Öl und Knödl
Kill A Multi
Ölkatastrophen, chemische Verseuchung, Bürgerkriege anzetteln,
BürgerInnen bespitzeln, Korruption und vieles ähnliches lassen
sich Multis weltweit zuschulden kommen. Dafür gab es reichlich, wenn
auch noch zu wenig, Vergeltung. Hier wieder das neueste von einem der Grundübel
dieser Welt, dem Multinationalen Konzern.
TATblatt
Öl könnte das gesamte Kaspische Meer ökologisch umbringen, wenn der US-Ölmulti Chevron zusammen mit Amoco, Agip, Shell, ExxonMobil Totalfina und anderen richtig in die Förderung in Kasachstan einsteigt. Schon nach Probebohrungen trieben im heurigen Sommer 11.000 Seehunde tot an die Ufer.
In Schottland explodierte in der petrochemischen Fabrik von BP Amoco in Grangemouth im Juni wieder einmal ein Rohr, einer von 18 solchen Zwischenfällen im letzten Jahr. Selbstverständlich gab es laut Firmenleitung keine Gefährdung der Bevölkerung, obwohl acht Löschfahrzeuge im Einsatz waren.
Die deutsche Bayer AG belieferte 1998 und 1999 niederländische LandwirtInnen mit einem verseuchten Impfmittel, woraufhin 2.000 Rinder verendeten. Bayer weigert sich wie in ähnlichen Fällen auch Schadenersatz zu zahlen.
In den USA brachte der republikanische Senator Murkowski, der zugleich Vorsitzender des Energieausschusses des Senates ist, den Antrag ein, die Ölexploration durch Phillips Petroleum in den Nationalparks Alaskas zuzulassen.
Etwa zur gleichen Zeit wurde ein Bericht veröffentlicht, der besagt, daß die Folgeschäden der Ölkatastrophe von 1989 in Alaska durch die Exxon Valdez noch mindestens weitere zehn Jahre zu bemerken sein werden. Heuer wurden schon über 1.000 Seeotter tot im damaligen Ölauslaufgebiet aufgefunden.
Während sich die Philippinen noch von einer 1996 stattgefundenen Giftkatastrophe in der Marcopper-Mine des kanadischen Bergbaumultis Placer Dome, in der ein Rückhaltebecken gebrochen war und der Fluß Boac vergiftet wurde, erholen, versucht Placer Dome wieder sein in Nordamerika stark beschädigtes Image zu polieren.
Falls Verhandlungen mit NGOs nichts helfen, wird wohl wie im Fall der kanadischen Gasgesellschaft Alberta Enegry Co. wieder auf Altbewährtes zurückgegriffen werden. Vor kurzem drang durch eine Indiskretion ans Licht, daß Alberta Energy zusammen mit anderen Firmen an die zwei Millionen Schilling an die kanadische Polizei "spendete", damit diese genug Geld zur Bespitzelung von GegnerInnen der dortigen Öl- und Gasanlagen zur Verfügung hatte.
Von da ist der Schritt zur direkten Korruption nur ein kleiner: In Frankreich
ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den ehemaligen Kulturminister Jack
Lang wegen einer Zahlung des Energiekonzerns Elf-Aquitaine für ein
Kulturfestival in Blois, wo Lang zufällig auch Bürgermeister
ist. Elf hatte bekanntlich auch in Deutschland quer durch die politische
Landschaft geschmiert, um an eine ostdeutsche Raffinerie heranzukommen.
Genug
Weltweit haben ziemlich viele Menschen von diesen Machenschaften ziemlich genug, und so vielfältig sind auch die Gegenmaßnahmen. Nach den mehrfachen Giftkatastrophen in der Tisza und der Donau hat Ungarn gegen die Betreibergesellschaft einer Mine, eine australische Gesellschaft namens Esmeralda, Klage eingereicht. Da diese aber kurz darauf in Ausgleich ging, kündigte die ungarische Regierung an, auch die daran Beteiligten zu klagen. Unter den Geldgebern von Esmeralda ist als größter die französische Bank Rothschild, mit deren Geld bereits so manche Ökokatastrophe im Bergbaubereich finanziert wurde.
In den USA läuft ein Verfahren von Angehörigen der Karen aus Burma, wo der US-Multi Unocal gemeinsam mit TotalFinaElf (französisch-belgisch) eine Gaspipeline durch militärisch gesäubertes Gebiet baut, wobei beim Bau auch Sklaven eingesetzt werden.
Tausende peruanische Campesinos versuchen ein Verfahren gegen Newmont Gold Corporation, an der die Weltbank 5% der Aktien hält, in Gang zu bringen, weil seit 1992 durch eine Mine ihr Wasser mit Schwermetallen verseucht und das Land zerstört wird.
Damit nicht alles noch schlimmer wird, organisieren US-Gruppen einen Boykott gegen Texaco. Texaco hinterließ nach seinem Rückzug aus Ecuador mit Rohöl und Chemikalien kontaminierte Landstriche, für deren Reinigung der Konzern nun nicht aufkommen will. Vor einem Gericht in New York ist ein Verfahren von betroffenen ecuadorianischen Indios über 1,5 Mrd. US$ gegen Texaco anhängig, weil diese aus ihrem Gebiet vertrieben worden waren. Mit dem Boykott soll Texaco in die Knie gezwungen werden.
Eine Boykottkampagne läuft auch gegen Procter & Gamble, weil dieser nicht von seinen massenhaften Tierversuchsreihen für kosmetische Produkte ablassen will. Während P & G pro Jahr über 5 Mrd. US$ in Werbung steckt, wurden für die Entwicklung von Alternativmöglichkeiten zu Tierversuchen in 14 Jahren lediglich 64 Mio. US$ ausgegeben. Folglich wird dazu aufgerufen, Produkte wie Always, Banner, Pampers, Pringles oder Clearasil nicht zu kaufen.
Etwas energischer sind die Auseinandersetzungen in den zahlreichen Bürgerkriegsländern, in denen Multis Geld scheffeln. Shell legte von sich aus einen Bericht vor, daß in Nigeria im letzten Jahr 102 Fälle von Geiselnahme von Shell-Angestellten vorgekommen sind. Shell setzt in 42 Ländern eigenes bewaffnetes Sicherheitspersonal (damit sind nicht einfache Nachtwächter sondern Paramilitärs gemeint), in 18 Ländern kooperiert die dortige staatliche Armee direkt mit Shell. Das sollte nicht erstaunen, denn alleine in Nigeria hat Shell das Ogoniland mit seinen 500.000 EinwohnerInnen in den Zustand des Bürgerkriegs gestürzt und investiert dort weiterhin, obwohl es zu großräumigen ethnischen Säuberungen kommt.
In Papua-Neuguinea steht der australische Bergbaukonzern BHP, Broken
Hill Proprietary, wegen der Ok Tedi-Mine schon seit Jahren am Pranger.
An der Errichtung war in den 80er Jahren auch die Vöest und am Betrieb
die deutsche Degussa beteiligt. Nach starkem Widerstand vor Ort, weil u.a.
der lokale Fly River seit 15 Jahren vergiftet wird, hat nun sogar die Weltbank
vorgeschlagen die Mine zu schließen. Vor vier Jahren endete ein Prozeß
von Ansässigen in Ok Tedi gegen BHP mit einem Vergleich, wobei sich
BHP verpflichtete, das Gebiet zu sanieren. Nun stellt die Weltbank fest,
daß mit der Sanierung nichts weitergeht. In kürze wird BHP einen
Plan zur Schließung der Mine an das Ministerium für Bergbau
von PNG übergeben müssen.
Mord und Totschlag
Im Bürgerkriegsland Kolumbien fühlt sich Occidental Petrol aus den USA wohl. Dort wird auch gegen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes Kolumbiens für die Rechte der indigenen U'wa probegebohrt. Die Bohrstelle ist militärisch zwischen der linken Guerilla und dem Militär umkämpft, mitten drinnen terrorisieren von lokalen Machthabern, die von den Bohrungen profitieren, bezahlte Todesschwadronen die U'wa, die angekündigt haben, im Fall daß sie ihr Land verlieren kollektiv Selbstmord zu begehen. Im Februar hetzte der Gouverneur der Region Sonderpolizeieinheiten auf demonstrierende U'wa, die sich nicht durch das Durchschwimmen eines breiten Flusses in Sicherheit bringen konnten. Trotzdem protestieren die U'wa weiter.
Die linke Guerillagruppe ELN kontrolliert die Umgebung der Bohrstelle
und ist entschlossen, Occidental auch weiterhin militärisch anzugreifen.
Weil offensichtlich US-Interessen bedroht sind, schließlich besitzt
Vizepräsident Al Gore 500.000 US$ in Aktien von Occidental, beschloß
die US-Regierung erst kürzlich eine Militärhilfe an Kolumbien
in Höhe von 1,3 Mrd. US$. Trotz der Kämpfe besetzen U'wa laufend
die Bohrstelle, an der ständig 300 Soldaten stationiert sind. U'wa
gelang es heuer auch auf der Hauptversammlung von Occidental in den USA
zu reden und ein kolumbianisches Gericht beschloß einen Bohrstop,
wobei die Entscheidung von Occidental sofort beeinsprucht wurde.
Erfolge, und noch mehr
Mitsubishi hat als Folge eines Konsumboykotts seine Pläne zurückgezogen, in Mexiko eine Salzfabrik ausgerechnet in einem Naturschutzgebiet zu errichten, wodurch auch eine Walmigrationsroute zerstört worden wäre, zu errichten. Die mexikanische Errichtungsgesellschaft hat aus aller Welt 700.000 Protestbriefe erhalten, die UNO wurde eingeschalten und schließlich gab der mexikanischen präsident Zedilla bekannt, daß daraus nichts wird. Umwelt- und Tierschutzgruppen aus Mexiko und den USA sind begeistert.
Ein Sieg gegen die Pharmaindustrie gelang US-VerbraucherInnenverbänden gegen die Bayer AG. Die US-Aufsichtsbehörde Federal Trade Commission zwingt Bayer eine Million US$ in eine Aufklärungskampagne über die Nebenwirkungen von Aspirin zu stecken, nachdem Bayer Aspirin auch für den regelmäßigen Gebrauch als absolut unbedenklich bewirbt. Bayer muß demnach große Anzeigen in Zeitungen schalten und kostenlos Aufklärungsbroschüren verteilen. In den USA wurde erhoben, daß der Aspirin-Wirkstoff Acetylsalicylsäure zu den 15 wichtigsten Todesursachen gehört. Außerdem kann die regelmäßige Einnahme zu Magengeschwüren führen.
Auf statistischer Ebene wurde bekannt, daß die Diskussion über
Menschenrechtsfragen mittlerweile 36% der 500 größten Konzerne
Großbritanniens dazu veranlaßt hat, mindestens ein geplantes
Projekt fallen zu lassen, und 19% haben überhaupt Investitionen in
verschiedenen Ländern abgeblasen. Anlaßfall dazu war Shell in
Nigeria, doch mittlerweile sind praktisch alle großen Konzerne der
Welt davon betroffen. Sogar die OECD, dieses Kanonenboot der Industrieländer
im Dienste der Multis (siehe das gescheiterte MAI-Abkommen), bastelt nun
an strengeren Richtlinien für Konzerne bezüglich Umweltschutz,
Sicherheit am Arbeitsplatz, Bestechung und ähnlichem. Vielleicht schon
unter diesem Eindruck unterzeichete die multinationale Telefongesellschaft
Telefonica, mehrheitlich in spanischem Besitz, ein Abkommen mit einer internationalen
Gewerkschaft über Standards, die unabhängig vom Land in allen
Niederlassungen gelten. Es ist weltweit das erste solche Abkommen und betrifft
120.000 Angestellte, hauptsächlich in Lateinamerika. Das Abkommen
umfaßt Rechte der Angestellten, aber auch Mindeststandards im Umgang
mit KundInnen und Umweltauflagen.
Unabhängigkeit
Im Juni erklärte sich West-Papua, der von Indonesien seit 1963 militärisch besetzte Teil von Neuguinea, für unabhängig. Seit der Besetzung bekämpft die Guerillaorganisation OPM nicht nur die indonesische Armee, sondern auch den US-Multi Freeport McMoRan. Nicht zuletzt um die Erklärung der Unabhängigkeit abzuwenden hatte zuvor der indonesische Präsident Wahid der Regionalregierung den Status einer teilautonomen Provinz angeboten, was die OPM aber ablehnte. Als aber der Gouverneur von West-Papua, Admiral Freddy Numberi, verlangt hatte, daß die Verträge der indonesischen Regierung mit Freeport überarbeitet und neu verhandelt werden müßten, weil die Papuas nichts von dem Reichtum erhalten würden, da lehnte Wahid aus gutem Grund ab.
Freeport ist direkt mit der Okkupation West-Papuas verknüpft. In den 60er Jahren war Freeport der erste Multi, der in West-Papua investierte, nämlich in eine gigantische Kupfer- und Goldmine in den Bergen Neuguineas. Dort wurden die aufständischen Papuas mit Militärhilfe der USA niedergekämpft, wobei Freeport bei Militäroperationen Container als provisorische Gefängnisse zur Verfügung stellte. Es waren das auch die Zeiten des US-Außenministers und Friedensnobelpreisträgers Henry Kissinger, der bis heute im Aufsichtsrat von Freeport sitzt und 1974 dem damaligen Diktator Suharto persönlich die Zustimmung der USA zur Invasion in Osttimor samt anschließendem Völkermord erteilte. Der Sturz von Suharto änderte für Freeport nichts, denn Kissinger ist auch persönlicher Berater des derzeitigen demokratisch gewählten Präsidenten Wahid.
Selbstverständlich reagierte Präsident Wahid auf die Unabhängigkeitserklärung der Papuas umgehend mit der Drohung, daß das "Militär Ruhe und Ordnung herstellen wird". Diese Drohung dürfte aber nur geringen Eindruck bei den Papuas machen, die 37 Jahre Krieg einschließlich Zwangsumsiedlungen, Flächenbombardements und jeder erdenklichen Art von Menschenrechtsverletzung hinter sich haben. Allerdings setzte die indonesische Armee bei ihrem Abzug aus Osttimor, als alles im ganzen Land zerstört und die Bevölkerung wochenlang durch paramilitärische Kommandos terrorisiert worden war, ein Exempel für die abtrünnigen Provinzen West-Papua und Aceh.
Indonesien ist zur Zeit zu zahlreichen politischen Konzessionen bereit, um den Verlust West-Papuas, Acehs und auch der Molukken, wo seit Monaten ein erbitterter Bürgerkrieg tobt, zu verhindern. Allerdings übernehmen die Unabhängigkeitsbewegungen schön langsam die politische und zum Teil auch die militärische Kontrolle. In den USA prozessiert ein Vertreter der OPM direkt gegen Freeport, ohne daß die indonesische Regierung darauf Einfluß nehmen könnte. Außerdem konnte erreicht werden, daß die niederländische Regierung eine vollständige Untersuchung der angeblich freien Abstimmung von 1969, als etwa 1.000 vom indonesischen Militär ausgewählte Papuas ihre Zustimmung zur Integration ihres Landes in Indonesien geben mußten, anordnete. Falls es den Papuas auch noch gelingen sollte, daß die UNO den Fall offiziell untersucht, wobei nur herauskommen kann, daß diese angebliche Abstimmung vor den Gewehrläufen der Besatzungsarmee völkerrechtswidrig war, dann hat Indonesien diplomatisch verloren. In West-Papua häufen sich jedoch besorgniserregende Zeichen, daß die Regierung zusätzliches Militär in allen Landesteilen stationiert.
In Aceh auf Sumatra ist die Zentralgewalt praktisch schon jetzt kaum
mehr präsent, außer wenn militärische Sondereinheiten Dörfer
überfallen. Am 11. April wurde eine Armeeeinheit, die Einrichtungen
von ExxonMobil schützte, mit Granaten angegriffen, wobei vier Fahrzeuge
von ExxonMobil zerstört wurden. Schon vier Monate zuvor war der US-Botschafter
in Indoensien nach Aceh zu einem Lokalaugenschein geeilt und hatte erklärt,
daß es für Aceh sehr schädlich wäre wenn ExxonMobil
seine Ölförderung einstellen würde. Umweltgruppen aus Aceh
sehen die Sache anders, denn sie befürworten eine sofortige Einstellung
der Förderung, damit Aceh "als einer Nation im Wartezustand etwas
übrigbleibt für zukünftige Generationen, für deren
besseres Leben und das Wohlergehen der AcehnesInnen".
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