AND THE WINNER IS...

Leipzig. Für den 1. Mai `98 mobilisierten JN und NPD zu einer Großveranstaltung nach Leipzig. 10 bis 15.000 Faschos sollten nach der Auftaktkundgebung am Völkerschlachtsdenkmal durch Leipzig marschieren. Dieser Aufmarsch wäre damit angestreben Großaktion der Nazis am 1. Mai und zum grössten Aufmarsch seit Jahrzehnten mutiert. Am Stichtag schafften es aber "nur" etwa 4.000 Nazis zum Völkerschlachtsdenkmal. Die anvisierte Teilnehmerzahl wurde also bei weitem nicht erreicht. Daß die medienwirksam hochgegriffene Zahl von 15.000 Nazis in Leipzig sich letztendlich als unrealistisch herausstellte, war auch den Initiatoren des braunen Aufmarsches klar, die die erwartete Teilnehmerzahl einen Tag vor dem Großereignis auf 6.000 herunterkorrigierten. Selbst in Antifakreisen wurde vom Schlimmsten ausgegangen. Dieses macht deutlich wie tief allen die Verunsicherung über die jüngsten rechten Erfolge in Mark und Knochen gefahren ist. Die Befürchtungen nach echter Massenwirksamkeit der Nazis auf der Straße macht außerdem deutlich, was ihnen in Zukunft noch zugetraut wird und entpuppt sich so indirekt zu einer realistischen Prophezeiung des zu Erwartenden.

Der Aufmarsch der Nazis blieb bis zum 30. April verboten. Dennoch haben es JN und NPD geschafft 4.000 Nazis zum Kundgebungsort zu mobilisieren. Man kann also bei einer isolierten Betrachtung der Naziaktivitäten an diesem Tag nur zu dem Schluß kommen, daß sie ihre Ziele nicht erreichen konnten. Summa summarum wurden ja aus 15.000 Teilnehmern 4.000, und aus dem Aufmarsch nur eine Kundgebung. Eine Einschätzung der antifaschistischen Mobilisierung erweist sich als schwierig, da es keine zentrale Aktion gab, die eine Konzentration der Kräfte ermöglicht hätte. Dennoch kann mit einiger Sicherheit von einer antifaschistischen Übermacht ausgegangen werden. Explizit erwähnt werden muß dabei auch, daß die Mobilisierung nach Leipzig zu keinem Einbruch bei anderen autonomen 1. Mai-Demonstrationen (z.B. in Nürnberg oder Berlin) geführt hat. Durch das dezentrale Konzept ist es gelungen, der Polizei den Überblick zu erschweren.

Somit konnten mit den Bullen militante Auseinandersetzungen eingegangen werden, die die Gegenaktionen autonomer AntifaschistInnen erst wahrnehmbar und glaubwürdig gemacht haben. Dadurch und durch die erfolgreichen kleineren Angriffe auf Nazis wurde klargestellt, wer wirklich konsequent gegen die Faschisten vorgeht.

Die Kundgebung der Nazis wurde durch die militanten Auseinandersetzungen von AntifaschistInnen mit der die Nazis schützenden Polizei überschattet. Das fast utopische Ziel den Aufmarsch bzw. die Kundgebung gegen den Willen von 4.000 Faschos und 6.000 Bullen zu verhindern, wurde nicht erreicht. Jedoch war es möglich den durch diese Veranstaltung erhofften Erfolg der NPD, ein Aufbruchssignal im Osten ertönen zu lassen, auf ein Minimum zu reduzieren.

Durch die militanten Auseinandersetzungen wurden von den Antifas Impulse gesetzt, die sich durch die Ausschreitungen am Abend des 1. Mai in Berlin wechselseitig multipliziert haben. Und diese Impulse können nur als positive Impulse bewertet werden, da sie den radikalen Widerspruch zu den bestehenden Verhältnissen beinhalten, der sich impulsiv entlädt. Auch hier scheint der 1. Mai ein Erfolg gewesen zu sein.

Als dritter Teilnehmer des 1. Mai in Leipzig hatten sich 30 bis 40 000 "aufrechte Demokraten" ins Gespräch gebracht. Sie wollten weit ab vom braunen Spektakel "Courage" zeigen. Zur DGB-Demonstration, als größte bürgerliche "Gegenaktion" kamen 800 "Aufrechte". Auch die 50.000 Gewerkschafter, die der DGB an diesem Tag in der gesamten Republik mobilisiert haben wollte, sind scheinbar nicht gegen reaktionäre Politik oder Rechts, sondern für die SPD und Arbeitsplätze, also für eine sozialverträgliche und zugleich nationalistische Standortpolitik auf die Straße gegangen.Von einer erfolgreichen Teilnahme kann also keine Rede sein. Übrig bleibt vielmehr eine bittere Schlappe.

Analysiert man NPD und antifaschistische Gegenmobilisierung auf Erfolg und Mißerfolg so bleibt auch nach objektivem Vergleich der Erfolg der Antifas stehen, die sich hervorstechend in Szene setzen und die Anstrengungen der Nazis erfolgreich überschatten konnten.

[-][!] [+]