Im neu aufgerollten Dieman-Prozess wurden die Klägerinnen abgewiesen.
Österreichisches Schwulen- und Lesbenforum
Die Geschichte ist seit zwei Jahren bekannt. Anlässlich des jährlichen Kongresses des ÖLSF (Österr. Lesben- und Schwulenforum) 1997 in St. Pölten hatte auch Kurt Dieman gemeint, seine Meinung im rechtskatholischen Blättchen "Der 13." abgeben zu müssen. Äusserungen wie "Homosexuelle kriechen jetzt wieder wie Ratten aus ihren Löchern" und "sie sollten geschlechtsspezifisch mit Peitsche und Ochsenziemer gezüchtigt werden" sowie "wer Nazi-Methoden anwendet, sollte mit ebensolchen behandelt werden" (Dieman erinnerte der Spaziergang von ca. 20 Lesben und Schwulen auf dem St. Pöltener Domplatz an die Aufmärsche der Hitlerjugend!!) hatten 49 teils prominente Lesben und Schwule bewogen, gegen diese unglaubliche Verhetzung, sowie Beleidigung und Verunglimpfung zu klagen.
Schon am LG-Linz wurden die KlägerInnen 1998 abgewiesen, da erstens der Tatbestand der Verhetzung in Österreich nur den Kriterien der Volkszugehörigkeit, der Religionszugehörigkeit und der "Rasse" folgt, aber nicht der geschlechtlichen Orientierung. Außerdem sei die Gruppe der Lesben und Schwulen so groß, dass auf sie der Tatbestand der Kollektivbeleidigung nicht zutreffen könne.
Dagegen hatten die KlägerInnen natürlich Berufung eingelegt und schließlich wurde der Prozess in die erste Strafinstanz zurückverwiesen und nach Wien verlegt.
Und nun ist es also offiziell: Gegen Vehetzung dürfen und können sich Lesben und Schwule nicht wehren, weil sie im Grundrecht, das sie schützen sollte, nicht vorkommen.
Und die Kollektivbeleidigung wurde heute am LG-Wien von Richter Bruno Weiss zurückgewiesen. Denn - wieder - die Lesben und Schwulen seien eine so große Gruppe, dass sie mit Äusserungen wie oben ja gar nicht näher gemeint sein können und sie auch keine "aktive Klagslegitimierung" hätten.
Die mündliche Urteilsbegründung des Richters war teilweise skurril und wieder ein Schlag in das Gesicht der KlägerInnen: Am schlimmsten: Diemanns Assoziation der lesbisch/schwulen Versammlung vor dem St. Pöltener Domplatz mit den Aufmärschen der Hitlerjugend sei verständlich, auch damals seien junge Leute am Sonntag vor die Kirchen gezogen und hätten die KirchgängerInnen gestört.
Eine diskriminierte und gefährdete Minderheit mit der HJ zu vergleichen ist in diesem gesamten Skandalprozess wohl leider noch der kleinere Skandal.
Es darf also hierzulande hochoffiziell gesagt werden und ist freie Meinungsäusserung:
Lesben und Schwule sind Ratten, sie sollen gezüchtigt und mit Nazi-Methoden
behandelt werden.
Dagegen war schon zu Zeiten der großen Koalition keine Hilfe
zu finden und nun in einer schwarz-blauen Regierung mit einem Justizminister,
der sich eher um seine Vergangeheit mit ehemals Miss Vienna Sorgen macht
(1), sind keine Änderungen im Grundrecht (Verhetzungsparagraph)
und im Antidiskriminierungsbereich zu erwarten.
Gute Nacht Österreich - aber das sagen wir ja schon seit Wochen.
(1) Anmerkung TATblatt: Diese Pressemitteilung des ÖSLF ist eine Woche alt. In dieser Woche wurde der Justizminister ausgewechselt. Dieter Böhmdorfer, jahrelang Hausanwalt der FPÖ, hat es bisher unterlassen, Details aus seinem Privatleben zu veröffentlichen.
aus: TATblatt nr. +135 (6/2000) vom 9. märz
2000
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