Mal als „Bündnis rechts”, mal als
„Nationaler Widerstand” trat in den vergangenen
anderthalb Jahren eine Aktionseinheit verschiedener
faschistischer Organisationen in Schleswig-Holstein
auf. Nach Demonstrationen, Saalveranstaltungen und
gemeinsamen Strategietreffen verkündeten die Nazis
Anfang Oktober 1997, daß sie ihre Aktivitäten zu
den Kommunalwahlen im März 1998 auf Lübeck
konzentrieren wollen.
Bis Ende 1997 hat es in Schleswig-Holstein in diesem
Zusammenhang drei weitere Veranstaltungsversuche der
Faschisten gegeben; daß diese alle nicht
ungestört durchgeführt werden konnten, ist der
Aufmerksamkeit und den Aktionen von AntifaschistInnen zu
verdanken.
Als „großer Erfolg des Nationalen Widerstandes
in Norddeutschland” wertete die Nazi-Zeitung Einheit
und Kampf den ungestörten und von der Polizei
betreuten Aufmarsch von ca. 150 FaschistInnen in Segeberg
am 24. Mai 1997. Zur Vorbereitung weiterer Aktionen lud
dann das „Bündnis rechts” für den 20.
September 1997 ins nahe Kiel gelegene Ottendorf ein.
Antifa-schistInnen, die einen Abbruch der Veranstaltung
erzwingen wollten, wurden gewaltsam von der Polizei
zurückgedrängt. Die Nazis brachen ihr Treffen
dennoch vorzeitig ab und kündigten eine
Fortsetzung in naher Zukunft an. Eine in Lübeck von
Ulrich Schwetasch für den 4. Oktober angemeldete
Demonstration unter dem Motto „Sicherheit durch Recht
und Ordnung” diente dann als Ablenkungsmanöver,
um in der Gaststätte „Zum Trichter” in
Klein Gladebrügge bei Segeberg abschließend
über eine Wahlteilnahme des „Bündnis
rechts” beraten zu können. Derweil gab es in
Lübeck einen kurzen Demonstrationsversuch des
Freiheitlichen Volksblocks (FVB). Die nächste
organisationsübergreifende Zusammenkunft der Nazis
wurde dann von Andreas Rothmann (Kronshagen) von den Jungen
Nationaldemokraten, (Jugendorganisation der faschistischen
NPD) angekündigt. Er hatte bereits früher bei der
Durchführung von Nazi-Treffen in Schleswig-Holstein
mitgewirkt. Dieses Mal versprach er im Namen des
„ELEMENTE - Studien- und Lesekreis NORD“ im
Internet „Fachvorträge interessanter Referenten
(z.B. P. Krebs, J. Rieger)” und „ein
Rahmenprogramm aus Infoständen, einem Liederabend mit
Swantje Swanhwit, einer Feuerzeremonie und einem
Heldengedenken.”
Der angekündigte Pierre Krebs ist Leiter des sog.
THULE-Seminars mit Sitz in Kassel, das den weltweiten
Führungsanspruch der „nordischen Rasse”
durchsetzen will. Es agitiert gegen den Gleichheitsgedanken
in Christentum und Judentum, lehnt diese Religionen mit
rassistischen und antisemitischen Begründungen ab und
fordert stattdessen eine Rückkehr zu Heidentum und
Germanenkult. Nazi-Anwalt Jürgen Rieger, seit
Jahrzehnten in der faschistischen Szene aktiv, ist
Vorsitzender der „Artgemeinschaft”, die
ähnliche Ansichten in ihrer „Nordischen
Zeitung” verbreitet. Diese Ideologie wird von
FaschistInnen verschiedener Organisationen geteilt, so
daß auch in diesem Fall - wie bei den Versammlungen
des Bündnis rechts - mit breiter Beteiligung zu
rechnen war. Und nicht zuletzt die Gelegenheit, am
Volkstrauertag eine größere gemeinsame
Aktion durchführen zu können, gab dem von
Rothmann organisierten Treffen eine besondere Bedeutung.
Die antifaschistischen Aktionen begannen mit einer
Kundgebung in der Kieler Innenstadt, bei der mittels
Redebeiträgen und Flugblättern über die
Aktivitäten der Nazis informiert wurde. Mittags gelang
es dann, den Schleusungspunkt der Nazis (dort wird
bekanntgegeben, wo die Versammlung stattfindet) zu besetzen
und damit deren Sammlung zu erschweren. Schließlich
mußten die Nazis auf die Durchführung ihres
Treffens verzichten, nachdem die Wirtin der Gaststätte
„König Ludwig” in Bünsdorf von
Antifa-schistInnen über den braunen Geist ihrer
Gäste aufgeklärt worden war und sie daraufhin die
Vermietung rückgängig machte. Krebs, Rieger und
Rothmann mußten an der antifaschistischen Blockade
umkehren.
Der vorläufig letzte Versuch der Nazis, ihre
Beratungen für die Kommunalwahl fortzusetzen, war die
Einladung zu einem „Bündnis Rechts“ -
Treffen am 7. Dezember 1997, erneut unterzeichnet von Jens
Katzer (JN / NPD).
Neben Informationen zu den faschistischen Kandidaturen bei
der Kommunalwahl durch Dieter Kern (DLVH) und Wolfgang
Schimmel (NPD) und einem Vortrag des ehemaligen
Landtagsabgeordneten der faschistischen DLVH, Ingo Stawitz,
war als Gastredner Otmar Wallner (Bayern) angekündigt.
Wallner hat für das „Bündnis Rechts“
und die in ihr dominierende NPD besonders deshalb
Signalwirkung, weil er nach zwölfjähriger
Mitgliedschaft die REP im August 1997 verlassen hat und nun
als Kronzeuge gegen den vom REP-Vorsitzenden Schlierer
durchgesetzten Kurs auftritt. In der Novemberausgabe der
NPD-Parteizeitung Deutsche Stimme durfte Wallner denn auch
gegen Schlierer und - indirekt - für die NPD
(„Von Neugründungen werden keine
größeren Impulse ausgehen”) Stellung
beziehen. Erneut mobilisierten Anti-faschistInnen gegen
dieses „Bündnis Rechts“-Treffen. Deren
Schleusungs-punkt wurde kurzerhand aufgelöst, und noch
vor Beginn der Demonstration vor dem geplanten
Veran-staltungsort in Dersau (Kreis Plön) hatten die
Faschisten das Weite gesucht. Aus der Hoffnung der
veranstaltenden Nazis, „vor dem Hintergrund der
Wahlantritte des Bündnis rechts in Lübeck und der
NPD in Lauenburg” tatkräftig Unterstützung
organisieren zu können (Einladungstext) , blieb damit
vorerst nicht viel übrig. Die „Kieler
Nachrichten” waren sich in ihrer Kurzmeldung
über die Ereignisse am folgenden Tag nicht zu schade,
vom faschistischen „Bündnis Rechts“
verharmlosend als „deutsch-nationaler
Gruppierung” zu sprechen - diese Formulierung wird
von den Nazis selbst gerne genutzt, weil dies den Zugang zu
konservativen Kreisen erleichtert.
Eine erste Bilanz der letzten antifaschistischen Aktionen
kann daher wie folgt gezogen werden:
1. Derzeit ist es für die Faschisten nicht mehr so
einfach möglich, sich in größerem Rahmen
oder halböffentlich zu treffen. Diese
Einschränkung der Organisations- und
Agitationsmöglichkeiten ist ein wichtiger Erfolg der
beteiligten antifaschistischen Strukturen in
Schleswig-Holstein.
2. Die an den antifaschistischen Aktionen beteiligten
Menschen und Gruppen müssen ihre Zusammenarbeit
ausbauen; hierzu gehört nicht nur die - bereits
begonnene - (selbst)kritische Diskussion über die
Durchführung der bisherigen Mobilisierungen, sondern
auch die Einsicht, daß Erfahrungen bei Kundgebungen,
im Verfassen von Flugblättern und in
der Auseinandersetzung mit der Polizei weitergegeben werden
müssen.
3. Entgegen der Ankündigung des sozialdemokratischen
Innenministers Wienholtz, seine Behörde sei in der
Bekämpfung der extremen Rechten konsequent tätig,
haben die letzten Monate erneut gezeigt, daß die
Polizei die Durchführung von Nazi-Treffen schützt
(Munkbrarup, Ottendorf, Dersau) und gegen die
antifaschistischen Protestaktionen vorgeht (Ottendorf,
Dersau). Die Verhaftungen von AntifaschistInnen und die
rechtswidrige Gegenüberstellung der Verhafteten auf
freiem Acker, bei der die Faschisten - wen wundert’s
- die vorgeführten Personen als Sachbeschädiger
ihrer Autos wiedererkannt haben wollen, lassen auf ein
schärferes Auftreten der Polizei gegen
AntifaschistInnen und den Versuch der Kriminalisierung
unserer Aktivitäten in Zukunft
schließen.
4. So notwendig und richtig es ist, die Nazis bei ihren
Organisationsversuchen und bei Propagandaaktionen in ihre
Schranken zu weisen, so wenig kann der antifaschistischen
Bewegung an einer automatischen Eskalation gelegen sein,
bei der sich die Brutalität der Nazis austoben kann.
Es bleibt daher auch in Zukunft genau zu bestimmen, welches
Auftreten der politischen Verankerung antifaschistischer
Politik und der praktischen Verhinderung der
Nazi-Aktivitäten am trefflichsten dient.
5. Schließlich sollte nicht übersehen werden,
daß die Verschiebung des gesellschaftlichen Klimas
nach rechts, von dem die Faschisten profitieren, von den
bürgerlichen Parteien vorangetrieben wird und zu
verantworten ist. Nach der faktischen Abschaffung des
Rechts auf Asyl gehören hierzu beispielsweise die
Debatte um die angeblich zunehmende Kriminalität und
die in diesem Rahmen durchgesetzten Einschränkungen
weiterer Grundrechte („Großer
Lauschangriff”).
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