Antiimperialismus und das kurdische Volk [Devrimci Çözüm April 1999]

Während der Komplott des 15. Februar (Tag der Entführung A. ÖCALANs; d. Ü) für unser Volk die konkrete Vorführung der grenzenlosen Brutalität des imperialistischen Banditentums war, war er für die kurdische Bewegung und für die revolutionären Kräfte der Beginn einer neuen Periode.

Seit dem 9. Oktober (1998, Vertreibung ÖCALANs aus Syrien; d.Ü.) haben die reaktionären und imperialistischen Kräfte der Welt Schritt für Schritt einen Plan gesponnen, der am 15. Februar verwirklicht wurde. Die erste Etappe des Plan, die physische Liquidierung oder Gefangennahme ÖCALANs, wurde verwirklicht. Die zweite Etappe die Liquidierung der Guerilla und ihre Einbeziehung in die Grenzen des Systems, um sie als gefährliche Kraft auszuschalten, wird noch fortgeführt. Dieses Ziel beinhaltet auch die Knebelung der revolutionären Bewegung. Die auf die Abtötung der Dynamik der Völker des Nahen Osten und der revolutionären Bewegung gerichteten Angriffe und die von den internationalen imperialistischen Kräften getroffenen Entscheidungen (die in Europa in verschiedenen Ländern auf die patriotische Bewegung und die revolutionären Kräfte gerichteten Verbote, Verhaftungen, die Auslieferungsentscheidungen, terroristischen Angriffe, die Bemühungen MED TV und die Özgür Politika zu schließen und weitere Entscheidungen) sind Merkmale des Komplott- und Angriffsplans, der weiter fortgesetzt werden wird. Die auf MED TV und Özgür Politika gerichteten Angriffe, die Schließung von MED TV durch die imperialistischen Kräfte, zeigen die internationale Dimension der Angriffe. In dieser Parallele sind auch Angriffe wie die Schließungsbemühungen gegenüber allen sozialistischen Zeitschriften im Land (der Türkei; d.Ü.), die Schließung einiger Zeitungen, die Versuche Radiosender zum Verstummen zu bringen, die Verbote von Musikkassetten und Konzerten zu sehen, die den Plan eine Situation des totalen Terrors zu entfachen, hatte und hat.

In dieser durch all die Angriffs- und Komplottbemühungen entstandenen Terrorsituation, wird der Widerstand, den das kurdische Volk und die revolutionären Kräfte zeigen werden, eine wichtige Rolle spielen, sowohl für den revolutionären Kampf, als auch für die Entwicklung des nationalen Bewußtseins des kurdischen Volkes. Es ist klar, daß das kurdische Volk in dieser Phase ein neues Bewußtsein entwickeln wird. In der Entwicklung und Stärkung des antiimperialistischen Bewußtseins des kurdischen Volkes hat eine neue Phase begonnen. Die Patrioten und die revolutionären Kräfte tragen eine große Verantwortung, diese Phase richtig zu begreifen und das erwachende antiimperialistische Bewußtsein des kurdischen Volkes zu entwickeln.

Welche Wut und Fassungslosigkeit die Entführung Abdullah ÖCALANs und seine Auslieferung an die Türkei als Ergebnis eines internationalen Komplotts im kurdischen Volk auslöst hat, zeigte das kurdische Volk in seinen auf den imperialistischen Komplott gerichteten Reaktionen in allen Ecken der Welt. Das kurdische Volk wurde zum ersten Mal Zeuge des imperialistischen Banditentums und dessen Brutalität. Und es sah die Doppelgesichtigkeit und Falschheit der europäischen Imperialisten in der kurdischen Frage. Und das erste Mal in der Geschichte zeigte das kurdische Volk den imperialistischen Kräften gegenüber ein Verhalten, das anklagte und Aufklärung verlangte. In dieser Situation gab es einen Schub für das Bewußtsein des kurdischen Volkes. Diesen Bewußtseinsschub richtig zu lenken und das kurdische Volk in die Lage zu versetzen, in der Zukunft noch bewußter seine Rechte geltend zu machen, ist die Funktion dieser Phase. Dies wird in der Bestimmung der eigenen Zukunft eine wichtige Rolle spielen.

Die Erfüllung dieser Funktion ist die gemeinsame Aufgabe der Avantgardekräfte des kurdischen und türkischen Volkes. Dies überträgt der revolutionären und patriotischen Organisierung eine historische Verantwortung: die Vereinigung des Kampfes unserer Völker zu entwickeln, die Geschwisterlichkeit unserer Völker zu fördern, und zu begreifen, daß der einzige Freund unserer Völker stets die unterdrückten Völker und ihre Avantgarde, die Revolutionäre sind. Die Freundschaft zwischen unseren Völkern zu entwickeln und zu stärken ist die Basis dieser Phase. Es darf auch der kleinsten Bestrebung, Feindschaft zwischen unseren Völkern zu säen und die Wut und den Haß zu verewigen, keine Möglichkeit gegeben werden. Das kurdische Volk muß diese Situation richtig erklären und zwischen seinen Freunden und Feinden trennen. Bis diese Konkretheit erreicht ist, wird das kurdische Volk in einer Phase sein, in der es hin- und hergerissen ist.

Während sofort nach der Phase des Komplotts klar wurde, daß die imperialistischen Banditen nicht die Freunde des kurdischen Volkes, sondern seine Feinde sind, wurde auch klar, daß die Türkische Republik ein Handlanger der Imperialisten ist, aber es wurde ausgehend von den antiimperialistischen Reaktionen, ein Bewußtsein auf der Grundlage der Türkenfeindschaft geformt. Dies ist eine Abweichung im Kampf des kurdischen Volkes. Die Verteidigung dieses Verständnisses bringt gefährliche Ergebnisse.

Während die Architekten des Komplotts die USA und die europäischen Imperialisten waren,und die Türkische Republik, Israel und andere Länder die Ausführenden, und sie die Ziele, auf die die Reaktionen und das Bewußtsein gerichtet waren, übergingen manche Kreise diese Tatsachen und entwickelten eine Türkenfeindschaft, als ob das türkische Volk diesen Komplott durchgeführt hätte. Diese Gedanken, Produkte eines engen nationalen Verständnisses, trennen das kurdische und türkische Volk.

Heute, ob nun vor dem Komplott oder danach, halten manche Kreise und Menschen daran fest, das erwachende nationale Bewußtsein des kurdischen Volkes im Vordergrund zu halten. Diese Kreise und Menschen, die sich mit ihrer Einstellung weit von einer wissenschaftlichen Anschauung entfernt haben, leisten keinen besonderen Beitrag für den Kampf des kurdischen Volkes und sein nationales Bewußtsein. Allerdings wird sich im Bewußtsein des kurdischen Volkes mit dieser Einstellung und diesem Verständnis Ungewißheit und Verschwommenheit entwickeln. Ein Teil dieser Kreise, Intellektuelle und Schriftsteller haben vor der Phase des Komplotts fortgesetzt mit ihren Gedanken und ihrem Verständnis im Bewußtsein des kurdischen Volkes eine Ungewißheit schaffen können. Und sie bemühen sich ihre Gedanken in der patriotischen Bewegung zu verbreiten.

Um nach dem Komplott die aus diesen Gedanken entstandene Lähmung zu verstehen und um in der neuen Phase diese Ungewißheiten aus dem Bewußtsein des kurdischen Volkes zu beseitigen zu können, ist es sinnvoll, hier einige Beispiele zu geben.

Der Vorsitzende des kurdischen Exilparlaments Yasar Kaya erklärt in Schriften und Erläuterungen, auf dem Fernsehschirm, daß sie keine Zusammenarbeit mit den Imperialisten wollen (dies wird mit Diplomatie verschleiert); weiter redet er die Allianz, das Bündnis der patriotischen Bewegung mit den revolutionären Kräften, klein und kann Beleidigungen wie „von denen hat man nichts" machen. Und der gleiche Yasar Kaya machte jedoch Einschränkungen indem er sagte, daß wenn Siemens in Kurdistan ein starker Partner wäre, könnten die imperialistischen Kräfte durch ihren Einfluß die kurdische Frage lösen, und verteidigt so die Zusammenarbeit mit ihnen.

Ist es möglich, mit solchen Gedanken und in einem solchen Verständnis das Bewußtsein des kurdischen Volkes wachzuhalten? Mit dieser Art Gedanken und Verständnis kann das Bewußtsein des kurdischen Volkes nur gelähmt und verwirrt werden.

Kann Yasar Kaya, der die Linken und Revolutionäre, die fortschrittlich-demokratischen Kräfte der Marginalisierung beschuldigt, nach dem Komplott außer diesen als „marginal" bezeichneten Kreisen, Kreise zeigen die das kurdische Volk unterstützen und seine Rechte geltend machen? Erwartet er von den bürgerlichen Parteien ein Auftreten gegen diese Ungerechtigkeit, sollen sie diesen Komplott verurteilen? Kann Yasar Kaya, der dem kurdischen Volk die Adressen der Imperialisten zeigt, behaupten daß auch nur eine imperialistische Macht nicht in diesen Komplott verwickelt war? Was von dem Geschriebenen und Betonten, auf den TV-Schirmen Gesagtem wird nach dem Komplott übrigbleiben? Hat die an das kurdische Volk und an die fortschrittliche Menschheit gerichtete Botschaft ihr Ziel gefunden? In der Intellektuellenschaft, in der Ismail Besikci einen ehrenvollen Platz einnimmt, kann man immer wieder unwissenschaftliche Einstellung finden, obwohl sie einen großen Teil ihres Lebens den Kurden und der kurdischen Geschichte widmeten. „Das kurdische Volk sollte im Nahen Osten einen Freund wie den Staat Israel haben" wird vertreten und manche sagen auch „wenn Kurdistan ein Staat unter imperialistischer Ausbeutung wäre, wäre es heute frei" und solche Gedanken ließen sich fortsetzen.

Israel tötet im Herzen Europas Kurden. Der israelische Geheimdienst MOSSAD spielt zusammen mit anderen Geheimdiensten eine Rolle in der Entführung des PKK Vorsitzenden Abdullah ÖCALAN aus Kenia in die Türkei. Der Staat Israel ist mit der Türkei in einer Allianz,die das Blut der Völker des Nahen Ostens vergießt. Der Staat Israel ist ein Schwert der internationalen imperialistischen Kräfte in der Unterdrückung des Kampf der Kurden.

„Wenn es die Ausbeutung der Imperialisten gäbe"! Bei dieser These geht es jedoch darum, die Reichtümer der Ausbeutung zu erlangen und mittels dieser Reichtümer den Völkern gegenüber eine „Demokratie"-und „Menschenrechte"-vermittlerrolle zu annehmen, die die Imperialisten als freundlich erscheinen läßt. Welche Absicht auch dahinter steht, die Entwicklung von der klassischen Ausbeutung zum Neokolonialismus bringt nichts für die Freiheit, Unabhängigkeit und Befreiung der Völker von der Ausbeutung. Die Ausbeutung wird noch viel brutaler werden. Das imperialistische Joch, unter dem sich die Völker Lateinamerikas, des Mittleren Ostens und des Nahen Ostens befinden, ist ein konkretes Zeichen dafür. Ist die heutige Teilung Kurdistans ohne die Mitwirkung der Imperialisten geschehen? Wie diese Teilung vollzogen wurde, steht in den Archiven der Geschichte. Und auch an der Spitze des schmutzigen Krieges in Kurdistan stehen die Imperialisten. Sie sind die Planer und sie sind auch die Ausführenden.

Der für Özgür Politika schreibende, Journalist und Forscher Faysal DAGLI gab auf einer Diskussionsrunde in MED TV auf die Rede eines Vertreters von Rizgari (kurdische Partei; d.Ü.) die Antwort; wieso sollten die USA ein Feind der Kurden sein, wieso ein Feind ÖCALANs, wir glauben nicht, daß sie Feinde sind. Kurz nach dieser Diskussionsrunde geschah der Komplott, an dessen Spitze die USA standen. Was, wenn nicht Verwirrung im Bewußtsein des kurdischen Volkes erzeugen jene, die auf Fernsehschirmen und in den Randkolumnen der Zeitungen solche Gedanken verbreiten? Wie nennt man das, wenn kurz nach dem Gesagten dieser piratenartige Angriff verwirklicht wird? Was sind die USA wenn nicht der Feind des kurdischen Volkes? „Weder Freund noch Feind" zu sagen, heißt keine Aussage zu treffen. Die USA stehen an der Spitze, wenn es darum geht, sich die Reichtümer Mesopotamiens und des Nahen Osten unter den Nagel zu reißen. Und sogar die gebotenen Auswege zeigen diese Feindschaft. Und die Talabani-Barzani Zusammenarbeit, die versucht die Kurden selbst zu versklaven, wie kann dies anders benennen als mit Feindschaft? Sind nicht die USA die Architekten der Pläne, die PKK und die revolutionären Kräfte aus den Nahen Osten zu vertreiben? Wie kann in dieser Lage die Bemühung genannt werden, dem kurdischen Volk die USA als freundlich darzustellen ?

Der Wissenschaftler, Intellektuelle und Freund der Kurden Yalcin Kücük, der bei jeder Möglichkeit in den Zeitungskolumnen und auf dem Fernsehschirmen zu Wort kommt, führte aus: „Jeder Nation bildet sich auf der Grundlage der Feindschaft zu einer anderen Nation. Die Türken haben ihre Nation auf der Grundlage der Feindschaft zu den Griechen entwickelt. Und die Kurden bilden ihre Nation auf der Grundlage der Feindschaft zu den Türken." Dies sind Gedanken, die von einem Wissenschaftler und Intellektuellen geäußert wurden, aber es könnten genauso gut die Gedanken der türkischen Bourgeoisie gewesen sein. Nicht aber die eines marxistisch-leninistischen Intellektuellen. Die kurdische Frage nur auf die Türken und den türkischen Staat zu beschränken, ein Verständnis, das nur auf der Grundlage der Türkenfeindschaft funktioniert, bringt kein anderes Ergebnis, als den Imperialismus zu verschleiern und das kurdische Volk falsch zu leiten. Aber das ist es, was Yalcin Kücük macht.

Nach dem Komplott wurde einerseits gesagt „Es gibt keinen anderen Freund der Kurden als die Kurden", aber anstelle dessen wurde, indem man auf die Imperialisten und ihre Kollaborateure zielt, auf die Türkische Republik und mit ihr manche nationalistische Kreise des türkischen Volkes mit einem Verständnis eingewirkt, etwas anderes vertreten. Wir werden hier in Beispielen die Kreise und Personen nicht aufzählen können, die mit dieser Art Verständnis und Einstellung fern der Wissenschaftlichkeit und mit einem engen nationalen Blickwinkel nichts für das kurdische Volk beitragen können, sondern umgekehrt nur eine Bewußtseinstrübung erschaffen.

Der nationale Kampf des kurdischen Volkes und der nationalen Bewegung, der in einer Welle von Gewalt und Morden beantwortet wurde, haben die Verluste und die Gefallenen eine nicht zu unterschätzende Funktion. Auf diesen Ergebnissen und dem daraus gezogenen Potential wird eine Art Politik entwickelt, die das kurdische Volk in einem nationalen Bewußtsein halten, auf dieser Grundlage zwischen Freund und Feind trennen und so diese Verwirrung nicht überwinden soll.

Es ist klar, daß solche Gedanken und solche Einstellungen vor dem Komplott im kurdischen Volk eine ziemlich wichtige Rolle spielten. Manche Kreise haben imperialistische Ansprechpartner gesucht und wollten die Werte des kurdischen Volkes an die der imperialistischen Mächte binden, manche Kreise haben mit einem von Wissenschaftlichkeit fernen Verständnis im Bewußtsein des kurdischen Volkes Verwirrung geschaffen und manche bewegen sich nur in den Grenzen eines engen nationalen Verständnisses. Alle diese Einstellungen haben gemeinsame Eigenschaften, sie wurden in jeder Periode des Kampfes in unterschiedlichem Umfang im Namen dessen, für was man eintreten wollte, benutzt. Und dieses Verständnis wurde in jeder Periode und bei jeder Gelegenheit im Namen dessen, für den man trat, verbreitet.

An dem, in dieser Epoche noch nicht erfaßbaren Punkt, auf der erreichten Stufe des Imperialismus, auf der die Basis der nationalen Unterdrückung entsteht und auf der sich die nationale Frage, die Frage der Kolonien, die Frage der Befreiung vom Imperialismus stellt, wird man die Steuerung in diese Art Abweichungen nicht vermeiden können. Diese Frage heute als interne Frage der Trennung der Kurden von den Türken zu verkürzen, kann nicht von nationalen Gedanken befreien. Die PKK und das kurdische Volk muß auf diesen gefährlichen Verlauf besonders achten. Natürlich haben die Bemühungen der revolutionären Kräfte und ihre Einstellung dabei eine besondere Bedeutung.

Die Sicht der Revolutionäre auf die nationale Frage und ihr Verständnis der Lösung dieser Frage ist nicht unabhängig von ihrer Weltanschauung. Die allgemeine Perspektive der Revolutionäre sind die marxistischen Einstellungen und Lösungen. Als revolutionäre Bewegung betrachten wir die nationale Frage, indem wir die Lösung des Marxismus als Grundlage nehmen. Deshalb ist es sinnvoll, zu sehen, wie im Marxismus dieses Problem vor der Monopolbildung und auf der Stufe der Monopolbildung angegangen wird.

Die Nation ist eine Kategorie der Epoche des sich entwickelnden Kapitalismus. Mit der Entstehung des Kapitalismus formten sich die in jeder Volksgesellschaft trennenden Eigenschaften (ethnische Wurzeln, Glauben, Kultur usw.) um einen gemeinsamen Markt herum. Deshalb ist es unmöglich, die Tatsache des Binnenmarktes getrennt von der der Nation zu erörtern. Indem die feudalen Schranken niedergerissen werden und das Volk in einem Binnenmarkt vereint wird, kann sich an der vom Kapitalismus erschaffenen Warenzirkulation eine Nation formen.

Diese Tatsache drückt aus, daß die Grundlage der nationalen Frage der Markt ist. Die im Zeitalter des aufstrebenden Kapitalismus entstandenen ersten Nationen und Nationalstaaten sind das Ergebnis dieser Tatsache. Frankreich, Deutschland, Großbritannien u.a. bildeten sich als Ergebnis dieser Entwicklung als Nation und Nationalstaaten. In Osteuropa hingegen bildeten sich neben Staaten mit nur einer Nation auch Vielvölkerstaaten. Und in den Vielvölkerstaaten kam die nationale Frage mit der Entwicklung des Kapitalismus auf. In diesen Ländern war die Warenzirkulation parallel zur der Entwicklung des Kapitalismus, die wirtschaftliche Grundlage, der die Nation bildende Faktor. Und es ist der Anfang der Bildung der Nation. Diese Phase, in der sich die Nation herausbildet, ist von dem Anspruch der sich entwickelnden Bourgeoisie auf die nationalen Märkte geprägt. Der Bourgeoisie, die für sich den Anspruch auf die Märkte erhebt, steht jedoch der herrschenden Nation gegenüber. Diese Situation, eine Nation mit Zwang in den Grenzen ihres eigenen Staats zu halten, drückt die nationale Unterdrückung aus. Diese Eigenschaft der Entstehung der Nation und der Formung der nationalen Bewegung eröffnet einen Krieg um die Märkte zwischen der herrschenden Bourgeoisie und der neuentstandenen unterdrückten Bourgeoisie. Und in dieser Phase hat die nationale Frage eines Vielvölkerstaates die Qualität eines inneren Problems. Also eines Marktproblems.

Mit dem Sprung von der Stufe des Kapitalismus auf die des Imperialismus jedoch, der sich auf der Grundlage der Veränderungen vollzieht, die durch den nationalen Druck entstehen, wird die Befreiung der kolonialen und halbkolonialen Nationen vom Imperialismus die grundlegende Frage. Während es vor der Phase der Monopole ein inneres Problem, also ein Marktproblem war, bricht auf der Stufe des Monopols ein Krieg besonderen Umfangs gegen die nationale Knechtschaft aus. Die einzige die Welt beherrschende Macht ist der Imperialismus, und jede Art von Unterdrückung entwickelt sich auf der Grundlage des Imperialismus. Darüber hinaus ist auf der Stufe des Imperialismus die Aufteilung der Welt unter den großen kapitalistischen Mächten beendet und sind die Ökonomien der einzelnen Länder jeweils Kettenglieder in der imperialistischen Kette.

Nun ist der einzige Weg, die nationalen und internationalen Bewegungen von der Knechtschaft zu befreien, den antiimperialistischen Kampf zu führen. Der Aufstand der nationalen und internationalen Bewegungen muß sich der Repression der imperialistischen Kräfte und ihren Vernichtungsangriffen entgegenstellen. Das ist die Tatsache, die dem heutigen Komplott zugrundeliegt. Es gibt heute in unserem Zeitalter gegenüber dem Imperialismus für eine allein nationale Befreiungsbewegung keine Möglichkeit mehr, erfolgreich zu sein. Während es in der Vergangenheit ausreichte die unterdrückte Nation von der unterdrückten zu trennen, ist es in unserem Zeitalter notwendig, die imperialistischen Ketten ganz zu zertrennen. Und heute liegt die Realität darin, daß dem kurdischen Volk die Reaktionäre der ganzen imperialistischen Welt gegenüberstehen. (...)

Die Geographie des Nahen Ostens ist sowohl historisch, als auch politisch und ökonomisch weder in der Vergangenheit noch heute ein Bereich, auf den die Imperialisten verzichten können. Der imperialistische Verteilungskrieg und andere Streitigkeiten führen, das ist natürlich, auch die imperialistischen Kräfte zu mancher Zeit gegeneinander. In der kurdischen Frage haben diese unterschiedlichen Tendenzen keine Bedeutung. Die USA benutzt die Staaten Israel und Türkei als Wächter für die Aufteilung des Nahen Ostens. Die europäischen Imperialisten, auch wenn sie mit Investitionen Marktkräfte im Nahen Osten bekommen, haben dort nicht soviel Einfluß wie die USA. Als Ergebnis des Verteilungskampfes im Nahen Osten darf der Unterschied in der Annäherung an die kurdische Frage, nicht irreführend sein. Die Ansichten der europäischen Imperialisten im Bezug auf Menschenrechte, kulturelle Rechte usw. sind von denen der USA nicht verschieden.

Manche Kreise lassen sich täuschen. Es ist klar, daß die Ursache für die Gewalt, die Ausbeutung und die Repression im Wesen des Kapitalismus und des Imperialismus liegt. Diese Brutalität ist dem kurdischen Volk in der Phase des Komplotts ganz unverhüllt entgegengetreten. Der Wunsch der europäischen Imperialisten und der USA ist eine nationale Bewegung, die ihre revolutionäre Dynamik abtötet, ihre Interessen (die der Imperialisten; d.Ü.) nicht beschädigt und der Zusammenarbeit zugeneigt ist. Soweit diese Punkte nicht erreicht, nicht verwirklicht wurden, ist es die grundlegende Politik zu unterdrücken, zu vernichten. Die im Rahmen der in Südkurdistan mit der Barzani-Talabani Zusammenarbeit unternommenen Schritte haben keine andere Bedeutung als die Auslieferung der PKK, die Erstickung der revolutionären Kräfte und die vollständige Kapitulation der Völker des Nahen Ostens.

Außerdem, wer sind die Finanziers des 15 Jahre andauernden schmutzigen Krieges gegen das kurdische Volk? Wer gab die Panzer, Hubschrauber, Flugzeuge und die ökonomische Unterstützung? Die europäischen Imperialisten haben einen Anteil an dem Blut jedes Kurden und jedes Revolutionärs.

In dem gegen Abdullah ÖCALAN gerichteten am 9. Oktober begonnenen Komplott und in den bis zum 15. Februar andauernden Entwicklungen ist klar, daß Europa seine ganz eigene Rolle gespielt hat. Während diese Tatsachen derart offen liegen und sogar die europäischen Imperialisten aufgerufen werden, in der Lösung ihrer eigenen Probleme eine Rolle zu spielen, ist es nicht Naivität, sondern bewußte Abweichungsbemühungen. Diese trüben das Bewußtsein des kurdischen Volkes und bringen es in die Gefahr für die Zukunft des kurdischen Volkes die Werte falsch zu setzen. Kein Mensch der nationalen Befreiungsbewegung und kein Revolutionär darf diesem verkehrten Verständnis, welches im Bewußtsein des kurdischen Volkes entwickelt werden soll, eine Möglichkeit geben. Dem muß ein Riegel vorgeschoben werden, die Völkerfreundschaft muß entwickelt und sich zusammen in den gemeinsamen Bemühungen getroffen werden. Solange aus Kurden-Türken und allen Nationen nicht unser Volk geworden ist, werden die Angriffe auf die Völker des Nahen Ostens kein Ende nehmen. Es ist offensichtlich, daß die Angriffe, die unter Federführung der USA durchgeführt wurden, dazu dienen, den Völkern der Welt immer wieder aufs Neue zu zeigen, wer der Weltgendarm ist. Diese im Namen der Neuen Weltordnung geführten Ergebnisse der Brutalität sind Angriffe, die darauf gerichtet sind, Gebiet zu beherrschen, das vom Nahen Osten bis zum Balkan und zum Kaukasus reicht.

Zu der Aggression gegen den Irak und gegen Jugoslawien hat die NATO einen gemeinsamen Entschluß gefaßt. Die Schließung von MED TV, die Angriffe auf andere Presseorgane und die Bemühungen, die Stimme des kurdischen Volkes zu ersticken, liegen auf einer Linie.

Es ist wichtig zu betonen, daß die Phase des Komplotts andauert und eine große breite Aggression gegen unsere Völker ist. Den totalen Angriffen der reaktionären und imperialistischen Kräften der ganzen Welt, dem auf die Auslieferung unseres Volkes arbeitende Banditentum, muß, indem man den gemeinsamen Kampf der Völker organisiert, entgegengetreten werden. Die Entstehung eines antiimperialistischen Bewußtseins ist eine für die Zukunft des kurdischen Volkes wichtige Entwicklung. Diese Entwicklung richtig zu lenken, ist eine Pflicht. In der kurdischen Geschichte wurden zu keiner Zeit solche antiimperialistische Reaktionen gezeigt. Das heute erwachende antiimperialistische Bewußtsein ist ein, im Kampf des kurdischen Volkes vorwärts weisender Schritt. Diesen Schritt zu entwickeln, ist die Pflicht der patriotischen und revolutionären Kräfte.

Zwischen unseren Völkern gibt es, was man auch immer sagt, eine passende Grundlage. Diese objektive Grundlage des gemeinsamen Kampfes ist stärker. Das kurdische Volk hat in seinem jahrelang dauernden Kampf der Welt seine nationale Identität gezeigt und als Nation fortschrittliche Schritte unternommen. Aber für die kommende Stufe muß auch die Richtigkeit und Kongruenz des gemeinsamen Kampfes klar werden.

Der Kampf muß auf dieser Grundlage, indem der gemeinsamen Zusammenhalt der Völker angestrebt wird, fortgesetzt werden. Der Bruch zwischen den Kräften der Revolutionäre und den der Patrioten aus der Vergangenheit muß in dieser Phase überwunden werden. Die lange Jahre getrennten und nicht gebündelten Kämpfe der patriotischen Bewegung und der revolutionären Bewegung müssen in der kommenden Phase in den gemeinsamen Punkten Grundlagen finden. Diese Grundlagen und Phasen den patriotischen und revolutionären Kräften gut zu erläutern, wird den gemeinsamen Kampf wieder beschleunigen. Das muß so gesehen werden.



Broschüre

Hauptseite