU eine neue, strengere Verordnung plant. Mit deren Verabschiedung ist jedoch nicht vor Ende nächsten Jahres zu rechnen. Danach werden nochmals mehrere Jahre ins Land gehen, bevor die Verordnung in nationales Recht umgesetzt wird und somit Geltung erlangt. Wir fordern alle angeblichen Ausschreibungs-GegnerInnen dazu auf, sich bei ihren ParteifreundInnen in Bonn und Brüssel gegen die Ausschreibungspflicht einzusetzen und damit aufzuhören, noch gar nicht existierende EU-Regelungen als Entschuldigung für ihre neoliberale Politik zu mißbrauchen.
Weder zum Ausgleich der Einnahmeverluste bei Strom und Gas, noch zur Steigerung der Attraktivität der Stadtwerke, leistet die Umwandlung in eine GmbH irgendeinen Beitrag. Statt den Stadtwerken im Schnellgang eine neue Rechtsform zu verpassen, ist es notwendig zumindest eine strategische Diskussion einzuleiten und darüber zu führen, wie die Dienste und Leistungen der Werke verbessert, und damit die Voraussetzungen für eine Sicherung des Unternehmens geschaffen werden können. Einige Maßnahmen liegen schon jetzt auf der Hand:
Eine Verschlankung (und somit Verbilligung) der aufgeblähten Führungsstruktur der Stadtwerke ist schon deshalb notwendig und möglich, weil diverse hochbezahlte Stellvertreter/innen- und Berater/innen-Posten erst in jüngster Zeit geschaffen wurden.
Eine Abschaffung der von den Stadtwerken an die Stadt zu zahlenden Konzessionsabgabe würde das komplette Defizit im Busbereich ausgleichen; außerdem sollte die Stadt Konstanz zukünftig wenigstens alle erhaltenen Leistungen der Stadtwerke bezahlen. Dann besteht auch Spielraum für Preissenkungen.
Eine massive Verbilligung der Bus-Fahrpreise führt zu einer Defizitsenkung, wie unter anderem das Beispiel Freiburg gezeigt hat. Die dann steigenden Fahrgastzahlen gleichen die Mindereinnahmen mehr als aus. So ließe sich ein Kreislauf in die positive Richtung in Gang setzen: Sinkende Fahrpreise führen zu steigenden Fahrgastzahlen, die zu einer Defizitminderung führen, welche wieder eine Senkung der Fahrgastzahlen ermöglicht und so weiter. Momentan fällt den vielen und hochbezahlten Stadtwerke-Chefs leider nichts anderes ein, als auf ein steigendes Defizit mit höheren Fahrpreisen zu reagieren, so die Zahl der Fahrgäste abzusenken, das Defizit zu vergrößern, um dann wieder die Preise anzuheben...
as
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