"Stoiber, lass` es endlich sein, im Kameradenkreis zu sein"
Protestkundgebungen in Wolfratshausen und Buchberg
Garmisch-Patenkirchener Tageblatt vom 14.5. 2005
VON VERONIKA WENZEL Geretsried/Wolfratshausen - "Mörder unterm Edelweiß, wir machen Euch die Hölle heiß": Sprüche wie diese skandierten gestern Mittag rund 80 Demonstranten, als sie durch Wolfratshausen zogen - streng bewacht von deutlich mehr Polizisten. Die Demo war der Auftakt der Proteste gegen das Pfingsttreffen des "Kameradenkreises der Gebirgstruppe" in Mittenwald. Am Wohnort des Ministerpräsidenten gab es die Kundgebung, um Edmund Stoiber zum Austritt aus dem Kameradenkreis aufzufordern.
Für 10 Uhr ist der Auftakt am Todesmarsch-Mahnmal in Buchberg geplant - allein es fehlen die Demonstranten. Die sind nach dem Aufbruch aus dem "Wiederentwaffnungscamp" am Pfadiheim mit ihrem Bus an der Geretsrieder Blumenstraße gestoppt worden. Die Polizisten durchsuchen Gepäck, tasten Demonstranten ab. Transparente und Plakate werden entrollt, die Inhalte überprüft, einige beschlagnahmt, "weil das Impressum fehlt", erklärt Klaus Schürgers, Pressesprecher der Weilheimer Polizeidirektion. Auch an anderen Stellen kontrolliert die Polizei: An der B 11-Einfahrt am Rathaus winken Beamte Kastenwagen und Kleinbusse an die Seite.
Am Mahnmal warten die wenigen, die mit Privatautos gekommen sind, unterdessen immer noch auf den Rest der Gruppe. "Habt Ihr nichts zu tun?", schreit ein älterer Radfahrer die Wartenden an. Um 11.20 Uhr kommt der Bus - er trägt die Aufschrift "Stunksitzung" und einen roten Stern. "Schön, dass Euch die bayerische Polizei doch noch zum Mahnmal gelassen hat", begrüßt Stephan Stracke vom Arbeitskreis "Angreifbare Traditionspflege" die Ankommenden. In seiner kurzen Rede geht es um die Geschichte des Mahnmals und den Dachauer Todesmarsch. Viele der Zuhörer legen Blumen nieder, bevor der Bus zum Wolfratshauser Bahnhof fährt.
Dort klärt Stracke mit den Polizisten Formalitäten, beispielsweise wo für die Beamten Vermummung anfängt. "Ihr dürft Mützen und Sonnenbrillen tragen, aber keine Kapuzenpullis", teilt Stracke per Megafon mit. Dann marschieren die Demonstranten los, immer entlang der Sperrzone, die das Landratsamt um Stoibers Haus festgesetzt hat. An den Zufahrtswegen stehen Absperrgitter, dahinter Polizisten. "Stoiber, lass` es endlich sein, im Kameradenkreis zu sein", schreien die Demonstranten. Stoibers Austritt verlangt Stracke auch bei der Kundgebung am Reiser-Eck: "Wir fordern: Keine weitere Unterstützung dieser Selbsthilfegruppe der Kriegsverbrecher."
Polizei nimmt Resolution entgegen
Ralph Klein erinnert an das Geschehen im März 1944, als Athener Juden nach Dachau und Auschwitz deportiert worden seien. Das Polizei-Gebirgsjägerregiment 18 habe damals Teile der Wachmannschaft gestellt, so Klein. Dann übergibt er eine Resolution, in der Stoibers Austritt aus dem Kameradenkreis gefordert wird. Weil die Demonstranten nicht zum Haus des CSU-Chefs dürfen, nimmt Werner Resenberger von der Wolfratshauser Polizei das Schriftstück entgegen. "Aber nicht, dass Sie das einstecken", meint Klein. Nein, verspricht Resenberger, das komme in Stoibers Post. Damit es keine Probleme gibt, klebt Klein schnell eine Briefmarke auf. Einen Zwischenstopp legt der Zug noch am Rathaus ein, dann bricht die Gruppe nach Garmisch und Mittenwald auf, wo es am Wochenende zahlreiche Protestaktionen geben wird.