Im September 2000 finden zwei Globale Aktionstage gegen Kapitalismus
statt (S11 und S26 [sprich: 11. September und 26. September; diese Schreibweise
zieht sich in diesem und anderen Texten durch; Anm. TATblatt]), bei denen
konzentrierte Aktionen Tagungen multinationaler Organisationen verhindern
oder zumindest stören sollen.
TATblatt
Vom 11.-13.9. tagt in Melbourne (Australien) das World Economic Forum (WEF). Das WEF ist ein exklusiver, nicht-gewählter Zusammenschluss, bei dem nur über Einladung teilgenommen werden kann, und steht als Think-Tank und treibende Kraft hinter der globalen Ökonomie. Die Mitglieder setzen sich vorwiegend aus VertreterInnen der Top-1000 unter den transnationalen Unternehmen und Konzernen zusammen. Ausgewählte WissenschaftlerInnen, WirtschaftsministerInnen, Regierungschefs und MedienvertreterInnen sind geladen.
Das WEF hält seine jährlichen Treffen in Davos, einem kleinen Skigebiet in den schweizer Alpen, ab. Übereinstimmend damit soll beim Weltgipfel in Melbourne ein politisch-ökonomisches Geschäftsprogramm für dieses Jahr beschlossen werden.
Einige der Mitglieder des WEF sind Microsoft, McDonald's, Monsanto, Hewlett Packard, Mobil, Siemens, Coca-Cola, Thyssen-Krupp, Nestlé, Novartis, Visa, Exxon, BP-Amoco, Estee Lauder, Forbes, Ford, Honeywell, Nike, Boeing, General Motors, Indian petro-chemical corporation, Western Mining Corporation, Mitsubishi, usw.
Die Aktionen mit Höhepunkt am 11. September (S11) gegen das WEF-Gipfeltreffen
in Melbourne haben laut call to action zum Ziel, den gemeinsamen Kampf
gegen Globalisierung zu artikulieren, Zusammenarbeit zu lernen und eine
Alternative zur derzeitigen Weltordnung zu erarbeiten, die die Ausbeutung
und Ungleichheit über den Globus forciert.
IWF und WB in Prag
Zwei Wochen später, von 26. bis 28. September, findet in Prag der 55. Jahresgipfel von Internationalem Währungsfond (IWF) und Weltbank (WB) zum ersten Mal in einem osteuropäischen Land statt. 20.000 BankerInnen, ÖkonomInnen und InvestorInnen aus aller Welt werden sich versammeln, um einen Plan für die vollständige Liberalisierung der Weltwirtschaft vorzuschlagen, welche sie als einziges Instrument zur Lösung der Probleme der Welt darstellen.
GegnerInnen dieser Theorie und ihrer Auswirkungen haben für 21.
bis 28. September zu umfangreichen Widerstand gegen die IWF-WB-Tagung aufgerufen.
Die Initiative gegen Ökonomische Globalisierung - Prag 2000 wurde
gegründet.
Turn Prag into Seattle
Der 26. September wurde als global day of action, also als Globaler Aktionstag gegen Kapitalismus S26 ausgerufen. Alle Gruppen, die nicht anch Prag mobilisieren, sind aufgefordert, in ihrem Umfeld Aktionen zu organisieren.
Am 30. November 1999 ist es in Seattle gelungen, mit massiven Protesten
das dortige Gipfeltreffen der Welthandelsorganisation WTO zm Scheitern
zu bringen (siehe TATblatt Nr. plus 129). Unterstützend zum direkten
Widerstand in Seattle fanden weltweit Aktivitäten mit mehreren 100.000
TeilnehmerInnen statt.
Repression
Doch nicht nur IWF und WB sowie deren GegnerInnen mobilisieren nach Prag. Auch die tschechischen Exekutivorgane bereiten sich vor. So werden 11.000 PolizistInnen im Einsatz sein, sowie "Spezialisten" zur Subversionskämpfung aus verschiedenen Ländern und das FBI (das vor kuzem ein Osteuropa-Hauptquartier in Prag eröffnet hat). Die tschechische Armee stellt Räumpanzer und Reservetruppen, außerdem findet "zufälligerweise" zur gleichen Zeit eine NATO-Übung vor den Toren Prags statt. Angeblich werden auch 30.000 Menschen, die rund um das Kongress-Zentrum leben, für eine Woche aus ihren Häusern vertrieben und in Ersatzquatieren untergebracht - zu ihrer Sicherheit, versteht sich.
Schon in den letzten Wochen und Monaten wurde bewusst versucht, die entstehende Anti-IWF-Bewegung zu kriminalisieren. Am Sonntag den 16.4. fand in Prag eine Anti-IWF-Demo in Solidaritit mit den Widerständigen in Washington (A16) statt (zum Widerstand gegen das WTO-Treffen in Washington siehe TATblatt Nr. plus 138). Die Demo wurde kurz vorher verboten, trotzdem fanden sich mehrere Hundert Menschen unter Beteiligung eines internationalen Blocks auf einem zentralen Platz in Prag-Innenstadt ein. Nach kurzer Kundgebung zog die Demo ca. eine Stunde lautstark aber gewaltfrei durch die Stadt und wurde kurz vor dem Präsidentenpalast von einem martialischen Polizeiaufgebot gestoppt und zu zerstreuen versucht. Dabei wurden vier DemonstrantInnen und 26 TouristInnen grundlos festgenommen. Beeindruckend war die große Medienpräsenz, es waren Kamerateams von allen tschechischen Fernsehstationen anwesend, sowie JournalistInnen von fast allen tschechischen Tageszeitungen. Die Demo war abends das Thema in allen Nachrichtensendungen - inklusive Interviews mit den Demo-SprecherInnen, sowie Seite-eins-Thema in den Tageszeitungen, angeblich sogar mit einem eher positiven Grundtenor.
Am 1. Mai attackierte die Polizei eine anarchistische Demonstration, die anlässlich des Mayday 2000 stattfand. Zahlreiche AktivistInnen wurden systematisch wegen Plakatierens verfolgt und mit Strafen von 1000 Kronen belegt. Eine Reihe von Demonstrationen wurde verboten.
Die Anreise zu den Aktivitäten aus dem Ausland wird erschwert werden.
Deshalb wird empfohlen, bereits vor dem 26. September anzureisen und das
Äußere den Umständen anzupassen. Grenzkontrollen werden
in diesen Tagen sicher um einiges erhöht sein.
Geplante Aktivitäten ...
... in Prag sind u.a. das Anti-WTO-Camp vom 21. - 28. September.
Vom 21. bis 25. September ist ein "Kunst, Politik und Widerstand"-Festival geplant, eine Mischung aus Gegengipfel und kulturellem Happening.
Vom 26. bis 28. Sept. finden "Aktionstage" statt, wobei speziell am ersten Tag versucht werden wird, den IWF/WB-Gipfel so zu blockieren, dass er nicht stattfinden kann.
Für Samstag, 23. September, wird von Gewerkschaften und der Tschechischen KP zu einer Großdemonstration der tschechischen und internationalen ArbeiterInnenbewegung mobilisiert. Auch aus Österreich werden Leute daran teilnehmen, wobei vom Komitee gegen IWF, das von trotzkistischen Gruppen dominiert wird, nur für diesen Tag mobilisiert werden soll und unseres Wissens nach bisher keine Beteiligung an den globalen Aktivitäten am 26. September geplant ist.
Andere Gruppen rufen stattdessen für eine Teilnahme am Anti-IWF-WB-Camp
auf und wollen so die direkten Proteste gegen das Gipfeltreffen unterstützen,
deren Höhepunkt der 26. September sein soll.
Kontakt und Informationen:
INPEC Initiative against economic globalisation prague 2000
http://inpeg.ecn.cz/frames/english/index1.html
E-Mail: Prague2000_cz@hotmail.com
press agent:
+420-604-438182
+420-604-556309
Komitee gegen IWF (in Wien):
gegeniwf@gmx.net
Die wichtigsten Info-Seiten im WWW:
http://www.no-racism.net/s26/index.htm
S26 - Global Actionday against Kapitalism
umfangreiche S26-Site mit Hintergrundinfos, Terminen in Wien u.v.a.
(powered by Für eine Welt ohne
Rassismus)
http://ourworld.compuserve.com/homepages/LabourNetAustria/beweg14.htm
Das Wichtigste zu Prag im September 2000 – Infos und Links, zusammengetragen
von LabourNet
Austria
http://inpeg.ecn.cz/frames/english/index1.html INPEG Initiative against Economic Globalization - Prague 2000
http://pga.agp.org/agp/de/:
Peoples' Global Action gegen "Frei"-Handel und die Welthandelsorganisation
http://www.x21.org/s26/: Global
Day of Action S26
http://www.s11.org/s11.html:
S11 Mass Action for global justice & the environment in Melbourne,
Australia
http://www.no-racism.net: Für
eine Welt ohne Rassismus
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