TATblatt
 

27. November:
"blecherne Speerspitze des Femailismus" an Rauch-Kallat

Am Montag, den 27. November überreichten Aktivistinnen feministischer Medien bei einem "Journalistinnenkongress" der ÖVP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat auf spektakuläre Weise die "blecherne Speerspitze des Femailismus am Versandband".

Im Folgenden dokumentieren wir den Bericht einer Beteiligten aus der akin und das zur Verteilung gelangte Flugblatt:

>> Bericht
>> Flugi


Rotes G'sind'l, rotes
oder
Wie Frau Maria Rauch-Kallat zu ihrem Orden kam

Angefangen hat alles ganz fad. Wir lauschen in den beeindruckenden Worten Rauch-Kallats im Haus der Industrie. Sie beklagt wortreich den Mangel an Frauen in allen Bereichen - und besonders in den Medien - sind wir doch am Journalistinnenkongress, der ohne feministische Medien tagt.

Na, nicht ganz ohne uns. Aber das wissen die noch nicht.

Nach dem Einleitungsreferat übernehmen wir. Der Flugi-Text ist witzig, trotzdem sieht man kaum Leute aus dem Publikum sich genussvoll zurücklehnen und genießen. Vielleicht merken sie beim nachträglichen Lesen des inzwischen verteilten Flugis, was ihnen da entgangen ist.

Man hört Skandal-Rufe und aufgebrachtes Gemurmel aus den hinteren Reihen. Für einen waren wir ein rotes G'sind'l, und er schickte uns zu den Kommunisten. Als aber dann zwei etwas beschwipste dickleibige verschwitzte Männer unser Transparent zerreißen und verbrennen wollten, ging das sogar einigen ÖVP-Frauen zu weit.

Kurz und gut: Maria Rauch-Kallat wurde nach der Verlesung des Textes "die blecherne Speerspitze des Femailismus am Versandband" überreicht. So wie es sich gehört, hat sie sich bei uns dafür herzlich bedankt.

Das Wort gehörte wieder den Veranstaltern. Und wir gingen auf unser wohlverdientes Gläschen Wein.


Das Flugblatt zur Aktion:

 

Laudatio auf Maria Rauch-Kallat:

Die feministischen Medien freuen sich, Maria Rauch-Kallat in tiefer Dankbarkeit
DIE BLECHERNE SPEERSPITZE DES FEMAILISMUS AM VERSANDBAND
überreichen zu dürfen.

Was hat es damit auf sich? Zum einen sind wir unendlich dankbar für die Wortkreation Femailismus, die Maria Rauch-Kallat in ihrer Rede über die ÖVP-Frauen-Bewegung in Gmunden vorgestellt hat. Wenn es sich dabei nicht um einen orthographischen Fehler handelt, birgt dieser Begriff nämlich eine Unzahl oder zumindest zwei innovative Denkansätze. Fe-Mail-Ismus könnte zum Beispiel durchaus auf die unglückliche Postversandgebührenerhöhung hinweisen, gegen die die feministischen Print-Medien seit dem Frühjahr 2000 auftreten und ankämpfen. In diesem Fall: Ein herzliches Dankeschön an die solidarischen, starken, schwarzen und sehr weiblichen ÖVP-Frauen.

Oder heißt es richtig F-E-Mail-Ismus? Dann kann dies als Speerspitzenzeig auf die Neuen Technologien interpretiert werden, ein Bereich, der ja schon längst, aber zumindest in der Legislaturperiode der FPÖVP, von Frauen erobert werden sollte - ein Vorhaben übrigens, das sich bereits Ministerin Barbara Prammer an die (wenngleich roten) Fahnen geheftet hat. Sie erinnern sich? Damals hielten wir ein Frauenministerium noch für eine absolut notwendige Regierungseinrichtung.
Ob sich nun aber die Post oder das Internet in dieser genialen Wortschöpfung versteckt, ist letztendlich sekundär. Bedeutend ist, dass an Geschlechterdifferenzen in der neuen "bürgerlichen Weiberbewegung" überhaupt kein Gedanke mehr verschwendet werden muss. Die Dichotomien female/male werden durch pures Ignorieren schlichtweg aufgehoben. In einer modernen Frauenbewegung braucht es keine verbale Bezugnahme auf Frauen mehr. Hinweg mit dem Opfer-Feminismus! Weiche, Geschlechterkampf! Fort, du humorloses, lustfeindliches und morbides Feindbild Patriarchat! "Der linke Feminismus ist in Wirklichkeit gescheitert", meint unsere hochverehrte Ausgezeichnete, die sich wie "unsere Benita ... benehmen kann, gerne Frau ist und auch gerne so aussieht wie eine Frau."

Tank you, Maria Rauch-Kallat!, sagen wir und versuchen damit auch einmal kreativ und wortschöpferisch entweder auf überholte Kampftechniken oder aber auf unsere Trinkgewohnheiten Bezug zu nehmen; denn eines muss noch gesagt werden: Das Bild, das unsere Ehrenträgerin vom linken Feminismus zeichnet, bedarf doch einiger weniger Korrekturen: Wir verkleiden uns nicht als Opferlämmer und tragen keine Birkenstocksandalen. Aber sonst, ja - Jutehut ab, das kurzgeschorene Haupt geneigt und einen androgynen Knicks gemacht - küss die Hände, gnä´Frau! Es erleichtert ungemein, nun endlich zu wissen, dass wir überholt sind, und uns der neue Femailismus qualifiziert und chancenreich das Frau-Sein lehren wird. Weiter so. "Da helfen keine Gesetze" und "Reförmchen"! Wenn Sie in zehn Jahren durch die "enorme gesellschaftspolitische Unterstützung" ihr konkretes Ziel, nämlich die Verringerung der Einkommensschere zwischen femails und e-mails um satte sechs Prozent erreicht haben werden, möchten wir teuer gewandet, edel gestylt und ehrfurchtsvoll vor Sie hintreten und Ihnen die bronzene Speerspitze des Femailismus verleihen dürfen.

Einstweilen und bis dahin aber überreichen wir Ihnen eine Zeitschriftensammlung der feministischen Medien, um Ihnen die Möglichkeit zu bieten, ein wenig über Feminismus in Erfahrung bringen zu können, bevor "Witz und Lebenslust" das "böse männliche Gesellschaftssystem" abgelöst haben.


Bericht vom Journalistinnenkongress bei den Ceiberweibern
>> http://www.ceiberweiber.at/wahl/28nov.htm  

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