Polizei greift Solidaritäts-Demo an!
Göttingen. Nach den bundesweiten Hausdurchsuchungen gegen den organisierten Antifaschismus (siehe Artikel auf Seite 2) demonstrierten am 16. Mai ´98 über 300 Menschen unter dem Motto "Staatsterrorismus stoppen – Antifaschistisch kämpfen!" ihre Solidarität mit den kriminalisierten Passauer Antifaschistinnen und Antifaschisten.
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Erwartungsgemäß „begleitete" ein massives Polizeiaufgebot die Demonstration von Beginn an, hielt sich aber in der vollen Innenstadt mit weiteren Provokationen zurück. Erst am Leinekanal fand dann der inzwischen wohl übliche Angriff auf die Demo statt. Greiftrupps der berüchtigten Göttinger Bereitschaftspolizei stürmten ohne erkennbaren Grund in den Jugendblock, schlugen wahllos auf die SchülerInnen ein und nahmen einen 15jährigen fest. Der Einsatz hatte mindestens 8 Verletzte, drei davon schwerer, zur Folge. Später wurde bekannt, daß dem Festgenommenen "Vermummung" bei einer Spontandemo anläßlich des Mackenrode-Prozesses vorgeworfen wird. Auf der Wache wurden ihm pralle Fotomappen von BesucherInnen des Prozesses vorgelegt, auf denen er sich identifizieren sollte. Es kann mit Spannung erwartet werden, ob diese Fotomappen später genau wie im Mackenrode-Verfahren wieder irgendwelchen Faschisten vorgelegt werden.
Der erneute Angriff auf eine antifaschistische Demonstration wird diesmal allerdings juristische Folgen für die Polizei haben, denn mit dem typischen Fingerspitzengefühl der Göttinger Prügelgarde wurde auch der Demo-Anmelder und PDS-Ratsherr Patrick Humke niedergestreckt. Humke verbrachte zwei Tage im Krankenhaus und hat den Bereitschaftspolizisten Blume bereits wegen Körperverletzung angezeigt. Daß die Polizei daraufhin sofort Gegenanzeige stellt, ist normal. Wenn das Verfahren gegen Blume eingestellt würde, wäre das auch normal. Nicht normal ist allerdings das öffentliche Interesse, daß durch Humkes politische Position entstanden ist. Verstärkt werden dürfte dieses Interesse noch durch Informationen, die der Autonomen Antifa (M) zugespielt wurden: Demnach soll die Einsatzleitung die knüppelnden Beamten nämlich mehrfach über Funk zum Rückzug aufgefordert haben. Sollte sich diese Tatsache beweisen lassen, würde erneut öffentlich werden, daß die Bereitschaftspolizei nicht unter Kontrolle zu kriegen ist. Seit ihrer Stationierung in Göttingen fallen die "Beppos" immer wieder durch Knüppeleinsätze, CS-Gas-Sprühereien u.ä. auf, immer wieder hat das auch Verletzte zur Folge. Auf öffentlicher Ebene kann daher die Forderung nur lauten: Bereitschaftspolizei raus aus Göttingen!
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Es ist notwendig zu berücksichtigen, daß das politische Kräfteverhältnis ein anderes ist, als am 16. Juli 1994, als die Hausdurchsuchungen gegen die Autonome Antifa (M) mit einer militanten Demonstration beantwortet wurden. Auf dieses Kräfteverhältnis gilt es daher Einfluß zu nehmen, die Stimmung in der Stadt muß wieder mehr von links geprägt werden. Dazu gehört auch die Erkenntnis, daß man sich wehren muß, um nicht unterzugehen. Auf welcher Ebene dies geschieht ist zwar auch abhängig von der eigenen Situation, aber kann und sollte immer auch selbstbestimmt sein.