Testergebnisse des zweiten Elchtests:
Arbeitslose und Arbeitende aller Länder - vereinigt Euch!
Am 5.3. fand mit der Veröffentlichung der neuen, offiziell wohlgestalteten
Arbeitslosenzahlen ein zweiter bundesweiter Aktionstag statt.
In Berlin fand die diesmalig größte Demonstration mit ca. 2000
Erwerbslosen zum Landesarbeitsamt statt. Aktionen gab es landauf,
landab: in Nünberg; Duisburg, Frankfurt, Düsseldorf, Rostock,
Potsdam, Ulm und Gotha wurde demonstriert, Kundgebungen abgehalten,
Luftballons mit Bewerbungen fliegen gelassen, versucht Arbeitsämter
zu besetzen und Gott um Arbeit angebetet.
In Bielefeld begann der Aktionstag frühmorgens um kurz nach fünf
mit der Unterstützung der Streikposten der seit Monaten bestreikten
Firma Schilder Warweg. Nach einem Frühstück im IGM- Haus zog ein Demonstrationszug
vom Kindergarten Weißenburger Str. durch die Innenstadt. Rund
250 DemonstrantInnen forderten auf der Abschlußkundgebung auf
dem Jahnplatz Jobs und Geld für alle. In dem Redebeitrag der Neue A-Klasse - Bielefelder Aktionsbündnisses gegen Armut und
Erwerbslosigkeit wurde das bisherige Ignorieren ihrer politischen Forderungen kritisiert
und zu Solidarität mit den Arbeitslosen und Arbeitenden aufgerufen.
Die Forderungen im einzelnen sind:
ein gesetzlich garantiertes Mindesteinkommen von 1.500 DM plus
Warmmiete
die sofortige Anhebung aller Sozialleistungen um 200 DM
die Zahlung eines Urlaubsgeldes für Erwerbslose von 300 DM
keine Zwangsarbeit für SozialhilfebezieherInnen und Erwerbslose
eine Million öffentlich geförderter Normalarbeitsverhältnisse
Rücknahmen aller "Arbeitsförderungsgesetze, die seit dem 1.7.
96 in Kraft sind
Neueinstellungen statt Überstunden
die 30-Std.-Woche mit Personal- und Lohnausgleich für untere
und mittlere Gehaltsgruppen
Die neue A-Klasse?
In Anlehnung an den letzten Satz des 1848 veröffentlichten Manifests der Kommunistischen Partei wurde eine aktuelle kapitalistische Entwicklung aufgegriffen.
Etwa sieben Millionen Menschen in der BRD dürfen im Moment ihre
Arbeitskraft nicht verkaufen; damit sie sich - ihrer sozialen
Lage bewußt - nicht wehren, wird in der parlamentarischen Politik
Optimismus verbreitet, ihre ökonomische Situation verbessern zu
wollen.
Die politische Strategie sah bislang vor, den Druck auf die statistisch
erfaßten Arbeitslosen zu erhöhen, indem sie nachweisen müssen,
einen Arbeitsplatz zu suchen. Auch eine Arbeitspflicht ohne Sozialversicherung,
jenseits der Tarifstandards, für Arbeitslose und Sozialhilfeberechtigte
wird diskutiert. Sie erinnert mehr an eine moderne Form der Zwangsarbeit
oder Zwangsbeschäftigungstherapeutische Maßnahmen, als an eine
wirkliche Verbesserung der schlechten ökonomischen Lebenssituation.
Mit dieser Politik wird errreicht, daß ein Klima der Mißgunst,
des Sozialneides entsteht zwischen denen, die noch einen Arbeitsplatz
haben und wo dies als Druckmittel gegen Verbesserungen der Arbeitssituation
und Lohnerhöhungen fungiert, und denen, die keinen haben und den
Druck des vorgegaukelten individuellen Versagens und des geringen
finanziellen Einkommens zu spüren bekommen. So wird das sich ursprünglich
gleichende Interesse der Arbeitslosen und Arbeitenden verschleiert
und verdreht. Ein Interesse, daß sich kurz als: leben können,
ohne von ständigen Existenzsorgen geplagt zu sein, zusammenfassen
läßt.
Wie das aussehen kann, wie das gesellschaftlich umzusetzen ist,
ist ein heiß diskutiertes Thema.
Den breitesten Raum nimmt dabei vermutlich die Umverteilungsdebatte
ein. Ausgehend davon, daß genug Geld und Arbeit da sei, es nur
nicht gerecht verteilt sei, ist der Streit über eine "gerechte
Verteilung entbrannt.
Die Forderungen der Neue A-Klasse nach Jobs und Geld für alle bewegt sich in diesem Spielraum.
Auch wenn sich die Forderungen für die Erwerbslosen und nach einerm
garantierten Mindesteinkommen für alle von dem in den Medien wahrnehmbaren
Mainstream des "Gürtel-enger-schnallens positiv abhebt.
Eine Debatte darüber, was und wann etwas gerecht ist, führt zu
einer Ausgrenzungs- und Kontrollpolitik, solange als Maßstab die
Verwertbarkeit in der warenproduzierenden Gesellschaft im nationalstaatlichen
Vergleich gesetzt wird.
In die Frage nach gerechter Verteilung des gesellschaftlichen
Reichtums fügt sich die "ökonomischer Standort Deutschland sichern
- Diskussion, genauso wie die Abschottungs- und Abgrenzungpolitk
gegen Flüchtlinge und MigrantInnen, oder der Lauschangriff, sowie
die erneuten Vorstöße für eine Verschärfung des §218, nahtlos
ein.
Neue Arbeitskonzepte wie unentgeltliche Bürgerarbeit für den guten
Zweck und zur Verbesserung der Annerkennung des sozialen Status,
sogenannte kommunitaristische Konzepte, oder die Schaffung von
mehr Arbeitsplätzen durch Arbeitszeitverkürzungen, mögen zwar
zeitweise positive Auswirkungen auf das Wohlbefinden der Individuen
haben, ändern jedoch nichts an den gesellschaftlichen Produktionsverhältnissen,
die diese Probleme hervorbringen.
Letzteres gilt auch für die Entwürfe der ökologischen Steuerreform.
Die Erfahrung zeigt, daß Steuerreformen grundsätzlich heißen:
mehr Steuern zahlen, dadurch teurere Waren und ein weiteres Absinken
des ohnehin miserablen Kontostandes, und kein Eintritt der geplanten
"Verbesserungen, da in der Zwischenzeit auch noch andere Löcher
im Haushaltstopf aufgetreten sind, die durch die Steuermehreinmahmen
gestopft werden konnten.
Eine Frage, die selten gestellt wird ist die , wofür überhaupt
produziert wird und was der ganze Kokolores, der damit zusammenhängt,
bewirken soll.
Eine ehrliche Antwort darauf wäre festzustellen, daß für ein anzweifelbares
Profitinteresse produziert wird, und das damit eine Menge der
bekannter Probleme entstehen, womit ja auch nichts neues verraten
wird.
Cornelia Meier |