LOTTA DURA

 

Nr. 9/97

 Geschichte

Siemens abschaffen II

 

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52. Jahrestag der Befreiung des Frauenkonzentrationslagers Ravensbrück

Am 27. April 1945 wurde das KZ von der SS geräumt und 15.000 Häftlinge in Todesmärschen weggetrieben. 3000 kranke Häftlinge blieben zurück. Das Lager wurde am 30. April 1945 von sowjetischen Soldaten befreit.

PRESSEMITTEILUNG DER LAGERGEMEINSCHAFT RAVENSBRüCK/FREUNDESKREIS E.V. (STUTTGART) AUS ANLASS DER GEDENKFEIER ZUM 52. JAHRESTAG DER BEFREIUNG AM 27. APRIL 1997

Wir haben die "Hölle von Ravensbrück" überlebt und würden unsere Erfahrungen gerne mit den jungen Menschen teilen. Umso bedauerlicher finden wir es, daß finanzielle Mittel in Höhe von 3 Mio. DM, die für den Bau einer Jugendbegegnungsstätte in Häusern der ehemaligen "SS-Haus-Siedlung" Ravensbrück zur Verfügung standen, von der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten anscheinend nicht beantragt worden sind. Wir finden das skandalös und fordern, daß die Angelegenheit untersucht wird und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.

Zur Neugestaltung der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück: Wir akzeptieren nicht die von der Stiftung geplante Begrenzung der Gedenkstätte auf das sogenannte Stammlager. Das gesamte Gelände des früheren KZ Ravensbrück, das Stammlager, das Siemenslager und das Jugend-KZ und spätere Vernichtungslager Uckermark, muß Teil der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück werden. Das räumliche Ausmaß des KZ-Geländes, auf dem Zehntausende von Frauen und Kindern gequält und ermordet wurden, ist von der Geschichte vorgegeben. Diese Tatsache darf bei der Erweiterung der Gedenkstätte nicht ökonomischen Gründen untergeordnet werden.

Die SS-Siedlung ist ebenfalls einzubeziehen, denn nur so kann dauerhaft verhindert werden, daß Einzelhäuser der SS-Siedlung, die von KZ-Häftlingen unter menschenunwürdigen Bedingungen erbaut wurden, an Privatpersonen verkauft werden. Es ist uns nicht entgangen, daß solche Begehrlichkeiten bereits massiv geäußert und vertreten werden.

Wir sind nicht einverstanden, wenn das Jugend-KZ Uckermark und das Siemenslager lediglich unter Landschaftsschutz statt unter Denkmalschutz gestellt werden. Hier gilt es nicht in erster Linie die Natur, sondern das Andenken der Opfer zu schützen, wegen der Greuel, die sie auf diesem Gelände erleiden mußten. Die Täter haben so gut wie alle belastenden Spuren beseitigt, bevor sie sich davonmachten, und sie haben bis heute geschwiegen. Lediglich die Fundamentreste in der Erde bezeugen, daß es überhaupt ein Siemenslager gab, und unsere Behauptungen nicht völlig aus der Luft gegriffen sind.

Beharrlich hat sich die Firma Siemens bis heute geweigert, das Recht der ehemaligen Zwangsarbeiterinnen auf Entschädigung anzuerkennen. Statt dessen begeht man mit großem Pomp ein 150jähriges Jubiläum und entblödet sich nicht, für mehr als 50.000 DM ein Denkmal zu stiften, das "der vielen Mitmenschen gedenken soll, die in den Jahren des Zweiten Weltkrieges gegen ihren Willen in unserem Unternehmen arbeiten mußten". Diese Erklärung ist nicht nur eine Verharmlosung historischer Tatsachen, sondern eine krasse Verhöhnung der Opfer, auch der Frauen und Kinder aus dem sogenannten Jugendschutzlager Uckermark, die hier im Siemens-Arbeitslager Ravensbrück in 12-Stunden-Schichten buchstäblich zu Tode geschunden wurden.

Wir brauchen kein Denkmal von Siemens, sondern Denkmalschutz für die historischen Überreste im Boden des authentischen Ortes!

 

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