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Kurzmeldungen Ökologie
 

Atom: Klage gegen "Turmbesetzer" von Gorleben wird zurückgezogen
 

Nach über zehn Jahren wird unter das Schadensersatzverfahren gegen die "Turmbesetzer" von Gorleben ein Schlussstrich gezogen. Bundesumweltminister Jürgen Trittin hat das Bundesamt für Strahlenschutz angewiesen, die Klage gegen 14 AtomkraftgegnerInnen, die im Juni 1990 Fördertürme des Erkundungsbergwerks in Gorleben besetzt hatten, zurückzunehmen. Die DemonstrantInnen waren von der damaligen Bundesregierung auf insgesamt 100.000 DM Schadensersatz verklagt worden.

Die Rücknahme der Klage wurde möglich aufgrund der Atomkonsens-Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgungsunternehmen. In der Vereinbarung hatten die Unternehmen erklärt, auf die Erstattung geleisteter Vorauszahlungen hinsichtlich der Erkundung des Salzstocks Gorleben zu verzichten. Damit ist auch der Schadensersatzanspruch des Bundes gegen die DemonstrantInnen gegenstandslos geworden.

Bundesumweltminister Jürgen Trittin: "Es war nach über 10 Jahren höchste Zeit, dass ein Schlussstrich unter dieses Verfahren gezogen wird. Ich freue mich, dass dies durch die Konsensvereinbarung möglich geworden ist."

Derweilen bereitet sich die Regierung samt Trittin und selbstverständlich ihre Büttel auf einen Polizeigroßeinsatz zur Durchsetzung eines absehbaren Atommülltransports vor.
 

Land Scheißmanix
 

Niederösterreich, dort wo noch gerodet und geackert werden kann, ohne von lästigen Gesetzen behindert zu werden, zumal wenn man Stronach heißt. Der Milliardär mit den guten Verbindungen zur Politik ohne Rücksicht auf Parteibuchgrenzen lässt die Pferderennbahn bauen, fehlende Genehmigungen hin, Natura-2000-Schutzgebiet her. Das Land Niederösterreich sieht tatenlos zu, wie Stronachs Bagger mitten in einem an die EU als Natura-2000 gemeldeten Naturschutzgebiet durch Rodung von Bäumen und Abtransport von Erde vollendete Tatsachen schaffen. Auf Beschwerde der BürgerInneninitiative "Erhaltenswertes Ebreichsdorf" hin meint das Land, dass alles seine Richtigkeit hätte, weil es sich nur um Vorarbeiten handle. Die Prüfung im Zuge des Raumordnungsverfahrend, ob sich das Projekt mit Flora und Fauna verträgt, ist derzeit noch im Gange.

Die Rennbahn ist Teil eines Megaprojekts namens "World of Wonders", das Stronach in der Pampa aus dem Boden stampfen will, worin auch die Stronach-Kugel noch immer eingeschlossen ist. Stronach plant auch, während der Bauarbeiten den Grundwasserspiegel der gesamten Region abzusenken, damit die Baubedingungen einfacher werden, was u.a. die Trinkwasserversorgung in Wien gefährden könnte, von den Nachbargemeinden ganz abgesehen.
 

AKW-Stopp in Taiwan
 

Nach zahlreichen AKW-Unfällen in Japan und heftigen Protesten in Taiwan selbst hat Präsident Chen Sui-ban den Bau eines AKW einstellen lassen und für beendet erklärt. Um den Bau des AKW hatte sich neben anderen Firmen auch die Vöest beworben, war aber dann von anderen Konzernen ausgebootet worden.

Die Entscheidung des Präsidenten löste heftige Proteste der parlamentarischen Opposition, einer Koalition aus drei Parteien, aus, die diese Entscheidung zum Anlass nehmen will Chen zu stürzen.

Allerdings demonstrierten am 12. Nov. ungefähr 100.000 AtomgegnerInnen zur Unterstützung von Chen vor dem Gebäude des Präsidenten. Wer hier die Symphatien der Bevölkerung auf seiner Seite hat zeigte alleine schon der Umstand, dass der Präsidentenpalast mühelos von ganzen 100 Polizisten vor den DemonstrantInnen geschützt wurde, wobei es nichts zu schützen gab.

Eine österreichische Regierungsdelegation könnte eine Exkursion mit dem Thema "Populäre statt populistische Entscheidungsfindung" nach Taiwan unternehmen, um nicht ständig unterirdische Gänge zum Regierungssitz benützen zu müssen.
 

Leuchtkaninchen
 

Auf Bestellung eines offensichtlich Künstlers, der zugleich Professor an einer Kunsthochschule in Chicago ist, entwickelten WissenschaftlerInnen des Nationalen Instituts für Landwirtschaftliche Forschung in Frankreich ein Leuchtkaninchen. Dem an sich weißen Kaninchen wurden Gene eingepflanzt, die von einem Fisch stammen, der in Dunkelheit fluoresziert. Nun fluoresziert auch das Kaninchen.

Der Professor aus Chicago begründet seinen Wunsch damit, dass er angeblich zeigen wollte, dass "transgene Tiere gewöhnliche Kreaturen und genauso Teil des sozialen Lebens wie jede andere Lebensform sind".

Allerdings wollen die WissenschaftlerInnen jetzt das Kaninchen doch nicht herausrücken, nachdem etwa ein Gentechniker aus Harvard gemeint hatte, dass das Kaninchen zwar nicht gefährlich, der Versuch aber "frivol" sei.

Das Kaninchen ist nicht das erste Leuchttier. Schon 1997 kreierten WissenschaftlerInnen in Tokyo Leuchtmäuse. Im nichttierischen Bereich gibt es schon eine schleimige Genmasse, die in Kontakt mit Menschen oder mit Calcium zu leuchten beginnt. In Arbeit sind Haarpomaden, Tinte, Sowie Leuchtbier und Leuchtchampagner.
 

Dammkatastrophen
 

Die World Commission on Dams (WCD), eine Untersuchungskommission im Auftrag der Weltbank und der World Conservation Union (eine stockkonservative Umweltorganisation von oben) unter dem Vorsitz des südafrikanischen Präsidenten Mandela untersucht nach 45.000 weltweit errichteten Großstaudämmen mit einer Höhe der Staumauer von mehr als 15 Metern erstmals auf parastaatlicher Ebene objektiv die Folgen von Großstaudämmen. Ein jüngst fertiggestellter Bericht spricht von 40 bis 80 Millionen durch Staudämme vertriebenen Menschen, dass so gut wie nie Kompensationen an die Betroffenen gezahlt werden und dass bei bisherigen offiziellen Untersuchungen, so diese überhaupt jemals durchgeführt wurden, die Auswirkungen größtenteils ignoriert wurden. Unter den Fallstudien befinden sich die mit massiver österreichischer Beteiligung errichteten Dämme Tarbela in Pakistan, Kariba in Simbabwe bzw. Sambia und Pak Mun in Thailand (siehe dazu TATblatt-Sonderheft zum Weltbank--Gipfel in Prag).

Dass die Arbeit der WCD nicht überall gerne gesehen wird, obwohl dort auch die Errichter- und Betreiberfirmen von Dämmen vertreten sind, machte der Gouverneur des indischen Bundesstaates Gujarat klar, als eine Delegation eine Besichtigung einer Baustelle am Narmada-Fluß, an dem insgesamt 3.000 Dämme errichtet werden sollen, ankündigte. Er drohte unmissverständlich mit Verhaftung, worauf der Delegationsbesuch unterblieb.

Während europäische Regierungen schön langsam zögern, für problematische Staudammprojekte öffentliche Hilfe in Form von Exportkreditgarantien zu geben, wofür die Ablehnung einer solchen durch die deutsche Regierung für Siemens-Lieferungen an den Maheshwar-Damm in Indien und die endlosen Verschleppungen rund um den Ilisu-Damm in Türkisch-Kurdistan Beispiele sind, reiste Weltbank-Chef Wolfensohn demonstrativ nach Indien, umarmte Finanzminister Yashwant Sinha und ließ keine Zweifel an der Beibehaltung der bisherigen Kreditvergabepraxis an Indien. Die Reise von Wolfensohn war folglich von Protestdemonstrationen begleitet.

aus: TATblatt +156/157 S. 3
 
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