Nazi-Szene
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Christophersen - Freundeskreis trifft sich bei Flensburg
 

Vom 24.-26. Oktober letzten Jahres hat eine Revisionisten-Tagung im Flensburger Großraum stattgefunden. Zu dieser Tagung hatte der Freundeskreis des im Februar ‘97 verstorbenen Auschwitz-Leugners und Geschichtsverfälschers Thies Christophersen aufgerufen. Als Referenten traten mit dem Rechtsanwalt Jürgen Rieger, dem ehemaligen Bundeswehrgeheimdienst-Offizier des MAD Wolfgang Juchem und dem ehemaligen Finanzrichter Wilhelm Stäglich, führende Köpfe der  Revisionisten in der BRD auf. Sie sind maßgeblich für die Ausarbeitung und Verbreitung geschichtsverfälschender neofaschistischer Propaganda verantwortlich. 

Der multifunktionale Rechtsanwalt Jürgen Rieger ist Mitglied und Führungskraft in etlichen rechtsextremen Organisationen und stellt ein wichtiges Bindeglied dar. In seiner weiteren Funktion als Rechtsanwalt vertritt er insbesondere das Rechte Lager. Ein Schwerpunkt seiner Verfahren sind Anklagen, die die Leugnung des Massenmordes an Juden im Nationalsozialismus zum Inhalt haben. 
Auch Wolfgang Juchem stellt ein wichtiges organisationsübergreifendes Bindeglied im Rechten Lager dar. Er verfügt über Kontakte in das gesamte Spektrum des deutschen und des internationalen rechtsextremen Netzwerkes und stellt eine höchst intregierende Kraft dar. Sein Referat auf der Tagung lautete: „Deutschland- und Europapolitik heute: Die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln.“ 
Der ehemalige Flugabwehroffizier der Wehrmacht und spätere Finanzrichter Wilhelm Stäglich stellt ebenso eine seit Jahrzehnten führende Person im rechtsextremen Netzwerk dar. 1974 mußte Stäglich aufgrund verschiedener rechtsextremistischer Veröffentlichungen sein Beruf als Richter aufgeben. 1979 veröffentlichte Stäglich sein Buch „Auschwitz-Mythos“, welches ein sofortiges Verbot nach sich zog. Seine revisionistischen Vorträge bietet er organisationsübergreifend allen Strömungen der Extremen Rechten an. 
Klaus Huscher, der 1977 mit Erwin Schönborn sowie mit Thies Christophersen in Nürnberg einen Auschwitz-Kongreß plante, welcher aufgrund  eines Verbots nicht stattfinden konnte, hatte sich mit einer  Rede „zum Thema“ angekündigt. 
Thies Christophersens Grab !!Ein weiterer Referent auf der Revisionisten-Tagung war Gerhard Seifert. Er schreibt und referiert für verschiedene Gruppierungen des Heidnischen/Neugermanischen Lagers, das ein wichtiges ideologisches Feld für die rechtsextreme Szene darstellt.  U.a. für die Nordische Zeitung, eine Publikation der Artgemeinschaft e.V., der Jürgen Rieger als Vorsitzender angehört. Ebenso ist Seifert Redner auf Tagungen des Bund der Goden. 
Sigrun Schurbohm, die 1994 stellvertretende Bundesvorsitzende der Jungen Nationaldemokraten war, nahm ebenfalls an der Tagung teil. 
Anwesend waren auch Manfred Börm und Uwe Rohwer. Beide waren in den 70ern Gauführer der Wiking-Jugend Schleswig-Holsteins. 1979 wurden beide wegen Mitgliedschaft in einer rechtsterroristischen Organisation verurteilt. U.a. wegen Banküberfall und einem Überfall auf ein Munitionsdepot der Bundeswehr. Rohwers Wiking-Hof in Dörpstedt war Ausbildungslager für Wehrsportgruppen. 
 Insgesamt folgten ca. 100 Personen aus der rechtsextremen Szene der Einladung von Claudia Brü-ning, die aus dem Freundeskreis um Thies Christophersen kommend, für die Einladung verantwortlich zeichnete. Im weiteren wurden neben  belgischen auch schwedische Faschisten beobachtet. 
Vor der Revisionisten-Tagung wurden durch Claudia  Brüning drei Hotels unter der Angabe „Gruppe mit Jugendchor“ angemietet. Die wahre Absicht blieb im Verborgenen und auch auf der Einladung zur Tagung wurde nur von den Hotels A,B und C geschrieben, da mit Protesten von vornherein gerechnet worden ist. Zwei von drei Hoteliers waren auch sofort zur Stornierung der Buchungen bereit,  nachdem sie über die wahren Hintergründe der Tagung informiert worden sind. 
Der Ferienhof Valentin (bei Grundhof) erwies sich für die Rechtsextremisten als verläßlicher Unterschlupf. Obwohl der Hotelier informiert worden ist, und vorab in Gesprächen  sein Wort für eine Stornierung gab, gewährte er  einem Teil der Rechtsextremen Unterkunft. 
Freitagabend fand dann in dem Gasthaus „Zur Mühle“ in Westerholz an der Ostsee, begleitet vom „Flämischen Scheldechor“ aus Belgien, das Abendprogramm statt. Der Hotelier wurde auch hier über die Sachlage informiert, verwies aber darauf, erst im Verlauf des Abends bemerkt zu haben, daß es sich um Rechtsextremisten handelt. Von seinem Hausrecht wollte er jedoch nicht Gebrauch machen. 
Weitere Unterkünfte für Freitag- und Samstagnacht wurden dann im Raum Westerholz/Langballig in mehreren Pensionen und Hotels kurzfristig angemietet. 
Am Samstagvormittag begaben sich die Rechtsextremisten in den Gasthof „Munkbrarup“ in Munk-brarup und hielten dort ihre Tagung ab. Eine Hundertschaft Polizei hielt sich abseits für mögliche Konfrontationen bereit. Proteste haben jedoch nicht stattgefunden. Auch hier wurde der Wirt informiert, zeigte aber Einigkeit mit den Rechtsextremen. Man „sei sich sicher, daß nichts passiert. Es wäre ja genügend Polizei vor Ort.“ So der O-Ton. Neonazis sicherten den Gasthof. 
Gegen Mittag fuhren dann die Rechtsextremisten gemeinsam im Konvoi zu der Begräbnisstätte nach Boel, wo Jungnazis beim FackelzugThies Christophersen beigesetzt worden war.  Hier wurde dann ein Kranz niedergelegt und von Wolfgang Juchem sowie Jürgen Rieger eine Ansprache gehalten. Rieger in seiner Rede im O-Ton:  „Er (Thies C.) mußte auch aus Dänemark weg, nach dem der Mob dort, durch die jüdische Gemeinde mobilisiert worden war und ihm die Scheiben einwarfen und ihn beschmiert hatten“.  Naziskins, unter ihnen welche aus dem Oldenburger sowie Dortmunder Raum, standen  mit Fackeln am Grab  stramm. Der Probst des Kirchenkreises  forderte von der Polizei die sofortige Auflösung der zur politischen Veranstaltung gewordenen Kranzniederlegung. Wegen „Verhältnismäßigkeit der Mittel“ hat die Polizei jedoch davon abgesehen. Anschließend fuhren die Nazis wieder in die Gaststätte Munkbrarup. Ein im Rahmen des Programms geplanter Besuch des Wehrkundemuseums  der Marineschule Mürwik/Flensburg wurde im Vorfeld der Veranstaltung von der Marineschule abgesagt. 
Der geplante Besuch des Exilhauses von Thies Christophersen im dänischen Kollund, wohin sich ehemals der mit Haftbefehl Gesuchte geflüchtet hatte, wurde gar nicht erst versucht. Eine Schiffahrt nach Kollund war angesichts der angekündigten Proteste von antifaschistischen Gruppen sowie dem Widerstand der Kollunder Bevölkerung  nicht möglich. So wollten die Rechtsextremen dann am Sonntag ihre Tagung mit einem Besuch im Schleswiger Schloß-Museum mit einem kulturellen Genuß abrunden, der jedoch aufgrund antifaschistischer Proteste, vorzeitig abgebrochen wurde. Nachdem der Leiter des Museums auf die Sachlage aufmerksam gemacht worden ist, erwirkte dieser allerdings erst nach Diskussionen eine vorzeitige Beendigung des Museumsbesuchs. In Verhandlungen mit der Polizei, die mit einem Festnahmezug vertreten war, konnte eine antifaschistische Gruppe von 30 Personen, ein Konzept ihrer antifaschistischen Aktion durchsetzen. Während die Rechtsextremen sich auf das Verlassen des Museums vorbereiteten, stellten die AntifaschistInnen ein „Spalier“ auf, durch das die aus dem Museum kommenden Rechtsextremisten gehen mußten. Rechtsanwalt Rieger voran gingen dann die Rechtsextremen durch das antifaschistisches „Spalier“. „Kein Platz für Nazis“-Rufe und andere Ausdrücke der Unerwünschtheit waren eine sehr geräuschvolle Kulisse, die bei den Nazis bei deren demütigen Abgang durch das „Spalier“ einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben dürfte. Die Polizei hielt sich beobachtend im Hintergrund. Mit dem vorzeitigen Abbruch des Museumsbesuchs endete auch die revisionistische Tagung. Thies Christophersen galt schon zu Lebzeiten als Symbolfigur der Schloß-MuseumAuschwitz-Leugner. Sein 1973 erschienendes Buch „Auschwitz-Lüge“ war ein Signal für weitere Geschichtsver-fälscher mit weiteren Lügen den Revisionismus mit geistiger Nahrung zu versorgen. Christophersens Tod im Feb. ‘97 dürfte zukünftig immer wieder dafür Anlaß sein, sein Grab als Wallfahrtsort bzw. als Aufmarschort für Rechtsextreme jeglicher Schattierung zu nutzen. Mit der Kranzniederlegung fand von den Faschisten ein erster Versuch statt, die Grenzen des öffentlichen Drucks und des antifaschistischen Widerstands zu erkunden. 
Unser Widerstand konnte aufgrund eigener Schwächen in der Mobilisierung, durch eine Fehleinschätzung der Situation, nicht die revisionistische Tagung verhindern, jedoch aber beeinträchtigen. Wir werden uns für den 13. Feb. 1998, den 1. Todestag von Christophersen, an dem mit einer weiteren Kranzniederlegung bzw. einem Aufmarsch gerechnet werden muß,  geeigneter vorbereiten. 

Kein Wallfahrtsort für Rechte Symbolfiguren! Kein Rechter Aufmarsch, weder hier noch sonstwo! 

Antifaschistische Aktion              Nov.1997    
 
 

 
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