In einhelliger Kooperation ließen nach der Angelobung alle Tageszeitungen (mit rühmlicher Ausnahme des Standard), ORF und verschiedene andere Blätter eine Propaganda und Hetze vom Stapel, die deutlich zeigte, wer hier eine schwarzblaue Koalition will. Unterstützt wurde diese an und für sich schon offensichtliche Parteilichkeit durch ein paar sündteure Inserate von Interessensgruppen.
TATblatt
Ein Ausbund an verzerrter Panikmache war in den letzten Tagen der Kurier. Krawalle, Angst und Schrecken auf den Straßen usw. waren einige der Schlagzeilen, mit denen eindeutig Stimmung gemacht wurde. Dabei konnte sich beispielsweise der bereits von den Opernballdemos bekannte Lokalredakteur Peter Grolig wieder einmal mit Gräueln, z.B. zu Flammenwerfern umfunktionierten Spraydosen, aufwarten, die selbst der auch sonst nicht freundlich gesinnten restlichen Presse verborgen blieben. Belohnt wurde die konsequente schwarzblaue Berichterstattung mit einem halbseitigen Inserat des Wirtschaftsbundes (Schüssel wurde über den Wirtschaftsbund ÖVP-Obmann).
Da durfte auch die Kronenzeitung nicht leer ausgehen. Neben blutrünstigen Artikeln und einer durch den Standard entlarvten Fotomontage eines scheinbar durch einen Demonstranten getroffenen Polizisten, wobei in Wirklichkeit ein Originalbild der Agentur Reuters gefälscht worden war, prangte auch in der Sonntagsausgabe der Krone ein ganzseitiges Wirtschaftsbundinserat.
In den Salzburger Nachrichten, den Oberösterreichischen Nachrichten und weiteren Zeitungen wurde die neue Regierung auf eigene Weise als gegeben angenommen und entsprechend berichtet. Bei den OÖN erhielt ein Redakteur überhaupt sofort die Kündigung, da seine FPÖVP-kritische Berichterstattung in der Vergangenheit unter den neuen Gegebenheiten nicht mehr tragbar sei, so die Begründung.
Was sich abseits der Berichterstattung auf den LeserInnenbriefseiten von Täglich Alles, Krone, Kurier und anderen abspielt, das strotzt überhaupt von Hetze, Antisemitismus und AusländerInnenfeindlichkeit. In der Kronenzeitung vom 6. Feb. beginnt der erste Brief beispielsweise gleich mit einer Begründung der Nazis für die Judenpogrome: "Wo gehobelt wird, fallen Späne". Die Äußerungen nach der Ankündigung Israels, den Botschafter aus Wien abzuziehen, wurden mit einer Flut antisemitischer Beschimpfungen quer durch die meisten Medien beantwortet.
Ein weiteres Kapitel ist neben der Verunglimpfung der DemonstrationsteilnehmerInnen die Negierung der Breite des Widerstandes. Wie bei allen anderen vorherigen Anlässen in Österreich wurde auch diesmal die Zahl der DemonstrantInnen in vernachlässigbarer Größe angegeben. Waren zwischen fünf- und zehntausend DemonstrantInnen unterwegs, so berichtete der ORF konsequent von 1.500 oder 2.000 Personen. Erst nach der abendlichen Demo direkt zum ORF-Zentrum am Küniglberg im 13. Bezirk änderte sich das schlagartig, als der ORF von hunderten PolizistInnen und Wasserwerfern zur Festung ausgebaut und abgeriegelt wurde und die Grüne Abgeordnete Petrovic in der Sendung "Zur Sache", die zum gleichen Zeitpunkt stattfand, darüber vor laufender Kamera sprach.
Die Medienblockade hatte diesmal allerdings, im Gegensatz zu früheren Jahren, keinen Erfolg. Das ist auf mindestens drei Ursachen zurückzuführen. Das Internet hat viel verändert, weil Einzelpersonen dadurch jederzeit Zugang zu dutzenden Informationsquellen haben. Das alternative Radio Orange (auf 94.0) berichtete - im Gegensatz zu ORF - ohne Zensur. Und letztlich waren auch viele ausländische Fernsehanstalten in Wien, etwa ARD, durch die über Kabel oder Schüssel Direktberichte gesendet wurden, wo der ORF geschnittene Berichte sendete.
Selbst in Österreich ist durch die Ereignisse nunmehr erwiesen, daß das Zeitalter der von oben kontrollierten und gefilterten Berichterstattung zu Ende gegangen ist. Das ist auch logisch so, denn wenn Diktaturen wie China oder Indonesien es in den letzten Jahren nicht geschafft haben, den Nachrichtenfluß zu blockieren, warum sollten es dann ausgerechnet unsere Schmalspurdollfuße schaffen. Zumindest in der Medienkultur ist damit vieles einfacher, vielfältiger und auch besser geworden.
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