Faschistische
Organisierung in Schleswig-Holstein schreitet
voran
24. Mai 1997: Begleitet von starken Polizeikräften
demonstrieren 150 FaschistInnen durch die Innenstadt von Bad
Segeberg. Ungestört können sie dort eine
ursprünglich für Plön angekündigte
Kundgebung durchführen. Einzelne Polizisten, die
angesichts der Uniformierung und der von den Nazis gehaltenen
Reden auf eine Auflösung der Veranstaltung drängen,
werden von der Einsatzleitung abgewiesen. Die Nazi-Demo in
Bad Segeberg war die bisher letzte Veranstaltung in einer
immer dichter folgenden Reihe von Treffen und Aktionen
faschistischer Organisationen in Schleswig-Holstein in den
letzten zwölf Monaten. Entschlossenes Auftreten von
AntifaschistInnen blieb bisher aus. Die Kenntnis der
Strukturen und der taktischen Orientierung des Feindes sind
eine Voraussetzung, um dies zu ändern. Der folgende Text
will hierzu einen Beitrag leisten.
Das Verbot einiger neonazistischer Gruppen, wie z.B. der
Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei (FAP), der Nationalen
Liste (NL), der Wiking-Jugend (WJ) oder der Nationalistischen
Front (NF), zwischen Ende 1992 und Anfang 1995 hat die
Aktions- und Organisationsformen der Nazi-Szene deutlich
verändert. Zwar waren zunächst die Rekrutierungs-
und Mobilisierungsmöglichkeiten eingeschränkt, auch
die Zahl öffentlichkeitswirksamer Aktionen ging
zurück - aber einen dauerhaften Eingriff in die
Nazistrukturen stellten diese Verbote nicht dar. Die
Infrastruktur der Gruppen blieb unangetastet, die Geldmittel
waren rechtzeitig beiseite geschafft worden, und eine
wirksame Einschränkung der Aktivitäten der Kader
und Mitglieder dieser Gruppen (u.a. durch
Veröffentlichung ihrer Namen) blieb aus. Die mit den
ersten Verboten einsetzende Diskussion über geeignete
zukünftige Organisationsformen führte zur
Herausbildung zweier Strömungen:
- Ein Teil der Nazi-Szene begann mit dem Aufbau oder der
Unterstützung sog. „unabhängiger
Kameradschaften”. In diesen sammeln sich Nazis meist
ohne formale Mitgliedschaft auf dezentraler Basis; die
bundesweite Zusammenarbeit wird gesteuert über eine
Kaderstruktur regional anerkannter
Führungspersonen.
- Ein anderer Teil wechselte zu den Jungen
Nationaldemokraten (JN), der Jugendorganisation der NPD,
die an der Notwendigkeit einer einheitlich geführten
und auftretenden bundesweiten Organisation festhielt.
Einige von ihnen, wie der Führungskader der verbotenen
NF, Steffen Hupka, erreichten dort schnell erheblichen
Einfluß.
- Diese beiden Strömungen arbeiten auf
vielfältige Weise bei Aktionen zusammen, wobei die
Beschaffung und intensive Nutzung moderner technischer
Hilfsmittel (Fax-Anschlüsse, Mobiltelefone, Mailboxen,
Info-Telefone, Internet) stark an Bedeutung zugenommen
haben.
Für Schleswig-Holstein und Hamburg
läßt sich die Veränderung nach den Verboten
der FAP und der NL am 24. Februar 1995 anhand einiger
markanter Entwicklungen und Aktionen nachvollziehen. Die
norddeutsche Bewegung Ein erster Ansatz für den Aufbau
neuer Strukturen im Raum Hamburg und Schleswig-Holstein nach
den Verboten war die sog. Norddeutsche Bewegung (NDB) unter
Leitung des ehemaligen FAP-Funktionärs Andre Goertz und
-z.T.- des damaligen Hamburger JN-Landesvorsitzenden Jan
Zobel. Ihr ordneten sich (ehemalige) Mitglieder der
verbotenen FAP, der Deutschen Liga für Volk und Heimat
(DLVH), der JN und NPD sowie organisationsunabhänige
Faschisten zu. Zur Verbreitung ihrer politischen
Vorstellungen und zur Mobilisierung für Aktionen nutzte
die NDB die „Nationalen Info-Telefone” in Hamburg
und Halstenbek (ehemalige FAP-Bundesgeschäftsstelle)
sowie die Zeitschrift Der Standard - Deutschlands einzige
Zeitung des progressiven Nationalismus. Der Untertitel
verwies auf den Ansatz der NDB, für den Neofaschismus in
der Bundesrepublik zentrale Themen wie Antisemitismus und
Auschwitzleugnung aus taktischen Gründen in der
Propaganda zurückzunehmen; stattdessen sollten
unverfängliche Themen bei der Agitation in den
Vordergrund gestellt werden. Entsprechend dieser Taktik
machte sich Goertz in einer Ansage des Nationalen
Info-Telefons über eine im dänischen Roskilde
organisierte Nazi-Demonstration zu Ehren des Verbrechers
Rudolf Heß lustig. Die JN-Zeitung Einheit und Kampf
zeigte auf ihrer Titelseite ein Foto des Nazimarsches mit der
Schlagzeile Faschingsumzug in Dänemark. In Einheit und
Kampf hatten Goertz und Zobel maßgeblichen
Einfluß gewonnen. Der Versuch der NDB-Spitze, ein
eigenständiges Profil mit dem sog. „progressiven
Nationalismus” zu entwickeln und dieses auch bei den
Nazis der Jungen Nationaldemokraten zu verankern,
verschärfte die Auseinandersetzungen in der
NPD-Jugendorganisation und führte Anfang 1997 zur
Auflösung der JN-Landesverbände in Hamburg und
Schleswig-Holstein durch die Parteiführung. In der
Anfang 1997 erschienenen Ausgabe von Einheit und Kampf
begründet der JN-Bundesvorsitzende Holger Apfel
Veränderungen in der Redaktion mit der Notwendigkeit,
die „Schreibtischtheorie” des „progressiven
Nationalismus” zurückzudrängen, und
kündigt an, die Zeitschrift wieder „zu einem
Sprachrohr des gesamten nationalen Widerstandes” zu
machen. Hierfür findet er auch in großen Teilen
der Schleswig-Holsteiner JN Unterstützung. Jan Zobel
kündigte nach der Auflösung des Landesverbandes an,
die „progressiven Nationalisten” würden sich
neu orientieren, evtl. in Richtung FDP. Gegenwärtig ist
der Einfluß von Goertz und Zobel in der norddeutschen
Nazi-Szene stark zurückgegangen; in Nazi-Zeitungen wie
dem Bramfelder Sturm (s.u.) wird gar „Redeverbot
für ‘Türken-Goertz’” (Andre
Goertz ist mit einer türkischen Frau verheiratet)
gefordert. Faschisten üben Aktionseinheit Auch wenn das
Ziel, eine Norddeutsche Bewegung zu schaffen, nicht erreicht
wurde (und diese Aktivitäten selten unter dieser
Bezeichnung stattfanden, um nicht ein Verbot zu provozieren),
so hat dieses Projekt doch zur stärkeren Vernetzung von
Nazis in Hamburg und Schleswig-Holstein beigetragen. Hiervon
profitiert zur Zeit eine Sammlungsbewegung, die in den
letzten Monaten verschiedene Aktionen durchgeführt hat.
Sie tritt als lose Aktionseinheit auf, der sich verschiedene
Gruppen zuordnen:
- Bund für Gesamtdeutschland - diese Partei hat
ihren Hauptsitz in Duisburg. Ihr Agitationsschwerpunkt war
lange Zeit der Revanchismus. In der BGD-Zeitung Unsere
deutsche Heimat wurde zum Beispiel ausführlich
für die Aktion Eigentumssicherung Schlesien geworben.
Seit einiger Zeit entwickelt der BGD eine thematisch
umfassendere faschistische Propaganda und solidarisiert
sich mit bekannten Neonazis. In Schleswig-Holstein treten
u.a. Andreas Rothmann (Kiel) und Andre Schwelling für
den BGD auf.
- Freiheitlicher Volksblock - die Gruppe wurde von dem
ehemaligen Mitglied der verbotenen Nationalistischen Front
Thomas Scharf gegründet und hat ihren
Organisationsschwerpunkt in Süddeutschland. Die Gruppe
tritt uniformiert auf und hat eine eigene Frauengruppe. Um
Sven Lörchner in Eutin-Fissau sammelt sich eine
Nazi-Gruppe, die sich am FVB orientiert. In
Schleswig-Holstein ist der FVB erstmals massiv bei der
Nazi-Demonstration in Bad Segeberg am 24. Mai
aufgetreten.
- JN / NPD - die NPD und ihre Jugendorganisation traten
in den letzten Jahren in Schleswig-Holstein selten
eigenständig auf. Sie beteiligten sich allerdings z.b.
gemeinsam mit anderen Gruppierungen an einer Demonstration
zum Jahrestag des Todes von Rudolph Hess 1994 in
Kaltenkirchen. Massiv tauchte in der jüngeren
Vergangenheit Propagandamaterial der JN und der ihr
verbundenen Zeitung Einheit und Kampf in der Region
Flensburg auf. Inzwischen wird auch ein internes
Informationsblättchen herausgegeben. Der ehemalige
DVU/DLVH-Landtagsabgeordnete Ingo Stawitz trat Anfang
dieses Jahres in die NPD ein. Im Hintergrund waren
allerdings JN- und NPD-Mitglieder an fast allen
Naziaktivitäten in Schleswig-Holstein beteiligt. Dabei
nutzten sie zum Teil andere Organisationen, wie zum
Beispiel der JN-ler Andreas Rothmann den Bund für
Gesamtdeutschland.
- Deutsche Liga für Volk und Heimat - enge
Verbindungen der DLVH zur militanten Nazi-Szene
ließen sich bereits in der Zeit erkennen, als sie
noch Abgeordnete im schleswig-holsteinischen Landtag
stellte. An ihrem Landesparteitag Mitte September 1994 nahm
eine größere Gruppe Nazi-Skins teil; mit Blick
auf gemeinsame Aktionen gab es offizielle Gespräche
mit der neonazistischen Freiheitlichen Deutschen
Arbeiterpartei (FAP). Mit Philip Steinbek wurde ein
ehemaliger Ausbilder und Organisator bei
Wehrsportübungen Mitarbeiter der DLVH-Fraktion im
Landtag. Thomas Wulff (Spitzname „Steiner“)
trat dem Hamburger Landesverband bei. Letztes Jahr
entschloß sich die DLVH aufgrund der schlechten
Wahlergebnisse, ihren Parteienstatus abzulegen und sich in
einen Verein umzuwandeln. Wulff und Umfeld wandten sich
gegen diese Umwandlung zum Verein, weil damit die Vorteile
des Parteienstatus geopfert würden (z.B. Verbot nur
durch das Bundesverfassungsgericht).
- Patriotische Jugend - seit 1995 existiert in
Hamburg-Bramfeld eine neonazistische Gruppe namens
Patriotische Jugend (PJ). Sie besteht zumeist aus
ehemaligen Mitgliedern der verbotenen Nationalen Liste
(NL). Seit Oktober 1995 taucht die Patriotische Jugend als
Herausgeberin des Nazi-Skin- Magazins Bramfelder Sturm auf;
dieser wird seit Dezember 1994 von ehemaligen
NL-Mitgliedern um Thorsten Bärthel und André
Schweling herausgegeben. Die PJ vertreibt über eine
Postfachadresse in Henstedt-Ulzburg auch Propagandamaterial
und beteiligte sich an verschiedenen Nazidemonstrationen,
so am Rudolph-Hess-Gedenkmarsch in Schneverdingen 1995, an
der Demonstration am 1. Mai 1996 in Berlin und an den
letzten Demonstrationen in Schleswig-Holstein. André
Schwelling betätigte sich als Ordner bei der
Demonstration in Bad Segeberg. Für den Bramfelder
Sturm fungierte Rainer Krause zeitweise als presserechtlich
Verantwortlicher (Ausgabe Nr. 8). Seit Ausgabe Nr. 11
erscheint das Magazin unter dem Titel Hamburger Sturm. Die
Umbenennung wird folgendermaßen begründet:
„Doch inzwischen wird der BS weit über die
Grenzen Hamburgs hinaus im ganzen Reiche gelesen ...
.” Der Bramfelder/Hamburger Sturm enthält neben
Konzertberichten und ähnlichem regelmäßig
auch politische Berichte, in denen eine harte
Auseinandersetzung mit anderen Nazigruppen geführt
wird. Nachdem im dänischen Roskilde 1995 ein
versuchter internationaler Hessmarsch am Widerstand der
Bevölkerung gescheitert war - die Nazis wurden massiv
angegriffen und mußten fluchtartig die Stadt
verlassen - wurde die Aktion gegenüber Kritikern hart
verteidigt. Insbesondere jegliche Kritik an NS-Parolen und
ähnlichem wird scharf zurückgewiesen.
Gegenüber den Vertretern des „progressiven
Nationalismus“ wird extrem feindlich Stellung
bezogen, beispielsweise forderte ein Artikel den
später auch erfolgten Ausschluß Jan Zobels aus
der JN. Kritik wird aber auch an Veranstaltungen der
„traditionellen“ Nazigruppierungen formuliert.
Nach der Demonstration der NPD gegen die Ausstellung
„Verbrechen der Wehrmacht“ in München am
1. März dieses Jahres kritisierte der Hamburger Sturm
die Abreisse der Busse als „übereilt“ und
„panisch“. Es wird empfohlen, Ordnerdienst und
ähnliches in Zukunft von „erfahrenen“
Kameraden übernehmen zu lassen und offensiv gegen
Antifaschisten vorzugehen. Kritisiert wird, daß nicht
versucht wurde, die Demonstration mit Gewalt auf den
Münchner Marienplatz zu führen. Über die
eigentliche Kritik hinaus, liegt hierin ein weiteres
Angebot zur überorganisatorischen Zusammenarbeit.
Führende Nazi-Kader aus diesen
Gruppen treten zugleich örtlich mit eigenen
faschistischen Gruppen in die Öffentlichkeit. Insgesamt
präsentiert sich die schleswig-holsteinische Naziszene
zur Zeit als eng verwobene Gemeinschaft verschiedener lokaler
Gruppen, Kameradschaften, Bündnisse und
Parteimitglieder, die kontinuierlich zusammenarbeiten.
- In Henstedt-Ulzburg wurde anläßlich des sog.
Volkstrauertages am 17. November 1996 im Namen des BGD von
Nazis ein Trauerkranz auf dem Henstedter Friedhof
niedergelegt. Personelle Überschneidungen bestehen
hier zur DLVH und zur Patriotischen Jugend.
- In Bad Segeberg wurde nach der Entlassung von Bernd
Tödter aus dem Knast, wo er wegen Mordes einsaß,
ein Freundeskreis nationaler Aktivisten / Kameradschaft
Nordmark gegründet. Über diesen werden
Wehrsportaktivitäten organisiert. Die
„Kameradschaft Nordmark” trat bei der
Demonstration am 24. Mai 1997 mit eigenen Transparenten
auf.
- In Flensburg gibt es eine Nazi-Gruppe mit guten
Kontakten zur JN. Als “Bürgerinitiative gegen
Gewalt und Drogen!” tritt sie unter Führung von
Tim Kirschner u.a. mit Flugblättern gegen das
alternative Wohnprojekt Hafermarkt auf und fordert
„Weg mit dem Projekt Hafermarkt” - keine
städtischen Gelder” und „Verbot des
aggressiven Bettelns“. Kirschner hat u.a. die
Teilnahme Flensburger Nazis an der geplanten bundesweiten
NPD-Demo in Leipzig am 1. Mai 1997 koordiniert.
- Im Raum Rendsburg sammeln sich junge Faschisten in der
Jugendinitiative Kreis Rendsburg-Eckernförde (vgl.
Beitrag in diesem Heft).
Mitglieder und Mitläufer dieser
Gruppen treffen sich bei Aktionen, Veranstaltungen oder
Konzerten, knüpfen neue Verbindungen, festigen
bestehende Kontakte und verabreden Aktionen und weitere
Treffen. Im vorpommerschen Klein Bünzow fanden 1996
alleine zehn Konzerte mit Nazi-Bands statt. Die Elmshorner
Nazi-Band Kraftschlag spielte dort ebenso wie bei einem
Konzert in Göteborg am 24. Juni 1995. Von den 1000
Besuchern kamen etwa 300 aus der Bundesrepublik. Kai
Stüwe aus Reinfeld war mit seiner Nazi-Band Freikorps
u.a. auf USA-Tournee und ist Leiter der Hammerskins in
Schleswig-Holstein. Die Hammer-skins verstehen sich als
„Elite” der Skinbewegung und als
„Vorkämpfer der weißen Rasse”. Die
Nazi-Szene verfügt über eine umfassende
Infrastruktur inner- und außerhalb Schleswig-Holsteins.
In Neumünster-Gadeland treffen sich
regelmäßig Nazis im Club 88 (8 = 8. Buchstabe im
Alphabet, so daß 88 für H.H. = Heil Hitler steht),
für dessen Betrieb Christiane Dolscheid eine Konzession
erhalten hat. Klamotten, CDs mit Nazi-Musik oder -Schriften
können in Läden wie dem Buy or Die-Shop in
Hamburg-Lohbrügge oder im Piccadilly-Shop (Kiel)
erworben oder bei Versandhandeln bestellt werden. In
Böklund betreibt Sven Grade den Vertrieb Leserland Nord,
in Burg/ Dithmarschen gibt es Bücher beim Buchdienst
Nord (Tim Schatowitz) usw. usf. Regelmäßig finden
auch Fußballturniere statt, wo sich Naziskins aus dem
gesamten norddeutschen Raum (Tostedt, Neumünster,
Bremen, Hamburg) einfinden. Nazis im Saal und auf der
Straße... Mit dem Ziel, die Nazi-Szene in
Schleswig-Holstein politisch zu orientieren, zu einen und
aktionsfähig zu machen, fanden in den letzten Monaten
eine Reihe von Veranstaltungen bzw. Aktionen statt:
- September 1996: In Hartenholm (Kreis Segeberg) finden
sich über 100 FaschistInnen zu einer Veranstaltung des
„Bündnis rechts für Deutschland” ein,
das auf die Kooperation von DLVH und NPD zurückgeht.
Als Redner sprechen Uwe Schäfer,
NPD-Landesvorsitzender (Plön), zu
„Arbeitsplätze für Deutschland”, Ingo
Stawitz (DLVH-Landesvorsitzender) zu „Politik in
Schleswig-Holstein” und Prof. Dr. Klaus Weinschenk
(Ex-Landesvorsitzender der REP in Berlin) zu „Die
geistige Lage der Deutschen”. In einer
Pressemitteilung des „Bündnis rechts”
teilt Jens Katzer (JN) über das Ziel des
„Bündnis rechts” mit, es solle ”
allen sozial und deutschnational gesinnten Menschen ein
gemeinsames und parteiübergreifendes Forum bieten.
Künftig soll die Parteizugehörigkeit nur von
untergeordneter, dafür das gemeinsame Ziel
(Bekämpfung der verfehlten Politik der Etablierten)
von größter Bedeutung sein.”
- Das „Bündnis Rechts für
Deutschland” führt am 10. November 1996 eine
Veranstaltung mit dem Nazi-Terroristen Manfred Roeder
durch. Es sprechen erneut Stawitz und Schäfer. Das
Treffen wird besucht von Faschisten aus NPD, DLVH, BGD, JN,
REP und von „freien Nationalisten”.
- In Bad Segeberg findet am 30. November 96 eine
Nazi-Demo unter dem Motto „Kampf den Drogendealern in
der Politik - Heide Moser tritt zurück!” statt.
Als Veranstalterin tritt die Initiative gegen
Drogenfreigabe mit Postfachadresse in Henstedt-Ulzburg
auf.
- Das „Bündnis Rechts” führt im
März 1997 in Nortorf eine weitere Veranstaltung durch.
Erneut sprechen Stawitz und Schäfer. Gastredner ist
der Faschist Wolfgang Juchem der Aktion Freies Deutschland.
Die Leitung der Versammlung liegt bei Kurt Bunde.
- Eine für den 15. März 1997 in Segeberg von
Stefan Kallweit angemeldete Demo wird vom Landrat verboten.
Die Initiative gegen Drogenfreigabe weicht nach Quickborn
aus, wo etwa 40 FaschistInnen mit Sprechchören wie
„Schleswig-Holstein Widerstand - Drogen raus aus
unserem Land” ungestört durch die Stadt ziehen.
Als Redner treten Ingo Stawitz und Thomas Wulff aus; es
nehmen Nazis aus NPD, DLVH, BGD und “freie
Nationalisten” teil, von denen einige aus dem
Sauerland anreisen.
- In der Nähe Neumünsters findet am 16.
März der 1. Landeskongreß des Nationalen
Widerstandes statt. Die formelle Leitung liegt bei Andreas
Rothmann vom BGD (Kiel), im Hintergrund ist Thomas Wulff
(Ex-NL) federführend tätig. Als Redner treten
Stawitz, Schäfer und Pierre Krebs vom Thule-Seminar
auf. Ziel der Veranstaltung ist die Vernetzung der Nazis
und ihre Aktivierung. Schäfer und Stawitz sprechen
sich hinsichtlich der Kommunalwahl in Schleswig-Holstein
für ein gemeinsames Auftreten aus, halten ein
Zusammengehen mit REP und DVU jedoch für eher
unwahrscheinlich. Wulff fordert in seiner Ansprache dazu
auf, „Politik auf die Straße zu tragen und sich
nicht in Hinterzimmern zu verstecken”. Zum
Abschluß spielt der Nazi-Liedermacher Sleipnir.
- Eine ursprünglich für den 24. Mai 1997 in
Plön von Sven Lörchner angemeldete Demonstration
unter dem FVB-Slogan „Deutschland in Not” wird
dort verboten, kann dann jedoch in Segeberg nach Anmeldung
durch Thekla Kosche stattfinden. Etwa 150 Nazis (DLVH, JN,
NPD, BGD, FVB, „Freie Nationalisten”)
marschieren unter Polizeibegleitung durch die Stadt. Es
sprechen Ingo Stawitz, Thomas Wulff und Konrad Petraschek
(FVB). Anschließend findet in einer Gaststätte
in Klein Gladebrügge eine Saalveranstaltung der Nazis
statt.
Die hier skizzierte Entwicklung der
Nazi-Struktur und ihrer Aktivitäten läßt sich
in fünf Punkten zusammenfassen, die für
antifaschistische Gegenwehr Bedeutung haben:
- Die faschistischen Aktionen und Veranstaltungen sind
besser organisiert als Anfang der 90er Jahre. Auf der Basis
örtlicher „Kameradschaften” oder
Ortsgruppen und über die Vernetzung der jeweiligen
Kader finden Mobilisierungen zu öffentlichen Aktionen
und internen Veranstaltungen statt. Diese laufen weitgehend
ungestört ab.
- Organisationsegoismen der verschiedenen Gruppen und
Organisationen sind in den Hintergrund getreten. Die
Vernetzung der Nazi-Szene in Schleswig-Holstein schreitet
voran, ohne daß die Schaffung einer einheitlich nach
außen auftretenden Organisation im Vordergrund steht.
Als Aktionseinheit verschiedener Gruppen mit
unterschiedlichem Status (lokale Gruppe, Partei,
themenbezogene Initiative) läßt sich eine
großer Teil der Nazi-Szene einbinden.
- Die Nazis treten mit ihrer Hetze und ihrer sozialen
Demagogie verstärkt offensiv in der
Öffentlichkeit auf. Mehrfach konnten sie in der
vergangenen Zeit Demonstrationen durchführen. Dies ist
jedoch nur Teil ihres „Kampfes um die
Straße”: je stärker ihr Selbstvertrauen,
desto schärfer wird der Terror gegen Linke,
Flüchtlinge, MigrantInnen, Feministinnen...
- Die faschistischen Gruppen versuchen verstärkt an
Themen anzuknüpfen, die in der Öffentlichkeit
breit diskutiert werden, z.B. Drogenpolitik oder
sexualisierte Mißhandlung von Kindern und
Pornographie. Sie nutzen diese Themen als Plattformen
für ihre faschistischer Propaganda.
- Für die Kommunalwahl im Frühjahr 1998 ist mit
einem verstärkten Auftreten von Faschisten zu rechnen,
u.a. in Gestalt von Kandidaturen und Aktionen. Die
wachsende Einigung und die Durchsetzung von Propaganda und
Aktion auf den Straßen sollen auch in
parlamentarische Vertretung (incl. Zugang zu Infrastruktur
und Geldmitteln) umgesetzt werden.
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