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Landrat, Polizei und Staatsschutz schauten weg

Volkstrauertag in Vossenack: Neonazis und Waffen-SS marschierten auf


Am gestrigen "Volkstrauertag" marschierten rund 40 Neonazis unter den Augen von Polizei und Staatsschutz unter wehenden Reichskriegsflaggen auf dem Soldatenfriedhof in Vossenack (Gemeinde Hürtgenwald, Kreis Düren) auf. Die Teilnehmer, Mitglieder und Anhänger der "Kameradschaft Aachener Land" und der NPD sowie ehemalige Angehörige der Waffen-SS konnten ungehindert eine nicht angemeldete Kundgebung durchführen, um ihren "Helden" zu gedenken. Antifaschisten hingegen, die ihren Protest gegen diese Zusammenrottung äußern wollten, wurden von der Polizei bei der Anreise gestoppt und festgehalten.

Die "Helden" der Neonazis sind Soldaten der faschistischen Wehrmacht, die ihre Treue zum "Führer" mit dem Leben bezahlt haben. "Wir gedenken unseren gefallenen Helden" stand auf der Schleife des Kranzes der Neonazis geschrieben. Mit dieser Inschrift werden die Verbrechen der Wehrmacht, die in einer Ausstellung des Hamburger Instituts für Sozialforschung akribisch dokumentiert sind, geleugnet. Auch die Tatsache, dass eine Reichskriegsflagge gezeigt wurde und positiv auf die verbotene "Blood & Honour" -Organisation Bezug genommen wurde, bewegte die sich vor Ort befindlichen Polizeikräfte und Staatsschützer nicht zum eingreifen.

Ein für den 17. 11. 2002 angemeldeter Naziaufmarsch im brandenburgischen Halbe war hingegen gerichtlich verboten worden. Begründet wurde das Verbot mit dem Schutz des Volkstrauertags. In Düren fehlt offenbar der politische Wille, einen Neonazi-Aufmarsch zu unterbinden. Seit Jahren führen Neonazis im Hürtgenwald Aufmärsche zum "Volkstrauertag" oder Orientierungsmärsche durch. Die Versammlungen der Neonazis in Vossenack sind fester Bestandteil der Veranstaltungen zum "Volkstrauertag" im Kreis Düren geworden; sie werden toleriert oder ignoriert. Es ist kaum verwunderlich, dass während der "offiziellen" Veranstaltung in Vossenack das Lied "Ich hatte einen Kameraden" instrumental intoniert wurde. Wenig später sangen die Neonazis selbiges Lied voller Inbrunst. Überhaupt, die Anwesenden bei der "offiziellen" Veranstaltung scheint die alljährliche Präsenz der Neonazis wenig zu stören. Bereits im vergangenen Jahr tauchten 27 Mitglieder der neofaschistischen NPD in Vossenack auf; in den Jahren davor waren es jeweils um die 15 Personen.

Es lohnt sich ein näherer Blick darauf, wer sich dort zur "offiziellen" Gedenkveranstaltung trifft. Neben der lokalen CDU-Prominenz (Wolfgang Spelthahn, Thomas Rachel, Axel Buch) versammelten sich ehemalige Mitglieder der 116. Panzerdivision ("Windhunde-Division"), die im "Familienverband ehemaliger Angehöriger der Windhund-Division" zusammengeschlossen sind. In unmittelbarer Nähe zum Friedhof unterhalten sie ein eigenes Areal, auf dem sie alljährlich eine eigene Veranstaltung durchführen. Zweck des Vereins ist laut Satzung die "Pflege der Kameradschaft und der Tradition". Was sie unter dieser Tradition verstehen, ist in der Ausstellung (die irreführend "Windhunde mahnen zum Frieden" genannt wurde) deutlich zu erkennen. Der braune Traditionsverein Ewiggestriger verfolgt mit dieser Ausstellung das Ziel, den Mythos von der "sauberen Wehrmacht" aufzubauen. Tatkräftig unterstützt werden sie dabei vom Bürgermeister der Gemeinde Hürtgenwald, Axel Buch (CDU). Hier knüpfen die Neonazis mit ihren Parolen "Unsere Väter waren keine Verbrecher", "Ewig lebt der Toten Tatenruhm" oder "Wir gedenken unseren gefallenen Helden" an. Eine Abteilung der Bundeswehr aus der Kaserne in Nörvenich nahm an der diesjährigen Veranstaltung ebenfalls teil. Auch hier schließt sich der Kreis; das dort stationierte Geschwader ist nach Oswald Boelcke benannt, einem Flieger aus dem ersten Weltkrieg, nach dem bereits ein Kampfgeschwader der faschistischen Legion Kondor benannt war, welches u. a. an dem Bombenangriff 1937 auf die Stadt Guernica beteiligt war.

Wir haben nichts gegen individuelle Trauer einzuwenden. Doch was jedes Jahr im Rahmen des Volkstrauertages in Vossenack stattfindet, ist Verharmlosung der Verbrechen der faschistischen Wehrmacht, ohne die Auschwitz, Buchenwald, Bergen-Belsen, Treblinka und viele weitere Verbrechen nicht möglich gewesen wären. Die deutsche Geschichte soll reingewaschen werden, um den Weg zu neuen Kriegen vorzubereiten. Wir erinnern daran, dass sich die Bundeswehr verfassungswidrig an zwei Kriegen beteiligt hat (Jugoslawien 1999 und Afghanistan 2001). Im Kreis Düren wird fleißig daran mitgearbeitet, die deutsche Geschichte zu verdrehen. Die einen (Neonazis) tun es offen, die anderen subtiler. Skandalös ist, dass Landrat und Kreispolizeibehörde den Neonazis freie Hand für ihre menschenverachtenden Aufmärsche lassen. Das Ergebnis ist, dass von Jahr zu Jahr mehr Neonazis nach Vossennack kommen. Befreien wir uns von diesem Alptraum:

Kein Gedenken an Wehrmacht und Waffen-SS!

Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!

(Antifa Düren, 18. November 2002)