Presseerklärung der PDS-Hochschulgruppe Tübingen
Die PDS-Hochschulgruppe Tübingen, die Linke StudentInnen-Assoziation (LiSta) Tübingen, Titus S., Mitglied des PDS-Landesvorstandes Baden-Württemberg:
"Bei der Teilnahme von jungen Linken aus Tübingen an den Protesten
gegen die FPÖ-ÖVP-Koalition in Wien kam es zu einem Überfall
eines Sondereinsatzkommandos "COBRA" der österreichischen Bundespolizei
auf vier Menschen.
Nach Auskunft der Beteiligten, wurden sie im Vorfeld der Demonstration
- ohne irgendeinen Anlass dazu zu geben - von der Einheit abgefangen, in
einen Hausflur gezerrt, dort verprügelt, beschimpft und unter Anwendung
von Schlägen und Tritten verhört. Die Kleidung, die Handys, die
Handy-SIM-Karten, Uhren und andere Wertgegenstände der Opfer wurden
systematisch und ohne Ausnahme zerstört. Der Sachschaden liegt weit
im vierstelligen Bereich. Nachdem die Sondereinheit sie ungewöhnlich
lange bearbeitet hatte, sie fotografiert hatte, wurden ihnen die Schuhe,
Unterlagen über die Demonstration und verschiedene andere Gegenstände
weggenommen und ihnen angedroht, wenn man sie irgendwo finden würde,
würden sie verhaftet und sie könnten sich ausmalen, was dann
mit ihnen geschehe. Dieser Vorfall war offenkundig illegal, reiht sich
ein in die Geschichte der Menschenrechtsverletzungen in Österreich
und wirft ein Licht auf die neuen "freiheitlichen" Verhältnisse in
Österreich.
Deshalb erklären die beteiligten Gruppen: Der rechtsextreme und
menschenfeindliche Charakter der FPÖÖVP-Politik muss weiter publik
gemacht werden. Vorfälle wie dieser strafen die Regierungspropaganda
in Österreich (Zitat ORF: "Die Polizei musste lediglich einige aufgebrachte
Demonstranten beschwichtigen") Lügen. Linke in Österreich werden
weiterhin auf die Solidarität der internationalen antifaschistischen
Bewegung zählen können.
Nazis bekämpfen - überall - gemeinsam - auf allen Ebenen
- mit allen Mitteln!"
Titus S.
Mitglied des Landesvorstandes der PDS-Baden-Württemberg
Gedächtnisprotokoll der Ereignisse am 19.02.2000 in Wien
Im folgenden will ich die Ereignisse aus meiner Sicht beschreiben.
Den anderen beteiligten Personen ist jedoch im Prinzip das selbe widerfahren.
Die PDS-Hochschulgruppe Tübingen beteiligte sich an der Großdemonstration
gegen die FPÖ/ÖVP-Regierung am 19.02.2000 in Wien mit zwei PKW
und insgesamt 10 Personen.
Vor dem Start der Demonstration um 14.00 am Westbahnhof gingen um ca.
13.30 vier von uns zu unserem Auto, welches in der Nähe des Westbahnhofes
vor dem Haus Löhrgasse 5 geparkt war, um etwas zu essen und noch ein
paar Sachen für die Demo zu holen.
Als wir uns ca. um 13.40 wieder auf den Weg zurück zum Westbahnhof
machten, waren wir nur wenige Meter weit gekommen, als neben uns ein Mannschaftswagen
der Bundespolizei mit angeschaltetem Blaulicht hielt. Die Nummer des Wagens
lautete BP 800.
Heraus sprangen sechs oder sieben Polizisten in schwarzen Uniformen,
Hartschalen-Panzerung und schwarzen Barretts. Wir erfuhren im nachhinein,
daß es sich um eine sogenannte "COBRA"-Einheit handelte.
Wir wurden gepackt und an die Wand gestellt, unsere Beine wurden mit
brutaler Gewalt auseinandergetreten. Ein Polizist nahm einen Umhängebeutel,
den ich mir durch meine Gürtelschlaufen gezogen hatte und riß
ihn so ab, daß alle Gürtelschlaufen dabei zerstört wurden.
Ich beschwerte mich und meinte, daß der Beutel auch einen Verschluß
gehabt habe. Daraufhin brüllte er mich an, daß ich ruhig sein
solle, packte meinen Kopf an den Haaren und schlug ihn gegen die Steinmauer.
Spätestens jetzt war mir klar, daß es sich hierbei nicht um
eine Routinekontrolle handelte.
Jetzt fing er an, alle Taschen meiner Hose, auf- bzw. abzureißen
unabhängig davon, ob diese einen Inhalt hatten oder nicht. Wo es ihm
nicht sofort gelang, probierte er solange herum, bis er sie zerstört
hatte.
Nun öffneten die Polizisten die Tür eines nahegelegenen Hausdurchgangs
und drängten uns hinein mit der Bemerkung, dort drinnen könnten
sie uns besser behandeln. Als wir drinnen war, verschlossen sie die Tür
so daß niemand von außen zusehen konnte.
Die folgenden Ereignisse dauerten ca. 20 Minuten. Während der
ganzen Zeit wurden wir immer wieder geschlagen, an den Haaren gezogen,
zwischen die Beine getreten und unsere Finger überdehnt.
Wir mussten die ganze Zeit mit gespreizten Armen und Beinen an der
Wand stehen. Wer nicht auf die Wand schaute, wurde geschlagen.
Nun ging einer der Polizisten herum und brüllte uns an, was wir
denn hier wollen würden. Einer von uns antwortete, wir wollten gegen
die Regierungsbeteiligung der FPÖ demonstrieren.
Daraufhin packte einer der Polizisten mich, zog meinen Kopf an den
Haaren nach hinten und brüllte mich an: Er wisse genau, wir seien
Anarchisten aus dem Ausland, wir wollten sie verleumden, sie seien keine
Nazis, das wäre eine Lüge, wir würden Lügen verbreiten.
Wir wären keine Österreicher, dies sei nicht unser Land und wir
hätten hier nichts zu suchen. Wir sollten hier auf der Stelle verschwinden.
Nun wollten die Polizisten wissen, woher wir kämen, ob wir über
das Internet organisiert seien, ob wir Kontakte zu anderen Gruppen hätten,
ob wir alleine gekommen seien, wo wir übernachten würden, usw.
Wer nicht sofort antwortete, wurde geschlagen.
Aus unseren Sachen die mittlerweile auf dem ganzen Boden zerstreut
waren, suchten sie alle Schlüssel heraus und wollten wissen, welcher
wem gehört, anscheinend um herauszufinden, ob wir alleine wären.
Sie durchwühlten auch unsere Unterlagen mit der Bemerkung "Die
wissen alles aus dem Internet, die haben alles". Sie nahmen alle Unterlagen,
aus denen Telefonnummern etc. ersichtlich waren, mit.
Sie nahmen das Handy von einem von uns und fanden die Nummer des Infotelefons
gespeichert, sie fragten was dies für eine Nummer sei und wofür
wir die brauchten. Dann bearbeiteten sie den Besitzer des Handys mit der
Frage, was das Codewort sei, das man da sagen müsse.
Daraufhin nahmen sie die SIM-Karten aus allen Handys und zerkratzten
sie an der Wand. Zusätzlich wurden die Handys auf den Boden geworfen
und darauf herumgetreten, bis die Schale zertrümmert war.
Auch meine Uhr wurde vom Handgelenk abgerissen und zerstört. Die
Weste eines meiner Freunde wurde komplett in Fetzen gerissen.
Nun brüllten sie jeden von uns einzeln an, was wir nun machen
würden, bis er antwortete: Heimfahren. Sie wollten außerdem
wissen, über welchen Grenzübergang wir gekommen seien, und welche
anderen Gruppen aus Deutschland noch da seien und ob wir "Wessis" oder
"Ossis" seien, wahrscheinlich weil im Personalausweis von einem von uns
Magdeburg als Hauptwohnsitz angegeben war.
Nun gaben sie außerdem unsere Personalien per Funk vor der Tür
durch und durchwühlten unser Auto komplett, wobei sie noch einige
Gegenstände mitnahmen. Dann wurde ein Fotograf in Zivil hereingerufen,
der von uns Portraitaufnahmen machte. Uns wurde gesagt, die Bilder würden
an das BKA weitergegeben. Einer von uns wurde unter höhnischem Gelächter
der Polizisten dazu gezwungen, in die Kamera zu lächeln.
Nun mußten wir uns wieder nebeneinander an die Wand stellen und
unsere Schuhe ausziehen. Diese wurden mitgenommen. Daraufhin erklärte
einer der Polizisten: Jeder Polizist könne uns daran erkennen, daß
wir keine Schuhe hätten, wir sollten nicht wagen auf die Demo zu gehen,
wenn wir dies doch tun würden, gelten wir automatisch als verhaftet
und wir könnten uns ausdenken, was dann mit uns passiert. Außerdem
hätten wir in Zukunft in Österreich nichts mehr zu suchen.
Unsere Schuhe könnten wir uns an der letzten Tankstelle vor der
Autobahn abholen. (Dort kamen sie natürlich nie an). Daraufhin verließen
die Polizisten den Hausflur, schlossen die Tür und fuhren davon.
Wir verließen daraufhin die Innenstadt schnellstmöglich,
an einer Telefonzelle wandten wir uns an das Rechtshilfetelefon. Dort riet
mensch uns, auf keinen Fall Kontakt mit der Polizei aufzunehmen oder dieser
unseren Standort zu verraten. Außerdem sollten wir nicht nach Deutschland
zurückkehren, sondern uns erst einmal in Wien verbergen, da man uns
wahrscheinlich an den Grenzübergängen schon erwarte. Daraufhin
wandten wir uns an die deutsche Botschaft. Der Mitarbeiter dort meinte,
nun ja, dies seien eben die österreichischen Gesetze und wir sollten
uns doch am Montag nochmals melden, wenn die Botschaft wieder geöffnet
sei.
Zu unserem Glück trafen wir per Zufall an der Tankstelle den Vater
einer Journalistin, der den Kontakt zu ihr herstellte. Sie versorgte uns
freundlicherweise wenigstens mit Socken und gab uns ihre Karte mit, mit
der Bemerkung, Kontakte zur Presse würden die Polizei normalerweise
einschüchtern, so daß wir es wagen könnten, die Grenze
zu übertreten.
Es ist davon auszugehen, daß auch noch andere TeilnehmerInnen
der Demonstration diese Vorgehensweise erlebt haben und dies einen kleinen
Vorgeschmack auf zukünftige "freiheitliche" Verhältnisse in Österreich
bieten soll. Bürgerliche Rechte werden da wohl nicht mehr das Papier
wert sein, auf dem sie geschrieben stehen. Die Linke in Österreich
verdient die Solidarität gegen die faschistoide FPÖ-Regierung
deshalb in höchstem Ausmaße.
Der Sachschaden an unserem Eigentum beläuft sich auf über
1000 DM, wir erwägen Anzeige zu erstatten und eine Zivilklage auf
Schadensersatz einzureichen. Allerdings sehen wir dies als chancenlos an.
15.30: Westbahnhof
Stellungnahme der Grün-Alternativen Jugend
Betrifft: Polizeiwillkür
Auseinandersetzungen auf der Mariahilferstraße
Wir möchten den ORF-Berichten zu angeblichen gewalttätigen
Ausschreitungen von seiten autonomer AntifaschistInnen heute nachmittag
auf der Mariahilferstraße widersprechen. Wenn Franz Schnabl (Generalinspektor
der Wiener Sicherheitswache, Anm.) in der ZIB um 17.00 Uhr behauptet, dass
auf der Mariahilferstrasse eine "gefährliche Situation" entstanden
sei, weil sich "Autonome mit normalen Demonstranten" mischen wollten,
gibt er damit - unfreiwillig - zu, dass die Wiener Polizei offensichtlich
nicht bereit ist, dass Recht jedes Menschen sich einer Demonstration anzuschließen,
zu respektieren. Ohne jeden Anlass, versuchte die Polizei, die Demonstration
zu spalten, indem sie den sogenannten autonomen Block am Losgehen hinderte.
Beamte blockierten die Demoroute und prügelten auf DemonstrantInnen
und Umstehende ein. Diesem gewalttätigen Akt waren keinerlei (!) Provokationen
vorausgegangen. Wir wollen hiermit gegen die verfälschte Darstellung
im ORF protestieren und unsere Solidarität mit den Opfern der
Polizeigewalt ausdrücken.
Mindestens genauso wichtig: Wir mussten erfahren, dass sich Mitglieder
der Demokratischen Offensive nach den Vorfällen OHNE sich bei den
Betroffenen oder bei AugenzeugInnen zu informieren, von den angeblich gewalttätigen
AntifaschistInnen distanzierten. Wir halten dieses Vorgehen für ein
Armutszeugnis insbesondere für eine Organisation, die das schöne
Wort "demokratisch" in ihrem Namen führt. Wir ersuchen die Angesprochenen
um Klarstellung und erwarten in Zukunft eine deutliche Ablehnung derartiger
Spaltungsversuche des antifaschistischen Widerstandes.
Grünalternative Jugend Wien
Wir (5 Personen) kamen um ca. 22.15 zur ÖVP-Zentrale. Dort bemerkten
wir ein Großaufgebot Polizei und eine Abteilung Polizisten, die die
Josefstädterstraße hinauf gingen. Wir folgten ihnen, da wir
uns dachten, daß wir so zur Demo finden würden. Beim Theater
in der Josefstadt trafen wir auf weitere Polizeieinheiten, die Kreuzung
war abgesperrt und aus einer Seitengasse waren vereinzelte Pfiffe zu hören.
Die Polizisten waren alle sehr hektisch und agressiv. Wir trafen einige
Bekannte und beschlossen, daß es gesünder wäre, den Platz
zu verlassen. Wir irrten dann (teilweise von Polizisten begleitet) in der
Josefstadt umher. Unterwegs trafen wir auf mehrere Gruppen von Polizistinnen
die als DemonstrantInnen erkennbare Personen durchsuchten. Eine Gasse war
von der Polizei gesperrt und dahinter standen ca. 14 Personen mit erhobenen
Händen gegen die Wand gelehnt. So standen sie ca. 1 Stunde bis sie
alle durchsucht und fotografiert worden waren.
Wir (eine Gruppe von nunmehr 12-15 Personen) gingen dann Richtung ÖVP-Zentrale.
Unterwegs trafen wir jemanden, der uns erzählte, dass dort Leute grundlos
perlustriert und verprügelt wurden.
Daraufhin beschlossen wir, zu der Diskussion ins Burgtheater zu gehen.
Zu diesem Zeitpunkt wurden wir bereits von einem Polizeiauto verfolgt.
Im Rathauspark waren außer diesem Auto auch einige Polizeibusse hinter
uns. Nach allen Polizeiübergriffen, die wir an diesem Tag bereits
erlebt und gesehen hatten (Der Polizeiüberfall beim Westbahnhof, Polizeiprügel
gegen außerhalb der Demo befindliche, zwar laute aber völlig
friedliche Jugendliche beim Parlament... ) bekamen wir Angst, weil es in
dem finsteren Park keine Zeugen gegeben hätte. Also stellten wir einige
Parkbänke quer über den Weg und begannen aus dem Park Richtung
Burgtheater zu laufen.
Vor dem Theater befand sich ebenfalls ein Bus der Polizei und als sie
uns kommen sahen sprangen sie heraus. Mir gelang es noch, bis zum Eingang
zu laufen. Dort drehte ich mich um und sah, wir einer aus unserer Gruppe
auf dem Boden lag und ein Polizist auf ihn einschlug. Das war um ca. 23.30.
Was weiter geschah, weiß ich nicht, weil ich ins Burgtheater rannte,
um die dort diskutierenden über die Vorfälle zu informieren.
Samstag, 19.2.2000 ca. 22:30 Als ich von zu Hause kommend die U2 am
Rathausplatz verließ, bot sich mir unmittelbar ein Bild, dass ich
seit Wackersdorf (Demonstrationen gegen die geplante atomare Wiederaufbereitungsanlage
in Bayern) so nicht mehr gesehen hatte. PolizistInnen hetzten Menschen
entlang der sogenannten 2er-Linie auf und ab.
Dabei wurde neben Tritten von Schlagstock und Schildern üppig
Gebrauch gemacht. Es schien sich ein dichter Polizeikordon zum Schutz der
Övp-Zentrale gebildet zu haben.
Vor dem U2-Bahn-Aufgang Josefstätter Straße hatten sich
Gruppen von Menschen versammelt, die gegen die Polizeimethoden lauthals
demonstrierten. Wer von der Polizei - wie mir scheint wahllos - herausgegriffen
wurde, wurde perlustriert und zum Teil unter Beschimpfungen und Bedrohungen
zur U-Bahn eskortiert und zum Heimfahren angehalten ("Wenn wir Dich hier
noch einmal sehen...").
Die folgende halbe Stunde war davon geprägt, dass die Polizei
einen immer weiter werdenden Kordon von Absperrungen errichtete, wobei
auch Hunde eingesetzt wurden.
Teil der Polizeitaktik war es, gezielt Leute innerhalb des Kordons
zu isolieren und ihre Personalien (unter fragwürdigsten Bedingungen)
aufzunehmen. Ich traf im Laufe des Abends noch mehrere Leute, die in so
einen "Kessel" geraten waren, und dort Prügeln (vor allem gegen die
Knie; die PolizistInnen tragen ja neuerdings kombinierte Schienbein und
Knieschützer) und Beschimpfungen ausgesetzt waren.
Nachdem die Polizisten versucht hatten, die Absperrung bis zu den umliegenden
Strassen auszuweiten, beschloss ich den Platz zu verlassen, was mir gerade
noch gelang. Ich wollte noch zum Ballhausplatz schauen, kehrte jedoch noch
einmal zurück um zu sehen, ob die eingekesselten Personen schon gehen
durften. Dabei kam mir eine Gruppe Menschen entgegen, die mir allerdings
nicht sagen konnten, ob es weitere Festnahmen gegeben hatte.
Wir gingen ein Stück gemeinsam Richtung Rathauspark; vor uns ca.
10 Polizeibusse mit Blaulicht - wahrscheinlich unterwegs zum Burgtheater.
Ein Geländewagen der Polizei schwenkte aus und begann uns (die Gruppe)
zu verfolgen. Im Rathauspark wurde das ganze dann ziemlich unheimlich,
weil ein Ausscheren oder Wegkommen nicht möglich schien. Als dann
zwei oder drei VW-Busse mit Blaulicht vom Burgtheater heranrasten, konnte
ich mich gerade noch mit einem Sprung auf die Seite retten. "WEGA - alle
stehenbleiben - Hände in die Höhe" war ein überflüssiger
Kommentar der zwei Beamten, die mich von hinten packten und gegen den nächsten
Baum drückten.
Ich weiß nicht mehr wie oft ich in der nächsten halben Stunde
(ca. 23:15 bis 23:45) durchsucht wurde, ich weiß auch nicht von wem.
Umdrehen wurde durch Wort und Tat sofort unterbunden. Währende der
Beamte der meine Personalien aufnahm nicht zu den Hardlinern gehört
haben dürfte, war es die vorerst einzige Aufgabe des Zweiten, mich
am Genick zu packen und mit dem Gesicht gegen den Baum zu pressen.
"Glaubt ihr wir lassen uns wochen- und nächtelang von Euch papierln?
Das muss einmal vorbei sein", war eigentlich die einzige Erklärung
für den ganzen Vorgang. Ich muss aber auch zugeben, dass ich im finsteren
Park mit einer Gruppe von Menschen, die ich nicht kannte, es nicht wagte,
Gegenfragen zu stellen oder mich zu wehren.
Nachdem ich meinen Ausweis wieder bekommen hatte, wurden mir Haube
und Schuhe abgenommen, um etwaige Waffen sicherzustellen. Ich stand mit
dem Gesicht immer noch gegen den Baumstamm gedrückt, sodass ich nichts
sehen konnte.
Der Beamte drückte mir Schuhe und Haube in die Hand und fuehrte
mich unter Androhung von Gewalt, falls ich mich auch nur einmal umdrehen
sollte, zum Ring, wo er mich anwies, den Ort in Richtung meiner Wohnadresse
zu verlassen. Ein APA-Journalist sah dem ganzen gelangweilt zu.
Ich bin dann auch tatsächlich mit schlotternden Knien im Schüttregen
nach Hause, ohne ein einziges Mal die Männer gesehen zu haben, denen
ich da 20 Minuten eine halbe Stunde ausgeliefert war. Ein Scheiß-Abgang.
Als Resultat der Polizeiaktionen wurden vier Leute ins Polizeigefangenenhaus überstellt mit Anklagen wegen "Widerstand" und "Landfriedensbruch". Drei davon waren EU-Bürger. Den gesammelten Aussagen und Gedächtnisprotokollen nach wurden den ganzen Abend lang insbesondere nichtösterreichische junge Menschen gejagt, um das Konstrukt der "gewalttätigen Demonstranten aus dem Ausland" zu rechtfertigen. Durch ihre Zusammenarbeit mit der Polizei und ihre Distanzierung von angeblichen Gewalttätern, die in Wirklichkeit Opfer der Polizeigewalt waren, trug SOS-Mitmensch massgeblich zur Gewalteskalation von seiten der Polizei bei.
Alle, die Polizeiübergriffe beobachtet haben, sollen sich bitte umgehend bei der Rechtshilfe (jeden Tag ab 19 Uhr) melden.
Besonders dringend würden wir auch Fotos und Filmmaterial von JournalistInnen und Kameraleuten benötigen, damit wir dieses den Betroffenen als Entlastungsmaterial bei etwaigen Prozessen zur Verfügung stellen können. Dank im Voraus!
Tel: 535 91 09, Postadresse: Rote Hilfe, Stiftg. 8, 1070 Wien
täglich aktualisiert:
aus: TATblatt nr. +134 (5/2000) vom 24. februar
2000
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