Erklärung - AN DAS ZUSTÄNDIGE AMT

Mein Mandant Ibrahim BINGÖL wurde in der Zeit nach dem Militärputsch vom 12 September 1980 in der Türkei festgenommen. Sowohl in der Zeit der Untersuchungshaft als auch in der Zeit seiner Inhaftierung war er schweren Folterungen ausgesetzt. Dem Mandanten wurde die Verletzung des Paragraphen 146 T.C.K. des Militärgerichtes in Istanbul zugrunde gelegt. Aufgrund dessen, wurde er mit der Todesstrafe verurteilt. Der Mandant wurde 1990 obwohl sein Verfahren noch nicht abgeschlossen war, freigelassen.

Nach seiner Freilassung ging er nach Batikent einem Stadtteil in Ankara um sich dort bei seiner Familie niederzulassen und mit ihnen zusammenzuleben. Während dieser Zeit, hat sich mein Mandant keinesfalls an ungesetzlichen Aktivitäten beteiligt. Weiterhin lebte er mit seinem gesetzlichen Ausweis. Er hat weder einen gefälschten Ausweis benutzt, noch hat er die Aktivitäten der Organisation fortgeführt. Ganz im Gegenteil, um Informationen zu seinem noch laufenden Verfahren zu holen. ging er regelmäßig in Ankara in das Büro seiner Anwälte. Aufgrund dessen. daß er sich bei seiner Familie gesetzlich aufhielt. war seine Adresse den Polizeibehörden bekannt.
Zur selben Zeit wurde seitens der Organisation Devrimci Sol ein Attentat auf den General Hulusi Sayin verübt. Da der ermordete General eine wichtige Persönlichkeit war. hat dieser Anschlag das Ansehen des Staates und vor allem der Polizei erschüttert. Es wurde eine große Sensation. Das so ein Attentat in der Hauptstadt Ankara verursacht wurden konnte, beunruhigte die Polizei sehr. Um das verlorene Ansehen in der Öffentlichkeit wieder zurückzugewinnen, planten sie eine Operation nach der anderen. Da sie von diesen Operationen keine Ergebnisse vorweisen konnte, haben sie Erol ÖZBOLAT. der in einer gesetzlichen Zeitschrift arbeitete, als Täter des Attentates der Öffentlichkeit bekannt gegeben. Aufgrund dessen stellte sich heraus, daß Erol ÖZBOLAT keinen Zusammenhang mit diesem Vorfall hatte. Er arbeitete lediglich in einer gesetzlichen sozialistischen Zeitschrift. Da die Polizei den Täter des Attentates nicht festnehmen konnte, und ihr Prestige retten wollte, hat sie ihn als Täter in einer Presseversammlung verkündet. Nach dieser Verkündung ging er mit seiner Familie und seinen Rechtsanwälten zur DGM Staatsanwaltschaft nach Ankara um sich dort zustellen.

Erol ÖZBOLAT wurde ohne Rücksicht auf die Verfassung, das Gesetz der DGM und nationale und internationale Vorschriften genau 30 Tage in Untersuchungshaft gehalten. In dieser Zeit war er körperlichen und psychologischen Folterungen ausgesetzt. Während dieser Zeit hat er die ihm vorgeworfenen Vorwürfe akzeptiert. Zu den Aussagen, die während den schweren Folterungen aufgenommen wurden sind, hat die Polizei den Namen meines Mandanten Ibrahim BINGÖL zu den Tätern des Attentates dazugeschrieben.

Bezugnehmend auf diese Aussage haben sie Ibrahim BINGÖL im Büro seiner Anwälte festgenommen. Er wurde genau 30 Tage unter ungesetzlichen Umständen festgehalten. Während dieser Zeit war er schweren Folterungen ausgesetzt. Zu dem Zeitpunkt, an denen er den Folterungen ausgesetzt war, wurde er zweimal ins Krankenhaus eingeliefert. Trotz den schweren Unterdrückungen und Folterungen hat er die Vorwürfe, die ihm zu Grunde gelegt worden sind, nicht akzeptiert.

Während dieser Zeit hat der DGM Staatsanwalt Nusret DEMIREL mit seinen ungesetzlichen Handlungen derart undiziplinierte Dimensionen angenommen, so daß Journalisten, Rechtsanwälte, Familien, Intellektuelle, Studenten und andere Gruppen aus verschiedenen Gesellschaften, die sich gegen diese ungesetzliche und ungerechte Vorgehen des Staates wehrten, festgenommen worden sind. Aufgrund dessen, daß sie sich für demokratische Rechte und Wünsche äußerten wurden Sie in Arrest genommen, gefoltert und inhaftiert.

Es ist jeden bekannt, daß unter dem DGM Staatsanwalt viele Angeklagte gefoltert worden sind. Diese Folterungen wurden auch in Gerichtsprotokollen festgehalten.

Da ich lediglich die Vertretung als Rechtsanwältin von Ihrahim BINGÖL auf mich genommen hatte. wurde ich auf Anordnung des Staatsanwaltes festgenommen, gefoltert und als Mitglied d er Organisation beschuldigt. Trotz das ich Rechtsanwältin war, konnte ich unter diesen Umständen in meinem Land eine sehr lange Zeit nicht leben. Mehrere Male wurde ich in Untersuchungshaft genommen, inhaftiert, Unterdrückungen und Folterungen ausgesetzt. Wegen diesen Umständen. war ich gezwungen, mein Land zu verlassen. Mein Leben setze ich nach wie vor in der Schweiz fort.

Obwohl keine Beweismittel in Bezug auf meinen Mandanten gefunden worden sind, wurde am 19.11.1991 mit der Nummer 1991/93. seitens der Staatsanwaltschaft in Ankara ein Verfahren mit der Forderung auf Todesstrafe eröffnet. Es wurde ihm zur Last gelegt, den Paragraphen 146 und 450 T.C.K. (Türkisches Strafgesetzbuch) verletzt zu haben.

Während das gerichtliche Verfahren weiter lief, gelang es dem Mandanten, aus dem Gefängnis in Ankara zu fliehen. Mein Mandant wurde zur Zeit des Militärputsches am 12 September 1980 festgenommen und obwohl kein Gerichtsbeschluß vorhanden war, zu 10 Jahren Haft verurteilt.

Nach seiner Freilassung konnte er sich lediglich 6 Monate draußen aufhalten. Während dieser Zeit lebte er mit seiner Familie zusammen. Obwohl er mit seinem gesetzlichen Ausweis lebte und an keiner Aktivität der Organisation beteiligt war. wurde seitens der Polizei. die ihr erschüttertes Prestige retten wollte, als Täter des Attentates bekanntgegeben und erneut festgenommen, gefoltert und inhaftiert.

Mein Mandant hat mit dem ihm vorgeworfenen Attentat keinerlei Verbindung. Der Mandant hat somit in der Türkei weder eine Sicherheit für sein Leben, noch hat er die Chance auf ein gerechtes Urteil. Den Mandanten erwartet somit in der Türkei eine Festnahme mit Entführung, Ermordung, schwere Folterungen und eine ungerechte Verurteilung. Trotz seiner Unschuld wird er sein Leben lang in Haft verbringen und mit der Todesstrafe bedroht werden.

08/04/1999
Fethiye (PEKSEN) YALCIN

Anmerkung: Der Paragraph 146 T.C.K. des türkischen Strafgesetzbuches entspricht in der brd dem Paragraphen 129a.


Ibrahim BINGÖL
Solidaritätskomitee

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