TATblatt
Aktionstage gegen Abschiebungen fanden in Wien am 10. und 14. Oktober
statt. Straßentheater konfrontierten die Menschen in der Wiener Innenstadt
mit dem rechtstaatlichen Mittel der zwangsweisen Abschiebung:
Menschen werden durch Gesetze für "illegal" erklärt. Menschen kommen ins Gefängnis, weil ihnen der Aufenthalt in Österreich nicht genehmigt wird. Wenn "nötig", folgt die zwangsweise Abschiebung. Wer bei der Abschiebung per Flugzeug Widerstand leistet, wird gefesselt und geknebelt.
Seit dem Tod von Marcus Omofuma, welcher am 1. Mai beim Abschiebeflug nach Sofia in einer Linienmaschine unter der Aufsicht von drei österreichischen Beamten erstickte, ist die gängige Praxis des Innenministeriums allgemein bekannt - sogar dem Innenminister. Auch österreichische Fluglinien helfen bei der Abschiebung mittels Linienflügen mit. Nachdem im September 1998 belgische Beamte die Aslywerberin Sémia Adamu in einem Flugzeug der Sabena mit einem Kissen erstickten, wies die belgische PilotInnenvereinigung im Juli 1999 ihre Mitglieder an, die Rückführung von AusländerInnen mit Polizeieskorte systematisch zu verhindern. Die Internationale TransportarbeiterInnengewerkschaft (ITF) ruft alle ihre Mitglieder auf, "die Mitarbeit bei inhumanen Methoden der gewaltsamen Abschiebung zu verweigern." Auch die Personalvertretung von Lauda Air unterstützt den Aufruf der ITF. Niki L. kündigte hingegen bereits an, weiter bei Abschiebungen mithelfen zu werden.
Der Apell "Lasst keine Abschiebungen zu!" richtet sich speziell an Flugreisende, aber auch an das Personal von Linien- und Charterflügen.
Eine praktische Handreichung zu den Infornationstagen am 10. und 14.
Oktober informierte, wie sich Menschen konkret einmischen können,
wenn sie eine Abschiebung in Flugzeugen beobachten:
Von der EU forderten die AktivistInnen "offene Grenzen, keine Schubhaft,
keine Abschiebungen", und von der österreichischen Regierung, "in
Tampere beim EU-Gipfel diese Forderung zu vertreten und in Österreich
dafür zu sorgen, dass die menschenverachtende Praxis der Schubhaft
und gewaltsamen Abschiebung beendet wird!"
Die Bevölkerung nahm die Straßentheater-Darbietung mit geteilter Meinung auf: Einige stellten ihre rassistische Haltung ablehnend zur Schau, andere wirkten interessiert. Aber auch wenn sich viele gegen "inhumane Abschiebungen" aussprachen, wurde doch der herrschende Abschiebekonsens in der Mehrheitsbevölkerung deutlich, wenn immer wieder bemerkt wurde, dass "doch nicht alle hierbleiben" könnten ...
aus: TATblatt nr. +125 (17/1999) vom 21. oktober 1999
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