Diskussion zur Donnerstagsdemo vom 15. Februar 2001
- Kommentar des Vereins Gemeinsam gegen Rassismus
- Antwort eines Mitarbeiters der Botschaft besorgter BürgerInnen
- Reaktion auf Text 2
- Reaktion des Autors von Text 2 auf Text 3
- Stellungnahme des in Text 1 kritisierten Aktivisten der
Botschaft besorgter BürgerInnen zur Nicht-Weitergabe des Megafons
-
Neuerliche Antwort vom Verein Gemeinsam gegen Rassismus
1. Kommentar des Vereins Gemeinsam gegen
Rassismus (United Against
Racism)
[aus rechtlichen Gründen leicht
bearbeitet]
Die Donnerstagsdemo war am 15.02. - wie bereits im TATblatt-Bericht erwähnt
- dem Protest gegen die Aufhebung der Suspendierung der Polizisten, die
Marcus Omofuma [in den Tod begleiteten], gewidmet. Die Durchführung
war dann aber leider von einigen Pannen begleitet: So verweigerte das
zu diesem Zweck herbeigeschaffte Megafon unmittelbar vor der Demo den
Dienst und es war kurzfristig kein anderes mehr aufzutreiben. An dieser
Stelle möchten wir ganz besonders der Botschaft besorgter BürgerInnen
für ihre Solidarität und ihre Kooperationsbereitschaft danken:
Der offenbar dafür zuständige Mensch weigerte sich beharrlich
- dafür aber ohne Angabe von Gründen - das einzig vorhandene,
in Besitz der Botschaft befindliche Megafon herzuborgen. Er hielt es nicht
einmal für notwendig, eine eindeutige Antwort auf die Anfrage zu
geben, sondern wendete sich jedes Mal kommentarlos anderen wichtigen Tätigkeiten
(z.B. dem Ausschenken von Glühwein) zu.¶
¶
Die Typen, deren politischer Horizont anscheinend bei ihrer - wenn auch
mit negativem Vorzeichen versehenen - Identifikationsfigur Haider beginnt
und endet, und die uns bis zum Innenministerium mit ihrer lautstark vorgetragenen
Meinung nervten, dass die Thematisierung von rassistischer Staatsgewalt
ein eher lächerliches und unwichtiges Anliegen wäre, wo doch
"DER HAIDER" im Hotel Bristol Bücher signieren würde,
waren da nur mehr ein vergleichsweise geringes Problem. Da jedenfalls
durch die fehlende elektronische Verstärkung nur eine relativ geringe
Zahl der Demonstrierenden die Rede vor dem Wiener Landesgericht hören
konnte - noch dazu, wo es offenbar zeitgleich im hinteren, noch in der
Florianigasse befindlichen Teil der Demonstration gerade Wickel mit einem
sehr erregten, weil anständigen Bürger gab - geben wir sie hier
noch einmal in schriftlicher Form wieder:
2 Erste und letzte Entgegnung
von einem Mitarbeiter der Botschaft
besorgter BürgerInnen
wir haben tatsächlich wichtigeres zu tun, als untergriffigen berichten
zu entgegnen, während andere sich offensichtlich auf kosten von uns
profilieren wollen, erfüllen wir die aufgaben die wir uns selbst
gestellt haben, das bedeutet einen großen arbeits- und zeitaufwand,
jedenfalls haben wir genug zu tun, sodass wir weder lust noch kraft aufbringen
wollen uns in eine schlammschlacht verwickeln zu lassen, vor allem das
niveau auf welchem die attacken gegen uns geritten werden, läßt
uns die frage stellen, ob mensch solche berichte nicht unkommentiert für
sich selbst stehen lassen sollte, trotzdem der versuch einer antwort auf
die vorhaltungen die uns gemacht werden:
also: es wurde keine glühwein ausgeschenkt bei der bbb, sondern es
handelte sich um (schwarzen) tee. in der florianigasse gab es keinen wickel,
da zu einem wickel mindestens zwei gehören. was sich in der florianigasse
abgespielt hat, war eine solopeformance (teilweise mit unterstützung
des kellners) eines einzigen offensichtlich regierungsfreundlichen mannes,
der so besoffen war, dass er sich mehrmals selbst zu fall brachte. dieses
seltsame ereignis war durch die geschlossenen, gläserene eingangstüre
zu betrachten, eine gelegenheit die so manche demonstranten nutzten. es
gibt auch fotos davon, ich habe sie. das mag jetzt pingelig klingen, wenn
ich auf solchen kleinigkeiten herumreite. trotzdem ist es mir sehr wichtig,
damit zu zeigen wie schnell und unrecherchiert es zu behauptungen kommt
die einfach nicht tatsachengerecht sind. da ich nun mal selbst bei einer
zeitung arbeite, war es auch das, was mir zuerst aufgefallen ist. die
konfliktfähigkeit des vereines der sich nun so negativ über
die bbb äußert, wäre auch einer untersuchung wert. keine
genauen hinweise auf die person mit der mensch offensichtlich zu tun hatte,
dafür eine pauschale niedermache aller leute die bei bbb mitmachen.
haider als integrationsfigur, typen ohne politischen horizont und dergleichen....
ich würde gerne den politischen horizont des erfassers der schmähschrift
kennen. er muss unglaublich sein. zumal ich seine suggestion von der blödheit
der bbb-mitarbeiter bislang keinesfalls teilen kann. mir persönlich
jedenfalls viel zu tief, diese argumentationen und es regt sich in mir
der verdacht, dass dem publizisten mehr gelegen ist an möglichst
beleidigenden und somit aufmerksamkeit erregenden formulierungen, denn
am wahrheitsgehalt. tatsache ist, dass die botschaft der besorgten bürger
nun schon seit einem jahr existiert und durch selbstlose und zeitraubende
präsenz (zumeist 24 stunden am tag) am ballhausplatz ihren beitrag
für den widerstand leistet. dafür gibt es viele anfeindung seitens
der menschen die mit dieser regierung glücklich sind, aber auch sehr
viel lob und anerkennung. wenn diese anerkennung nun zu missgunst, neid
und anfeindungen von anderen sich dem widerstand verpflichteten gruppen
führt, mag das aus der sicht menschlicher schwäche ein durchaus
erklärbares phänomen sein. trotzdem würde ich euch ersuchen
ein bisschen daran zu arbeiten.
3. Antwort vom Autor aus dem Verein Gemeinsam
gegen Rassismus auf "Entgegnung" aus der BBB
Ich finde es immer sehr amuesant, wenn Leute anderen ganz entruestet
ein bestimmtes Diskussionsverhalten vorwerfen und es im gleichen Atemzug
selber an den Tag legen. Der wesentliche Unterschied zwischen unseren
Diskussionsstilen liegt allerdings darin, dass es sich bei dem Absatz
ueber die BBB in meinem Artikel um einen Tatsachenbericht handelt - abgesehen
davon, dass ich den Schwarztee fuer Gluehwein hielt, was ich zugegebenermassen
nicht nachrecherchiert habe, da ich es eigentlich fuer voellig irrelevant
hielt (der Vorwurf richtete sich gegen die TAETIGKEIT des Ausschenkens
nicht gegen die Zusammensetzung des Ausgeschenkten!) - waehrend die Antwort
auf meinen "untergriffigen bericht" nur so von tatsaechlichen
Untergriffen strotzt: "auf kosten von uns profilieren", "die
konfliktfaehigkeit des vereines ... waere auch einer untersuchung wert",
"politischen horizont des erfassers", "missgunst, neid
und anfeindungen" etc. Dabei schiessen Sie auch noch weit ueber das
Ziel hinaus und weisen Vorwuerfe zurueck, die gar keine sind (z.B. Gluehwein,
"Wickel") oder die sich gar nicht gegen die BBB richten und
deren Berechtigung und Wahrheitsgehalt Sie gar nicht beurteilen koennen,
da Sie - nehme ich an - gar nicht dabei waren (oder waren Sie einer der
besagten "Typen"?). Was den sogenannten "Wickel" betrifft,
so war das kein Vorwurf gegen irgendwen (ausser vielleicht gegen den "regierungsfreundlichen
mann"), sondern diente alleine der Erklaerung, warum ein Grossteil
der Demo die Rede nicht mitbekam. Aufmerksamen LeserInnen wird vielleicht
auch nicht entgangen sein, dass der Autor - so wie alle anderen, die weiter
vorne in der Demo waren - von dem wie auch immer zu bezeichnenden Vorfall
gar nichts mitbekam, was sich in dem winzigen Woertchen "offenbar"
ausdrueckt. So wie mir dieser Vorfall jedenfalls beschrieben wurde, habe
ich tatsaechlich geglaubt, dass er sich in einem kurzen Nebensatz am besten
mit dem Wort "Wickel" umschreiben liesse. Bezeichnend finde
ich jedenfalls, dass Sie, Hr. X [Name von der Redaktion geändert;
gemeint ist der Autor der "Entgegnung"] zu allen moeglichen
Nebensaechlichkeiten und begrifflichen Spitzfindigkeiten lange Abhandlungen
schreiben, waehrend Ihnen zum eigentlichen Vorwurf (dass das Megaphon
nicht hergeborgt wurde) nichts ausser Unterstellungen und Untergriffen
einfaellt. Sie werden es vielleicht nicht glauben, aber es gibt ausser
der BBB noch jede Menge andere Gruppen, in denen Leute "selbstlos
und zeitraubend" taetig sind, und die haben es sicher nicht noetig,
sich auf Kosten der BBB zu profilieren oder auf deren Erfolg neidig zu
sein. Wenn mensch jedenfalls "selbstlos und zeitraubend" eine
- so meine ich - politisch und auch im Sinne des Widerstandes gegen Schwarzblau
wichtige Aktion vorbereitet und einem dann in einer Art "Notsituation"
von einem Angehoerigen einer Organisation, von der mensch dafuer eigentlich
Unterstuetzung erwarten wuerde, diese ohne Angabe von Gruenden verweigert
wird, so ist das nicht nur sehr aergerlich, sondern auch politisch fragwuerdig.
Wenn einem dann auf die entsprechende Kritik auch noch unterstellt wird,
mensch behaupte dies nur aus Neid, Missgunst, Profilierungssucht, menschlicher
Schwaeche, mangelnder Konfliktfaehigkeit und was weiss ich was noch alles,
waehrend auf den eigentlichen Vorwurf mit fast keinem Wort eingegangen
wird, so rundet das das gewonnene Bild nur ab. Wobei sich auch hier die
Kritik nicht gegen die gesamte Botschaft richtet, sondern nur gegen Sie,
Hr. X, so wie sich die urspruengliche Kritik in erster Linie gegen den
"offenbar dafuer zustaendigen Mensch" richtete, den ich leider
nicht benennen kann, da ich seinen Namen nicht weiss (was immer das jetzt
ueber meine Konfliktfaehigkeit aussagt). Und um in der Tradition der abschliessenden
Ratschlaege zu bleiben: Bevor Sie das naechste Mal reflexartig zurueckbeissen,
ueberlegen Sie vielleicht einmal, worin der Vorwurf ueberhaupt liegt und
arbeiten Sie ein bisschen an Ihrer Kritikfaehigkeit.
4. Antwort des BBB-Aktivisten und Autors
der "Entgegnung"
dann nehme ich halt einmal an, dass sie wohl auch mit der bemerkung über
den politischen horizont nichts zu tun haben und auch sonst nichts negatives
über die mitarbeiter der bbb geschrieben haben (integrationsfigur
haider etc...) für mich hat sich das verdammt nach pauschalverurteilung
angehört und ich finde, dass der tonfall in dem ihr bericht abgefaßt
war, keinesfalls geeigent gewesen ist den nichterhalt eines megaphones
zu urgieren, außerdem kann ich mir beim besten willen nicht vorstellen,
was die diesbezügliche beschwerde in einem öffentlichen nachrichtendienst
zu tun hat. vielleicht wäre es hilfreich gewesen vorerst einmal intern
bei uns anzuklopfen und erkundigungen einzuziehen, warum das so gewesen
sein könnte. ich kann ihnen dazu zwar auch heute noch keine erklärung
geben, hätte mich aber möglicherweise um aufklärung bemüht.
wenn sie also der meinung sind uns pauschal beschimpfen zu müssen
und das auch öffentlich tun, müssen sie es sich wohl auch gefallen
lassen, dass wir uns dagegen verwehren.
5. Stellungnahme des in Text 1 kritisierten
Aktivisten der BBB zur Nicht-Weitergabe des Megafons
Ich nehme an, dass es sich bei dem gar so bösen Übeltäter
um mich gehandelt hat.
Denn das Megafon hat nirgendwo etwas zu suchen, außer in der BBB.
Das Megafon gehört nicht der BBB und ist nur ausgeborgt und darf
nach Vereinbarung nicht weitergegeben werden (auf der Demo wurde es mir
schon einmal entrissen, da sich jemand als Eigentümer desselben sah.
Es kam bei einem Verleih an Personen erst verspätet zur Botschaft
zurück)
Das Megafon, bei der Botschaft ist dort mit gutem Grund, da es, wenn Gefahr
droht, zur Alarmierung hilfreich sein kann.
Des Weiteren war mir die Person die sich das Megafon ausborgen wollte
völlig unbekannt. Ich habe diesen Herren noch nie gesehen und ich
gehe bei einer Großzahl der Donnerstagsdemos mit, dieser Herr scheinbar
nicht.
6. Neuerliche Antwort vom Verein Gemeinsam
gegen Rassismus
Nachdem diese leidige "Diskussion" nun schon einmal im MUND
veroeffentlicht ist, sehe ich mich leider dazu genoetigt, noch ein paar
Dinge klarzustellen. Ich werde mich dabei bemuehen, moeglichst sachlich
zu bleiben. Wir haben weder BBB noch irgendeinem ihrer Angehoerigen jemals
vorgeworfen, dass ihr "politischer Horizont bei ihrer (...) Identifikationsfigur
Haider beginnt und endet". Dieser Vorwurf bezog sich auf ein paar
junge, maennliche, mir nicht naeher bekannte Personen (daher "Typen"),
die vorne bei der Demo mitgingen und sich staendig abschaetzig ueber die
Demoroute, unser Transparent und unser Anliegen (Protest gegen die "Entsuspendierung"
der mutmasslichen Moerder Marcus Omofumas) aeusserten. Moeglicherweise
kam dieses Missverstaendnis durch die Veroeffentlichung im Online-TATblatt
zustande, bei der die im Original enthaltenen Absaetze entfernt wurden
[Inzwischen geklärt: Der Umformatierung des Textes auf HTML fielen
die Absatzmarken zum Opfer. Die in Zusammenhang mit diesem Missverständnis
entscheidenden Absatzamarken haben wir inzwischen nachträglich wieder
eingefügt. Wir bitten für allfällige von uns verursachte
Missverständnisse um Entschuldigung!; Anm. TATblatt]
Nun zur eigentlichen Kritik an der BBB: Um den Anlass der Demoroute sichtbar
zu machen und zu vermeiden, dass - wie schon oefter bei Donnerstagsdemos
der Fall - ein grosser Teil der Leute gar nicht weiss, warum eine bestimmte
Route gewaehlt wurde und warum mensch an bestimmten Orten stehenbleibt,
sowie um den DemonstrantInnen auch das Thema an sich zu vermitteln, hatten
die diese Demoroute organisierenden Gruppen unter anderem Reden zum Thema
vorbereitet. Leider funktionierte aber die mitgebrachte Lautsprecheranlage
nicht, was nicht nur die ganze Vorbereitungsarbeit sondern aus unserer
Sicht auch den Zweck DIESER Demonstration (zu diesem Anlass auf dieser
Route) zunichte machte. Als wir uns am Ballhausplatz innerhalb der zukuenftigen
Demonstration auf die Suche nach einem moeglichen Ersatz machten, wurden
wir - da ansonsten kein Megaphon aufzutreiben war - an die Botschaft besorgter
BuergerInnen verwiesen. Natuerlich ist mir klar, dass in der sogenannten
"Widerstands-Bewegung" unterschiedlichste Menschen mit unterschiedlichsten
Zielen und unterschiedlichstem politischen Hintergrund taetig sind. Trotzdem
haette ich angenommen, dass zumindest soweit Gemeinsamkeiten bestehen,
dass mensch sich nach Moeglichkeit in "Notsituationen" aushilft.
Zumindest aber haette ich mir erwartet, dass ich eine klare Antwort auf
meine Anfrage bekomme, und nicht bloed herumstehen und warten muss, ob
mir meine Ansprechperson jetzt vielleicht doch noch das Megaphon bringt
oder vielleicht eher doch nicht. Dass mein Anliegen offenbar abgelehnt
wurde, habe ich letztendlich nur daran erkannt, dass der mir inzwischen
als F. bekannte Herr irgendwann ohne Megaphon wieder aus dem Container
kam und ohne mich weiter zu beachten, begann eine dunkle, heisse Fluessigkeit
auszuschenken (bei der es sich nicht, wie faelschlicherweise von mir angenommen,
um Gluehwein handelte). Was das Problem des Nicht-Kennens betrifft, so
habe ich als Ausgleich mehrmals angeboten, einen Ausweis bzw. auch meine
ganze Geldboerse (mit Geld, Ausweisen, Bankomatkarte etc.) als Einsatz
dazulassen. Dass das Megaphon als Alarm gebraucht wird, hat mir damals
niemand gesagt und war mir daher auch nicht bekannt. Bei entsprechender
Kommunikation haette sich aber moeglicherweise auch dafuer eine Loesung
finden lassen.
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Rede zur Wieder-in-Dienst-Setzung der [Beamten
in deren Gewahrsam Omofuma starb]
gehalten auf der Donnerstagsdemo
15.02.2001
[aus rechtlichen Gründen
leicht bearbeitet]
Der Grund, warum wir hier vor dem Wiener Landesgericht stehen,
ist, dass am Montag den 5. Februar 2001 die Suspendierung der drei
Fremdenpolizisten, die schwer belastet werden, am 1. Mai 1999 den
nigerianischen Asylwerber Marcus Omofuma während seiner Abschiebung
zu Tode gefoltert zu haben, aufgehoben wurde. Diese Beamten können
nun bei vollen Bezügen wieder ihre "Arbeit" verrichten!
Zur Erinnerung: Die drei Polizisten, die jetzt wieder ihren Dienst
versehen, sollten Marcus Omofuma auf seinem Abschiebeflug nach Nigeria
"begleiten". Zu diesem Zweck verschnürten sie ihn
- laut Zeuginnenaussagen - "wie eine Mumie" vom Unterleib
bis zum Kinn mit Klebeband, verklebten ihm den Mund und teilweise
die Nase und zurrten ihn unter Gelächter mit einem Gurt über
dem Brustkorb mit aller Kraft am Flugzeugsitz fest.
Bei der Zwischenlandung in Sofia war Marcus Omofuma bereits tot
- erstickt, wie der bulgarische Gerichtsgutachter, Univ. Prof. Radanov,
zweifelsfrei feststellte. Omofuma weise die ganz typischen Merkmale
eines Erstickungstodes auf, außerdem konnten auf seiner Nase
Klebereste festgestellt werden (was sich auch mit Beobachtungen
von PassagierInnen deckt) und die brutale Fesselung des Brustkorbes
verhinderte zusätzlich ein normales Atmen [, so dessen Gutachten].
Dieses Untersuchungsergebnis, das auch durch zahlreiche Interventionen
der österreichischen Botschaft in Bulgarien und des Chefärztlichen
Dienstes des österreichischen Innenministeriums (z.B. man solle
Omofuma doch auf Drogenkonsum untersuchen) nicht verhindert werden
konnte, wurde auch in einer ersten Überprüfung vom Wiener
Neuropathologen Prof. Budka bestätigt: Omofuma habe schon mindestens
eine halbe Stunde vor seinem Tod unter schwerem Sauerstoffmangel
gelitten.
Doch dem Gericht Korneuburg, das für die Untersuchungen gegen
die beschuldigten Beamten zuständig ist, passte das offenbar
nicht ins Konzept. So wurde bei Prof. Reiter aus Wien ein zweites
Gutachten geordert. Der konnte plötzlich keine Erstickungssymptome
mehr erkennen, dafür entdeckte er allerlei vorher nie diagnostizierte
Krankheiten als mögliche Todesursache: Herzmuskelentzündungen,
Gefäßverengungen, Atemwegsinfektionen und Lungen-Fettembolie.
Beide Befunde wurden u.a. vom Berner Prof. Dirnhofer überprüft,
der die augenscheinlich korrekte Befundaufnahme des bulgarischen
Gutachtens betonte, während er das Wiener Gutachten - gelinde
gesagt - zerpflückte. Zitat: "Vor der Abschiebung war
er (also Marcus Omofuma; Anm.) klinisch gesund."
Da das Gericht Korneuburg aber nach wie vor nicht gewillt ist,
das Verfahren auf den mehrfach bestätigten Befund aus Sofia
zu stützen, musste jetzt - Anfang Februar - ein drittes Gutachten
bestellt werden. Diese weitere Verfahrensverzögerung kann den
armen Polizisten, die immer auf freiem Fuß waren, aber offenbar
nicht mehr zugemutet werden: Die Disziplinarkommission des Innenministeriums
entschied am 5. Februar, sie bei vollen Bezügen wieder in den
Dienst aufzunehmen. Auch 21 Monate nach dem Tod Omofumas ist ein
Prozess [...] in weiter Ferne!
Der [Tod von] Marcus Omofuma ist, so wie [der Tod von] Imre B.,
Ahmed F. und allen anderen Polizeiopfern, aber nur eine Spitze eines
Eisberges, eines Eisberges von täglicher rassistischer Polizei-
und Staatsgewalt: Täglich werden in Wien AfrikanerInnen nur
auf Grund ihrer Hautfarbe verhaftet, fast täglich finden Prozesse
gegen AfrikanerInnen statt, bei denen jeder Anschein eines fairen
Verfahrens mit Füßen getreten wird. Beinahe täglich
werden Unschuldige wegen angeblichen Drogenhandels zu langjährigen
Haftstrafen verurteilt.
Diese Demonstration versteht sich als Teil der Widerstandsbewegung
gegen die Regierungsbeteiligung der FPÖ. Der Mord an Marcus
Omofuma und die Operation Spring, um nur zwei Beispiele zu nennen,
fanden aber unter einem sozialdemokratischen Innenminister und unter
sozialdemokratischer Regierungsführung statt. Rassismus, Staatsrassismus,
Polizeigewalt, Überwachungsstaat, Sparpakete, Demontage des
Sozialsystems, sukzessive Verlagerung der Abgabenlast von Profiten
auf Lohneinkommen, Ausverkauf des Kollektiveigentums, Diskriminierung
von Frauen und Minderheiten, all das gibt es nicht erst seit die
FPÖ in der Bundesregierung ist, und all das wird es auch nach
einer freiheitlichen Regierungsbeteiligung weiterhin geben.
Der Widerstand dagegen muss auf jeden Fall weitergehen, egal wie
die Regierungszusammensetzung gerade aussieht!
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