Polizeischutz für »Edelweiße«
Neues Deutschland vom 17.5. 2005
Im Mittenwald versammelten sich Gebirgsjäger zum alljährlichen Ritual Von Ulrich Sander Beim Treffen der »Edelweißen« im bayerischen Mittenwald war in die Ehrung der Gefallenen auch die Würdigung von Kriegsverbrechern inbegriffen. Gebirgsjäger der Wehrmacht und der SS hatten in Südeuropa wie auch im Osten gewütet. Gegen die bayerische Gebirgsjäger-Romantik sammelte sich erneut Widerstand.
Das war sicher der ungewöhnlichste Gottesdienst, den der Theologe Heinrich Fink je feierte. Gemeinsam mit zwei Pfarrerkollegen von einem Lastwagen herunter zu predigen zu Leuten, die sehr selten oder nie in die Kirche kommen, um dann noch von einem Trupp schwarz uniformierter Polizisten unterbrochen zu werden. Die suchten einen »Kirchgänger«, erwischten ihn kurz vor Erreichen des Gottesdienstes auf dem Obermarkt im oberbayrischen Mittenwald. Man nahm ihn fest. Manch Teilnehmer wischte sich Tränen der Wut und Trauer aus dem Auge und andere, auch der VVN-Vorsitzende Heinrich Fink, schlossen die Hand zur erhobenen Faust.
Der festgenommene Junge gehörte zu den 115 vorläufig von einem gewaltigen Polizeitrupp in Gewahrsam genommenen Antifaschisten, die am Rande des Kameradenkreistreffens der völkisch-nationalistischen Gebirgstruppe am Pfingstsonntag gezählt wurden. Unter Bruch des Grundgesetzes war den Militaristen - unter ihnen ehemalige Wehrmachtsangehörige und mutmaßliche Kriegsverbrecher aus den berüchtigten Edelweiß-Gebirgsdivisionen - jede Versammlungsfreiheit an ihrem Denkmal auf dem Hohen Brendten gegeben worden. Rund 500 zumeist jugendlichen Protestierern und Anhängern von VVN-BdA und Arbeitskreis Angreifbare Traditionspflege waren dagegen Möglichkeit genommen, in der Nähe des Ortes eine Gegenkundgebung zu veranstalten. In seinem Heimatort Wolfratshausen war Ministerpräsident Stoiber am Tag zuvor ein Brief mit der Aufforderung zugeleitet worden, endlich aus dem Kameradenkreis der Gebirgsjäger auszutreten und die Förderung der Veteranen zu beenden, die im so genannten Dritten Reich auch an Judendeportationen mitgewirkt haben.