Hearing zu den Kriegsverbrechen der Gebirgsjäger und den Entschädigungsforderungen der Opfer
7.Juni 2003 Hearing in Mittenwald ab 9.30-18.00 im Veranstaltungssaal des TSV,Obermarkt 54a Seit 1952 treffen sich jährlich zu Pfingsten ehemalige Gebirgsjäger der Wehrmacht. Das Treffen findet seit vielen Jahren am Hohen Brendten in Mittenwald statt. Dort organisiert der "Kameradenkreis der Gebirgstruppe", ein Zusammenschluss von Wehrmachtsveteranen und Bundeswehrsoldaten, jeden Pfingstsonntag eine Gedenkfeier mit Militärgottesdienst für die im Zweiten Weltkrieg gefallenen Gebirgsjäger.
Das Mittenwalder Treffen mit bis zu 5000 Teilnehmern ist das größte Treffen deutscher Wehrmachts-Veteranen. Die in Mittenwald zelebrierte Traditionspflege steht im Widerspruch zu den von Historikern nachgewiesenen Kriegsverbrechen. Auf ihren Veranstaltungen und in ihren Publikationen werden die Kriegsverbrechen teilweise offensiv geleugnet und über die Opfer der Gebirgsdivisionen fällt kein Wort.
Als es ab 1968 Ermittlungsverfahren wegen Kriegsverbrechen gegen ehemalige Angehörige der Gebirgstruppen gab, nutzten die Betroffenen die Pfingsttreffen, um ihre Aussagen und ihre Verteidigungsstrategie untereinander abzusprechen. Mit großem Erfolg. Nicht ein einziger Gebirgsjäger wurde von der deutschen Justiz zur Rechenschaft gezogen. Zu unrecht: Historiker konnten den Gebirgstruppen zahllose Massaker nachweisen.
Zu nennen sind u. a. Kephallonia (6.000 ermordete Kriegsgefangene), Kommeno (317 Frauen, Männer und Kinder), Lyngiades (80 Menschen), Skines (146 Männer und 2 Frauen), Camerino (98 ZivilistInnen) und viele mehr.
Pfingsten 2003 veranstalten der Arbeitskreis "Angreifbare Traditionspflege und die "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten" (VVN/BdA) am traditionellen Stationierungsort der 1. Gebirgsdivision in Mittenwald ein Hearing zu den Kriegsverbrechen der Gebirgsjäger und zu den Entschädigungsforderungen der Opfer. Dabei steht Griechenland im Mittelpunkt. Die Referenten sprechen zu folgenden Themen:
- Verbrechen der Gebirgsjäger in Griechenland (zugesagt: Prof. Schminck-Gustavus, Universität Bremen / zugesagt Amos Pampaloni, Florenz, Überlebender von Kephallonia) / Christina Dimou: Überlebende von Kommeno
- Traditionsverständnis der Bundeswehr (AK Angreifbare Traditionspflege)
- Entschädigungsforderungen griechischer NS-Opfer (zugesagt: Aristomenis Sigelakis, Nationalrat für die Entschädigungsforderungen Griechenlands gegenüber Deutschland, Athen / und Argyris N. Sfountouris, Überlebender von Distomo, Schriftsteller, Zürich/Athen.)
- Juristische (Nicht-)Verfolgung der Täter (angefragt: Beate Klarsfeld, Paris / zugesagt: Prof. Dr. Ludwig Elm, Jena, Thema: "Geiselnahme und -tötung war rechtens, Juristische Aufarbeitung der Wehrmachtsverbrechen),
- Soldat und Kriegsverbrechen: Möglichkeiten individuellen Verhaltens (zugesagt: Ludwig Baumann, Vorsitzender der Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz, und Peter Gingold, Auschwitz-Komitee und VVN-BdA)
Die Moderation übernimmt Karola Fings , Historikerin aus Köln.
Das Hearing soll
- Die Entschädigungsforderungen griechischer NS-Opfer gegenüber der Bundesrepublik Deutschland einer breiteren Öffentlichkeit bekannt machen und sie wirksam unterstützen,
- einen Beitrag zur Wiederaufnahme von Ermittlungsverfahren gegen Gebirgsjäger der Wehrmacht wegen Kriegsverbrechen leisten und
- die Öffentlichkeit über das problematische Traditionsverständnis deutscher Soldaten informieren und eine gesellschaftliche Debatte dazu anregen.