Erneut von massiven Protesten antifaschistischer Gruppen
und kritischer AktionärInnen begleitet war die
Hauptversammlung der IG Farben AG kurz vor Weihnachten in
Frankfurt/Main. Nachdem der frühere Tagungsort, das
Frankfurter Nobelhotel Steigenberger, aufgrund der Proteste
nicht mehr zur Verfügung stand, war die
Hauptversammlung in das leerstehende Gebäude der
Naxos-Union, eines Schleifmaschinenherstellers, verlegt
worden - verschanzt hinter Stacheldraht und bewacht von
einem privaten Wachdienst.
30 Millionen Mark Vermögen stecken
noch in dem Unternehmen, das seine Auflösung seit 1945
betreibt. Die „sofortige Auflösung” der IG
Farben AG und die Verteilung des Restvermögens an die
Überlebenden von Holocaust und Zwangsarbeit forderten
drinnen und draußen die DemonstrantInnen vom
„Dachverband Kritischer Aktionäre“, von
den „Auschwitzkomitees“, der
„Forschungsgruppe Zyklon B Dessau“ oder der
„Interessengemeinschaft der Verfolgten des
Nazi-Regimes“. Im Laufe der Versammlung wurden
Antifaschisten von Mikrofonen weggezerrt, andere von
anwesenden Jung- und Altnazis mit „Juden raus”
und „Jedes Jahr das gleiche Gesindel”
beschimpft.
Günter Minninger, der als Großaktionär fast
43% der Aktien der IG Farbenindustrie AG in Abwicklung
hält, lehnte die oben genannte Forderung nicht nur ab,
sondern kündigte auf der Versammlung zudem die
Fortsetzung der Versuche an, „einen Teil der
enteigneten Vermögenswerte
zurückzugewinnen”. Damit sind insbesondere
Grundstücke in Berlin, der früheren DDR und der
Schweiz gemeint. Diese standen bis 1989 nur noch mit einem
symbolischen Erinnerungsposten von einer Mark in der
Bilanz; mit dem Ende der DDR macht sich die Mehrzahl der
Aktionäre Hoffnung darauf, auch dieses Vermögen
(über 150 Millionen Quadratmeter Grund) noch einsacken
zu können.
Die seit Jahren anhaltenden antifaschistischen Proteste
sorgen dafür, daß sich diese
„Aktionäre des Todes” immer wieder
rechtfertigen müssen, daß sie nur am Profit und
nicht an der Geschichte des Profits interessiert sind. Die
IG Farben AG ging 1925 aus dem Zusammenschluß der
Chemiekonzerne BASF, Agfa und Hoechst hervor, zählte
zu den bedeutendsten Förderern der Nazis und war an
führender Stelle an den Kriegsplanungen beteiligt. Das
IG Farben-Tochterunternehmen De-gesch profitierte von der
Produktion des Giftgases Zyklon B für die Gaskammern
der Vernichtungslager; die pharmazeutische
IG-Farben-Abteilung Behringwerke war an der
Durchführung von Menschenversuchen im KZ Buchenwald
beteiligt.
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