Proteste gegen deutsche Veteranen

Kurier.at vom 15.5.2005

Nach Überzeugung der Demonstranten waren Gebirgsjäger an Kriegsverbrechen beteiligt. Mehrere hundert Polizeibeamte waren im Einsatz, um Ausschreitungen während des Pfingsttreffens zu verhindern.

Mittenwald/Berlin - Nach Protesten gegen das Pfingsttreffen der Gebirgsjäger-Veteranen im bayerischen Mittenwald sind am Sonntag rund 115 Demonstranten in Gewahrsam genommen worden. Die Polizei sprach dennoch von einem "weitgehend störungsfreien Verlauf" aller Veranstaltungen.

Traditioneller Pfingstgottesdienst

Zu dem traditionellen Pfingstgottesdienst des Kameradenkreises der Gebirgstruppe auf dem Hohen Brendten kamen rund 700 Menschen, um der im Zweiten Weltkrieg gefallenen Soldaten zu gedenken. Nach Überzeugung der Demonstranten waren Gebirgsjäger an Kriegsverbrechen beteiligt. Mehrere hundert Polizeibeamte waren im Einsatz, um Ausschreitungen zu verhindern.

Rund 80 Demonstranten blockierten am Sonntag kurzzeitig die Zufahrt nach Mittenwald, wie ein Polizeisprecher berichtete. Weitere 35 versuchten, zum Hohen Brendten zu gelangen, wurden aber von der Polizei zurückgewiesen. Alle wurden bis zum Ende der Gedenkveranstaltung für etwa eineinhalb Stunden in Gewahrsam genommen. Vier Demonstranten wurden festgenommen, unter anderem wegen Sachbeschädigung und Verstößen gegen das Versammlungsgesetz.

Die Gebirgsjäger-Veteranen trafen sich dieses Jahr zum 48. Mal. Zu früheren Treffen waren deutlich mehr Mitglieder angereist. Seit Beginn der Proteste 2002 ging die Zahl deutlich zurück.

Regierungskonflikt um NS-Aufarbeitung

In der deutschen Regierung gibt es laut ARD einen offenen Konflikt über die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit der Bundesministerien. Während Außenminister Joschka Fischer und Verbraucherschutzministerin Renate Künast (beide Grüne) für ihre Ressorts Historikerkommissionen einsetzten, lehne Innenminister Otto Schily (SPD) dies für die Bundesregierung insgesamt ab, meldet die Sendung "Bericht aus Berlin" am Sonntag.

Weil es keine Kontinuität zwischen der nationalsozialistischen Reichsregierung und der demokratisch gewählten Bundesregierung gebe, hätten die "Bundesministerien keine nationalsozialistische Vergangenheit, die der Aufarbeitung bedarf", zitiert das Magazin aus einer Antwort Schilys auf eine Kleine Anfrage des FDP-Abgeordneten Volker Wissing. Der Antwortbrief sei gegen den Widerstand Fischers herausgegeben worden. Wissing warf Schily in der ARD vor, einen Schlussstrich bei der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit ziehen zu wollen.

Artikel vom 15.05.2005 |apa, dpa, reuters |hp