Klagt Gross?
Heinrich Gross, NS-Arzt von der Euthanasie-Anstalt "Am Spiegelgrund",
klagt. Quer durch die Medien.
In einem Verfahren hat er nun verloren, nämlich gegen "Die Presse",
die einen ehemaligen Gefangenen des Spiegelgrund erzählen hatte lassen,
wie Gross ihn mit Injektionen gequält hatte. Richter Friedrich Forsthuber
wies in erster Instanz die Klage ab, da es um die Vorgänge am Spiegelgrund
und nicht um die Anklage wegen Mordes gegen Gross gegangen sei. Gross-Anwalt
Lehner legte Berufung ein.
Das Presse-Urteil erging im September, Mitte Oktober war die Verhandlung gegen
die Zeitschrift "Wespennest" angesetzt, und das obwohl Gross offiziell
verhandlungsunfähig ist und zu keinem Termin selbst erscheint. Klagsgrund
gegen das Wespennest war ein Artikel des Arztes Werner Vogt, der schon in den
70er Jahren von Gross geklagt worden war und damals gewonnen hatte, in dem Gross
wie immer als Euthanasiearzt bezeichnet wurde. Vor Gericht erschien Gross auch
diesmal nicht, sondern der Neffe seines Anwalts, Stefan Lehner. Richterin Ilse
Maria Vrabl-Sanda vom Landesgreicht Wien war das jedoch offensichtlich nicht
genug, und sie schlug vor, wenn Gross nicht gehen könnte diesen doch zuhause
zu besuchen, wogegen Anwalt Lehner einwandte: "Ich weiß nicht, ob
das zielführend ist. Ich weiß nicht, wie weit er sich erinnern kann".
Die Richterin ließ jedoch nicht locker und bestand darauf, daß sie
Gross persönlich befragen müsse, ob er Lehner überhaupt die Vollmacht
erteilt habe das Verfahren nach dem Mediengesetz einzuleiten.
Eine Befragung scheinen die Lehners jedoch nicht zu wünschen. Die Verhandlung
wurde vertagt. Stefan Lehner will ausloten, ob nicht eine Befragung seines Onkels
als Zeuge ausreicht, denn "Gross geht es sehr schlecht".
TATblatt +154, S. 11
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