Die Bremerhavener Demonstranten - in drei Bussen um 5.30 Uhr abgefahren - hatten, nachdem sie drei Strassensperren, die erste bei Horst (Autobahn), die zweite an einer Ausfahrt und die dritte kurz vor Brokdorf - passiert hatten, um kurz nach 12.00 Uhr den Parkplatz neben dem AKW erreicht.
Da die genehmigte Kundgebung dort erst um 13.00 Uhr beginnen sollte, begab ich mich auf den Weg entlang der Südseite des AKW zum Elbufer. Das AKW glich einer Burg. Uneinnehmbar: Breiter Graben, hoher Zaun, darauf Stacheldrahtrollen. Tor l. Hinter dem Tor Stacheldrahtrollen in 5 m Tiefe, so dass die dahinter stehenden Polizisten mit Helm und Schild gerade abgezogen wurden. Die Besatzung bestand aus Hunderten von bewaffneten Polizeibeamten, gepanzerten Wasserwerfern, Einsatzgruppen und Beobachtern, die auf den Dächern des AKW verteilt waren.
An der Südostecke war - geschützähnlich - eine Wasserkanone montiert, deren Sprühregen auch noch den Kundgebungsplatz erreichte - wie sich später herausstellte. Eine andere Wasserkanone war auf einem Wirtschaftsgebäude im SW-Bereich installiert, auf dem Dach eines Gebäudes mit rauchgeschwärzten Fenstern, ziemlich hoch und deshalb von besonderer Reichweite.
Mit mir gingen viele Demonstranten, um sich mit diesen bürgerkriegsähnlichen Gegebenheiten vertraut zu machen, die noch dadurch unterstrichen wurden, dass bis zu acht Hubschrauber in wechselnder Höhe in der Luft unterwegs waren, überwiegend die grossen und lauten (im Vietnamkrieg bekannt gewordenen) ,,Chopper".
Am Tor 2 liess sich folgende Situation feststellen: Es war teilweise geöffnet und von Polizei mit Schild und Helm hermetisch abgeriegelt. Die Beamten standen in mehreren Reihen. Demonstranten unterhielten sich mit Leuten der ersten Reihe. Die Nässe auf dem Weg liess vermuten, dass hier am Vormittag schon aus Wasserwerfern gespritzt worden war. Jedoch war der Zustand zwischen 12.15 und 12.30 friedlich.
Auf dem Elbedeich hatten sich Hunderte von Demonstranten eingefunden. Dorthin begab ich mich, weil man von dort das Geschehen - sozusagen aus der Vogelperspektive - übersehen konnte. Vom Parkplatz kamen Hunderte von weiteren Bürgern in Richtung Deich. Es war ein buntes Bild wegen der Verschiedenartigkeit der Bekleidung und der vielen Transparente. Drachen standen darüber im Wind. Ich zählte später bis zu dreissig.
Nun sah ich, dass sich hinter Tor 2 eine Kolonne von Wagen formierte: Wasserwerfer l (W), Wasserwerfer 2, Wasserwerfer 3, dahinter ein gelber Schwer-Lkw mit Sand und einem Bauwagen im Schlepp. Wasserwerfer l verliess das Werkstor, umgeben von einer Phalanx mit Helm und Schild geschützter, mit Knüppeln, Gaspatronen und ? bewaffneter Polizisten. Der höhere Polizeiführer auf dem Dach links gab durch den Lautsprecher Befehle zum Abrücken aus dem AKW. Die Situation wurde dadurch sofort gespannt, den
1. Es war kein Grund - ausser der einer sorgfältigen Vorausplanung - ersichtlich, warum ausgerechnet in diesem Zeitpunkt dieser Konvoi in Bewegung gesetzt werden musste.
2. Es war klar, schon wegen der Verstopfung auf dem Wege zum Kundgebungsplatz, dass der Weg durch Polizeieinsatz und Polizeiwaffen freigeschossen werden musste.
3. Es war klar und absolut im voraus berechenbar, dass die ,,Chaoten" (offizieller Sprachgebrauch) sich nunmehr mit den ,,Banditen in Uniform" (inoffizieller Sprachgebrauch neben ,,Bullen" und den üblichen an die Nazizeit angebundenen Schimpfwörtern) anlegen würden.
Das liess denn auch nicht lange auf sich warten. Der weitere Verlauf war folgender: Überwiegend junge Leute, teilweise vermummt, setzten und stellten sich in die Fahrtrichtung, die der Wasserwerfer 1 ehmen wollte.
Darauf der Polizeiführer laut vernehmlich vom Dach (sinngemäss; der Vorgang ist mit Sicherheit tonbandmässig oder schriftlich aufgenommen):
"Sie behindern die Abfahrt, Sie handeln rechtswidrig! Wenn Sie nicht räumen, wird vom Wasserwerfer und ... (mir als Fachausdruck nicht geläufig, möglicherweise der Wasserstrahl in Bodenhöhe am vorderen Fahrzeugteil des Wasserwagens) Gebrauch gemacht. Dieses ist die erste Aufforderung! Es ist 12.32h!"
In demselben Stil kamen je weitere zwei Minuten später die zweite und die dritte Aufforderung. Sie waren eine Kriegserklärung an das merkwürdige Häufchen vor dem Wasserwerfer. Nur wenige blieben übrig und setzten sich vor das Fahrzeug, als der "Krieg" mit einer Salve aus den beiden Wasserrohren eröffnet wurde.
Die Menge quittierte das schrittweise Ausrücken der Polizeikader - ich schätzte sie durch flüchtiges Zählen auf dreihundert Beamte - mit wachsendem Arger. Die Rufe reichten von "Das ist ja die reine Provokation!" über "Was soll das bloss!" zu ..Schweine", ,,SS", ,,Nazis"! Die Wasserwerfer fetzten nun die Ungehorsamen aus der Fahrbahn. Danach wurden die vor dem Werfer l Sitzenden mit starkem Strahl in den Rücken geschossen, bis sie umfielen oder wichen. Zwei Unentwegte wurden schliesslich fast ohnmächtig zur Seite gezogen (man hätte die mit Wasser schwer Geprügelten ohne weiteres vorher wegtragen können). Damit war der Weg frei. Unter Steinwürfen und Johlen konnte nun der Konvoi Meter für Meter an Boden gewinnen. Die Wasserwerfer voran, davor die balettartig nach den Befehlen des Polizeioberführers trippelnden, hier und dort aufschliessenden Polizisten zu Fuss, dann der gelbe Sand-Lkw, der Bauwagen und ein abschliessender Panzerwagen (wieder in grün).
Die Empörung war gross (s.o. l., 2., 3.). Sie steigerte sich noch, als aufgrund der geworfenen Steine und anderer Gegenstände der Oberführer vom Dach aus rief: "Sie werfen mit Steinen und anderen Gegenständen! Das ist gesetzwidrig! Bei weiteren Verstössen wird Gas gegen Sie eingesetzt!" Der Konvoi hatte etwa hundert Meter zurückgelegt, als Wasserwerfer l und 2 damit begannen, Reizgas mit Wasser vermischt zu ..schiessen".
Während Wasserwerfer l gezielt auf die "Chaoten" im Schussfeld hielt, hatte W 2 sich nicht nur die Steinewerfer als Ziel ausgesucht (diese mussten naturgemäss, um in Reichweite zu kommen, den Deich herunterlaufen und nach dem Wurf zurücklaufen). W 2 hielt reichlich und hoch hinauf in die Demonstranten, so dass dort alle ihr Quantum Reizgas abbekamen.
Obwohl die Begifteten schnell über die Deichkappe liefen - mit dem Rücken zum Sprühwasser - war die Wirkung des Reizgases schnell zu spüren, bei mir zweimal recht intensiv, besonders in den Augen. (Das war aber gar nichts gegen die Reizgasattacke später auf dem Parkplatz während der Kundgebung, sozusagen nur ein Vorgeschmack).
Neben mir waren gerade drei Mann - nach dem Zeichen "NDR" auf der Kamera Reporter - mit dem Filmen beschäftigt. Sie warteten auf recht rar einschwebendes Signalfeuerwerk (rot und grün), das aus einer Baumgruppe im SW-Bereich kam und farblich sehr viel effektvoller schien als die infolge Mangels an Wurfgegenständen doch recht eingeschränkten Würfe mit Steinen und Flaschen. W 2 traf sie bei diesem Versuch recht wirkungsvoll, und sie begaben sich hinter die Deichkappe zurück, um dort die mitgebrachten Gasmasken anzulegen, die ihnen die weitere Ausübung ihres Berufes erlauben sollte. Ich konnte mir und einigen anderen wegen der giftigen Staats-Gewalt Weinenden mit vorsorglich am Vortage erworbenem Ophtopur helfen; manche wurden von Helfern mit destilliertem Wasser behandelt. Die Mehrzahl der Begifteten blieb unversorgt.
Inzwischen hatte die Kundgebung verhältnismässig pünktlich begonnen. Der Konvoi hatte innerhalb einer knappen Stunde die etwa dreihundert Meter bis zur Sau des AKW zurückgelegt.
Dann trat eine Kampfpause ein, die ich benutzte, an der Phalanx der Polizeibeamten (tränenden Auges) vorüberzuschreiten, um zur Kundgebung zu gelangen. Was mir entgegenblickte - unter Helm und überm Schild - waren die Blicke verängstigter junger Leute in ihrer seltsamen Montur, die sich nach meinem subjektiven Eindruck eher als Opfer, denn als Speerspitze und Sieger fühlten.
Es war gar nicht leicht, sich den Weg zu bahnen. In der Kampfpause, die nur gelegentlich von einem Geplänkel Rauchgeschoss (mit Reizgas) werfender Polizisten hinter Zaun und Graben und Zurückwerfen durch mit Applaus bedachte junge Leute unterbrochen wurde, diskutierten die Demonstranten mit den überwiegend schwarz gekleideten Steinwerfern - ohne viel Erfolg.
Inzwischen schwebten dreissig Drachen über dem Geschehen, die Hubschrauber kamen z.T. herunter, um sie in Fetzen zu reissen. Aus der Wasserkanone im SW-Bereich kam unaufhörlich Wasser - schwere Arbeit für die oben schwenkende Bedienung - und der Konvoi machte sich (W 2 hatte nach Angaben aus dem Lautsprecher 2.000 l verschossen und musste aus dem Sicherheitsgraben auftanken) zum Angriff nach Osten bereit.
Es war nur auf den Wiesen neben dem durch demonstrierende Bürger verstopften Weg möglich, schnell zum Orte der Kundgebung zu gelangen, weil sich die Menge auf dem Weg befand und nur langsam zurückgehen konnte, inzwischen auch seitlich durch fahrende Wasserwerfer hinter dem Zaun des AKW beschossen - allerdings mit Wasser ohne Reizgas.
Wo hinter dem Zaun Polizei mit Helm und Schild erschien, war sie das Ziel schlecht gezielter Steine und Steinchen oder von Dreckwürfen von ,,Chaoten", ebenso wie die Wasserkanone auf dem Gebäude mit den rauchgeschwärzten Fenstern ohne Erfolg beworfen wurde.
Die Reden auf dem Parkplatz wurden durch Hubschrauberlärm sozusagen in Stücke gerissen. Ab und zu geriet die auf dem Weg im Süden langsam zurückweichende Menge in Trab, weil der Konvoi wieder eine Etappe zurücklegte, nach meinem Eindruck mit vermehrtem Einsatz von Reizgaswurfgeschossen.
Ausserdem wurde eine weitere Wasserkanone hinter dem Zaun der AKW etabliert, die in gerader Richtung über den Graben Wasser in die Demonstranten schoss. Diese gingen weiter nach Süden zurück oder gelangten über die Wiesen zur Kundgebung.
Dieser Wasserwerfereinsatz wurde von Steinwerfern als besonders beliebtes Ziel behandelt, ebenso wie die plötzlich auftauchenden fahrbaren Wasserwerfer hinter dem Zaun.
Das Ende der Veranstaltung kam um 14.45 Uhr (Ende der genehmigten Kundgebung 15.00 Uhr bei normalem Verlauf), und zwar wie folgt: Der Konvoi, Wasserwerfer, Sand-Lkw mit Bauwagen und Polizeiphalanx, hatte sich inzwischen, d.h. in weiteren l 1/2 Stunden, auf dem S*-Weg herangearbeitet und war nun im SO-Bereich am Parkplatz angekommen. Nach meiner Vermutung entspricht dies dem ,,Timing" des Einsatzplanes. (Solche pflegen Alternativcharakter zu haben, d.h. der Oberkommandierende entscheidet sich aus bestimmten Gründen für die eine oder die andere Lösung.)
Was nun geschah, war nicht nur überraschend, sondern auch eindeutig ungesetzlich. Während Hubschrauber die durch Lautsprecher übertragene Rede unhörbar machten, wurden plötzlich im SW-Bereich des Parkplatzes dutzendweise Reizgaspatronen geworfen, so dass im Nu eine starke Giftnebelentwicklung stattfand, die wegen des Windes mehr oder weniger alle der Kundgebung Zuhörenden traf.
Ich habe zunächst nach dem vorher gesehenen Rezept daran gedacht, die in drei Meter vor mir liegenden fünf oder sechs Räucherbomben in Richtung Polizei zurückzuwerfen. Das war aber infolge der starken Giftnebelentwicklung völlig unmöglich. Ich wandte mich um und sah in entsetzte, tränende Augen der weit über 100 Zurückweichenden. Alsbald begannen die Betroffenen auch zu würgen. Mir ging es genauso. Das Reizgift machte das Atmen unmöglich, denn es bildet sich im Rachenbereich reichlich Speichel als Gegenreaktion des Körpers, den man entweder verschlucken kann (mit der Konsequenz, sich zu erbrechen) oder ausspuckt.
Die Veranstaltungsleiter behielten die Ruhe und verhinderten so eine Panik: Sie richteten erstens an die Teilnehmer der Kundgebung die Aufforderung, sich einzuhaken (das Solidaritätsgefühl wirkt in solchen Momenten offenbar angstdämpfend) und aus dem Bereich der Gifteinwirkung zurückzugehen, dann im langsamen Demonstrationszug auf Brokdorf.
Zweitens wurden die in Reih und Glied am Parkplatz stehenden Polizeibeamten mehrfach aufgefordert, auf dem Platz nicht weiter vorzurücken. (In der Verlautbarung aus dem Hauptquartier des AKW machte Journalist Franke etwas später bekannt, die Kundgebung sei um 15.15 Uhr (!) freiwillig (!) abgebrochen worden, und erst danach hätte die Staats-Gewalt sich der ungenehmigt Demonstrierenden angenommen.)
Nachdem es einige Minuten anders aussah, hielt die Polizei ein und blieb, ohne weiter Reizgas anzuwenden, stehen.
Die Teilnehmer der Kundgebung gingen, wie von den Leitern der Kundgebung empfohlen, langsam auf Brokdorf zurück. Es waren sehr viele dabei, deren Gesicht die Behandlung mit Reizgas erkennen liess. Wenn Franke u.a. angegeben haben, dass etwa 10.000 den Platz der Kundgebung erreichen konnten, dann haben
an der SO-Ecke des Parkplatzes nach meiner Schätzung rd. 2.000 Reizgasverletzungen erlitten, darunter auch Kinder (deren Eltern so unvorsichtig waren, polizeistaatliche Massnahmen bei einer solchen Demonstration auszuschliessen).
Zurück in den Bussen wurden wir zwischen 17.00 und 18.30 Uhr aus einem Kilometer Entfernung noch Zeugen einer Endlösung, die nach unseren gerade gesammelten Erfahrungen schlimm gewesen sein muss. Sie wird überwiegend die von der genehmigten Veranstaltung durch Strassensperren abgehaltenen Bürger betroffen haben, die deshalb später eintrafen: Unaufhörlich stiegen weitere Reizgasnebel hoch. Reizgaspatronen wie auch immer abgeschossen - zischten in Spiralen durch die Luft. Die Wasserwerfer waren im pausenlosen Einsatz und am Himmel paradierten die Chopper...
Nachdem wir nach Tschernobyl erst einmal eine Woche ,,zum Luft holen" brauchten, haben wir uns - das Zeitungsmachen hinten anstellend - in den Strudel der Aktionsdiskussionen und -Planungen geworfen.
Nach einer ,,Entsorgungsaktion" mit verseuchtem Gemüse am Hamburger Rathaus im Rahmen der Demo am 13. Mai luden wir im gewaltfreien Spektrum zu einem Beratungstreffen zur Brokdorfdemo ein. Wie alle standen auch wir vor dem Problem kaum vorhandener Strukturen (sprich Gruppen) und der geringen Mobilisierungszeit bis zum 7.6. . Für die Brokdorfdemo formulierten wir als Ziel, Massenprotest und Widerstandshandlungen miteinander zu verbinden, wobei letzteres gerade dadurch eine neue Qualität bekommen sollte, dass sie breiter als bisher politisch getragen werden.
Konkret schlugen wir auf der Hamburger Brokdorfberatungskonferenz zwei Aktionen vor:
Alte Kontakte in die Wilstermarsch wurden wieder angeknüpft, Busse, Schlafplätze und Essensversorgung mussten organisiert werden. Überregional wurden Anlaufstellen in verschiedenen Städten zusammentelefoniert, Aktionsvorbereitungen und -trainings durchgeführt, hinzu kam das ,,Übliche", wie die Organisation von Pressearbeit, Sanitätern und Rechtsanwälten.
Am Donnerstag, 5. Juni morgens, ging es dann los, mit erheblich weniger Leuten als von uns geplant und erhofft: Etwa 35 Blockierer sammelten sich zum Blockadebeginn 5 vor 12 mittags am Eingangstor des AKW-Geländes.
Die Bedingungen für eine erfolgreiche Blockade waren eigentlich ausgesprochen schlecht. Zu der geringen Teilnehmerzahl (am Freitag wurden wir 70) kam das nasskalte Wetter. Ausserdem öffnete die Polizei das zweite Tor am Deich und liess den Verkehr flexibel je nach ..Kräfteverhältnissen" mal hier, mal dort längs
fahren. Um so erstaunlicher, dass es uns immer wieder gelang, Tiefpunkte von Sinnlosigkeit und Ohnmacht zu überwinden und als aktiver Störfaktor in den umfangreichen Bauverkehr einzugreifen. Niemand kann mehr erzählen, wie oft er oder sie von der Polizei weggetragen werden musste. Es war oft eine Gratwanderung, dass die Blockade nicht zum blossen Ritual und zur Mahnwache wurde, was wir durch Hartnäckigkeit und aktives, flexibles Herangehen zu vermeiden versuchten. Besonders hervorzuheben sind die Nachtblockaden gegen den auch nachts stattfindenden meist Polizeiverkehr. Einzelne aus der Wilster Marsch besuchten uns Blockierer und überhäuften uns mit Tee, Kaffee, Schmalzbroten und Schokolade.
Begleitet wurde die Blockade mit einer für unsere Verhältnisse einmalig guten Pressearbeit. Die Öffentlichkeit im Vorfeld der Demo gab auch der Blockade einen gewissen Schutz vor Polizeiübergriffen. Mit dem Näherkommen des Demotermins wurde aber auch die Polizei nervöser und härter (ruppigeres Räumen, über 20 Leute wurden mehrere Stunden festgenommen).
Zur Demo hin konzentrierte sich die Blockade zunehmend gegen den gewaltigen Polizeiaufmarsch, der auf das Gelände gebracht wurde. Auch als am Samstag Mittag die Polizei mit Wasserwerfern am Deich aus dem Gelände herausrückte, waren es die Blockierer, die sich dort davor setzten, um das Vorrücken der Polizei zu stoppen. Dies gelang wegen der geringen Beteiligung nur eine begrenzte Zeit und die Polizei begann, von dieser Seite aus die Demo auseinanderzutreiben, womit die Situation gewaltsam eskalierte. Notwendig wäre es unserer Meinung nach gewesen, dass sich mehr Menschen auf einen offensiven und gewaltfreien Schutz der Demo vorbereiten. Hätten sich die Tausenden, die zu dem Zeitpunkt bereits am Gelände waren, mit an der Blockade des vorrückenden Wasserwerfers beteiligt, dann hätte eine reale Chance bestanden, die Situation vor Ort und politisch erst recht zu unseren Gunsten zu entscheiden.
Ergebnis unserer Auswertung ist, dass unsere Fähigkeit zur Kommunikation und Entscheidung während der Aktion der Grösse der Gruppe gerade angemessen war, es aber bei mehr Teilnehmern sicherlich erhebliche Probleme gegeben hätte. Die Konsequenz ist, dass die meisten der Blockierer weiterarbeiten wollen, um zukünftige Aktionen besser vorbereitet durchführen zu können. Bisher vier Bezugsgruppen haben sich als Netzwerk Gewaltfreier Aktionsgruppen zusammengeschlossen. Darüber hinaus soll die Zusammenarbeit mit anderen Initiativen gefestigt werden. Ein erster Schritt ist die Initiierung eines Anti-AKW-Plenums in Zusammenarbeit mit den Wendlandgruppen. Notwendig finden wir auch, dass AKW-lnis und Friedensinis zusammenkommen und die Chance genutzt wird, eine jeweilige Ein-Punkt-Borniertheit zu überwinden.
Und wie geht es weiter?
In der Diskussion sind bisher bei uns folgende Vorschläge:
- regelmässige Aktionstage in Hamburg mit Besuchen, Blockaden, Besetzungen bei Firmen, Betreibern und politischen Stellen,
- Strobo- und Giro-blau-Kampagnen, - Grossaktion zum Herbst mit Blockade einer oder mehrerer AKW-Standorte (Stade). Wichtig finden wir, dass die verschiedenen Aktionen und Ansätze nicht getrennt nebeneinander stehen, sondern in einer Kampagne gegen das Energieversorgungssystem (AKWs und Waldsterben) sich gegenseitig ergänzen und stärken.
Kontakt: Redaktion Graswurzelrevolution, Nernstweg 32, 2000 Hamburg 50, Tel.: 040/390 92 22
J.St.