GegenDruck Nr. 21 - März 1998
zurück
Inhalt
weiter

Veranstaltung mit Inge Viett

Unterhaltung oder Inspiration?

Wie zu erwarten, erfreute sich diese Veranstaltung am 17.2. in der Uni - trotz Semesterferien - einer regen Teilnahme. So eine Ex-Terroristin live und in Farbe hat offensichtlich einen besseren Unterhaltungswert als ein Vortrag zur Existenz bewaffnet kämpfender Frauen und einem Film, der die Existenz von kleinem und großen Frauenwiderstand in Uruguay und der BRD seit den sechziger Jahren aufzeigt.
Eingedenk der Realitäten, daß politische Inhalte heutzutage eher unattraktiv sind, war der Versuch, dieselben mittels eines Events einer Persönlichkeit zu transportieren, sicher ne gute Idee.
Mit ihrem Buch "Nie war ich furchtloser“ und ihren Lesereisen befriedigt Inge Viett anscheinend Publikumsbedürfnisse. Je nach Veranstaltungsort und der damit angesprochenen Klientel sind diese aber recht unterschiedlich. Vom Bildungsbürgertum über Alt-68er, bis hin zu Feministinnen und "Linken“ aller Schattierungen. Entsprechend breit gefächert sind die Erwartungshaltungen: da soll entweder rüberkommen, daß der bewaffnete Kampf allgemein, zumindest aber die RAF scheiße war, das Ringen um bessere Verhältnisse entweder in der parlamentarischen Demokratie oder wahlweise in der ehemaligen DDR am besten zu realisieren ist, Widerstand keinen Zweck hat, oder aber eben doch notwendig ist oder Rezepte für die Reorganisierung der “Linken“ und Ort und Zeit für die Revolution bekanntgegeben werden. Entscheidend dürfte die Grundhaltung der KonsumentInnen sein, sind sie interessiert, offen und neugierig, wollen sie "Promigucken“, oder sich Bestätigungen für ihre vorher gefaßten Meinungen abholen.
Erfahrungsgemäß läuft der Frage- und Diskussionsteil nach Vorträgen und Lesungen eher schleppend an. Wir von der AG feministische Politik werfen uns deswegen vor, dem nicht Rechnung getragen und ein paar Fragen vorbereitet zu haben. Wobei es fraglich ist, ob dadurch eher eine gemeinsame Diskussion stattgefunden hätte, oder ob es ansonsten auch bei dem verbalen Schlagabtausch zwischen zwei Männern geblieben wäre.
Nichtsdestotrotz wurden einige durch die Veranstaltung inspiriert, sind neugierig geworden. Wollen für sich und mit anderen weitergucken und -reden. Allein dafür hat es sich gelohnt.

AG feministische Politik

Home
Archiv
Inhalt
Links