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Einige FrauenLesben
[03.08.2000]
Beitrag zur Sexismusdebatte
Es ist uns vorgeworfen worden, unsere Position nicht ins Plenum zu tragen.
Dort fehlt eine Basis feministischer Positionen und die Bereitschaft,
antipatriarchal zu leben. Die Struktur und der Umgang, z.B. Redeverhalten
(Selbstdarstellung anstatt sachlich zu diskutieren) lassen dies nicht zu. Zudem
fehlt die Bereitschaft für eine Auseinandersetzung.
Naja, warum nun trotzdem?
Wir haben keinen Bock, uns Rassismus vorwerfen zu lassen, wenn wir
sexisitische Übergriffe öffentlich machen. Wir haben den politischen Anspruch,
Sexismus zu bekämpfen, um bessere Lebensräume zu schaffen.
Wir haben die Kraft und die Wut, wir resignieren nicht, da könnt ihr lange
warten.
Obwohl auf dem vorgestrigen Plenum von sexistischen Übergriffen auf diesem
Grenzcamp berichtet worden ist, wurden diese nicht in die
Sexismusdiskussion miteinbezogen. So haben Männer und Frauen es geschafft, sich um die eigene
Auseinandersetzung mit dem Patriarchat und dem eigenen sexistischen
Verhalten zu drücken.
Wir kritisieren das Nichtverhalten fast aller Männer zum Thema Sexismus,
daß sie es nicht als ihre Aufgabe betrachten, dazu Stellung zu beziehen.
Die antirassistischen Zusammenhänge spalten sich, wenn die
antisexistischen Positionen kein Teil von ihnen sind.
Zu diesem Camp sind keine feministischen Gruppen gekommen, im Gegensatz
zum letzten Jahr.
Erst durch das unsensible Verhalten der Anwesenden beim Delegiertenplenum
sowie die akute Bedrängnis von zwei Frauen durch den Redner von The Voice
beschäftigte sich das FrauenLesben-Plenum mit den Vorfällen um The Voice.
In diesem Zusammenhang stellen wir noch mal klar, daß vom
FrauenLesben-Plenum nie eine Stellungnahme von The Voice zu den Vorfällen in Weimar
gefordert worden ist. Das FrauenLesben-Plenum hat nie behauptet, daß The Voice für
Fehlverhalten von Flüchtlingen Verantwortung trägt.
Es kann keine Manipulation oder Spaltungsversuche von einer
antisexistischen Bewegung geben, da keine antisexistische Bewegung existiert, sondern die
linke Bewegung selbst den Anspruch hat, antisexistisch zu sein.
Es ist nicht unser Anliegen, daß sich Menschen wegen ihrer Hautfarbe
beobachtet fühlen. Würde ein konstanter reflektierter Umgang mit Sexismus und
Rassismus stattfinden, dann würde die Situation nicht immer wieder eskalieren.
Hätte sich The Voice mit feministischen Positionen (z.B. Definitionsrecht
der Frau, Schutzraum und Rückhalt geben, Opferschutz) genügend
auseinandergesetzt, dann wüßten sie, daß es in der deutschen Linken keine antisexistische
Bewegung gibt, und daß Sexismusvorwürfe nicht nur gegenüber Flüchtlingen
bekannt gemacht werden. Außerdem läßt sich anhand des Ergebnisses, daß seit
Jahren immer wieder sexistische Vorfälle in und um die Gruppe öffentlich
gemacht werden, eine für uns nicht zufriedenstellende Auseinandersetzung mit
Sexismus von The Voice erkennen. Das Konzept der von The Voice organisierten
Veranstaltungen nimmt dies in Kauf.
Die Opfer und deren Gefühle spielen keine Rolle. Stattdessen wird jede
Frau, die die Opposition ergreift, persönlich angegriffen und in die Defensive
gedrängt, und es gibt keine Atmosphäre des Rückhalts für diese Frauen.
Es ist positiver Rassismus, daß der Redner von The Voice nicht
gleichberechtigt im Vergleich zu anderen RednerInnen behandelt wird, z.B.
Beitragslänge, Lautstärke und aggressives dominantes Auftreten.
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