TATblatt
Dokumentation

Flugblatt, verteilt am 9. Februar als Protest gegen Norman Finkelstein und die Präsentation seines Buches "The Holocaust Industry" im Kaufhaus Steffl in Wien.
siehe auch:
>> Österreichs Holocaust-Industrie: VÖEST, Steyr, Lenzing, ...Proteste bei der Präsentation des Buches "Die Holocaust-Industrie" von Norman Finkelstein in Wien

 

Norman Finkelstein und die Logik des Antisemitismus

Im Jahr 2001 darf endlich öffentlich abgerechnet werden. Autoren, die in ihren Thesen eine Reproduktion antisemitischer Stereotypien betreiben, erhalten ein öffentliches Forum, diese vor einem interessierten Publikum kundzutun. Der Autor des Buches "The Holocaust-Industry", Norman Finkelstein, wärmt in seinen Stellungnahmen und Interviews wieder eines der klassischen Ressentiments des Antisemitismus auf. Beispielhaft für viele solcher Aussagen sei hier das Interview erwähnt, dass er dem "Standard" gab. Dort sprach er von einer "Bande von Krämern und Schwindlern, die das Gedenken der jüdischen Bevölkerung ausbeuten. Diese gehörten "bloßgestellt, zurückgewiesen und aus dem Verkehr gezogen", denn diese seien "der Hauptgrund für den heutigen Antisemitismus." (Der Standard, 7.2.2001)

Die Jüdinnen und Juden seien also selbst schuld am Antisemitismus; allein der Grund, dass sie nach 1945 nicht stillschweigend zur Tagesordnung übergegangen sind, ist mittlerweile Grund genug, ihnen unendliche Perfidie, nicht enden wollende Rachsucht und ziellose Geldgier zu unterstellen.

Als wäre es die Schuld der Jüdinnen und Juden, dass mehr als ein halbes Jahrhundert vergehen musste, bis Österreich und Deutschland per internationalem Druck gezwungen werden konnten, zumindest in Ansätzen Entschädigung für die geraubten Liegenschaften und Immobilien "symbolische Gesten der Entschädigung" zu leisten, wird ersteren vorgeworfen, sie könnten die Vergangenheit nicht ruhen lassen und würden permanent "schmutzige Ausbeutung des Andenkens" (SonntagsZeitung, 5.3.2000) betreiben, also noch aus den Ermordeten Profit schlagen: die Neuauflage des Ressentiments vom über Leichen gehenden, nur seinen persönlichen Vorteil im Auge habenden, geldgierigen Juden.

Wie die Rechte und die Mitte der Gesellschaft nach 1945 von einer Politik der Schuldabwehr und damit verknüpft einem "Antisemitismus wegen Auschwitz" umgetrieben wurde, so pflegte die Linke ihren Antizionismus und wollte mittels des Umwegs über Israel mit der Gemeinschaft der Täter ins Reine kommen.

Finkelsteins Wahn ist eine präzise Synthese, die beiden Positionen zu ihrem Recht verhilft. Während er einerseits die Singularität der Vernichtung des europäischen Judentums gegen heutige Instrumentalisierung und Ausbeutung in Stellung bringt, scheut er andrerseits nicht davor zurück, ebendies selbst zu tun, wenn es seinen politischen Absichten entspricht. So trat er 1982 anläßlich einer Demonstration vor der israelischen Botschaft in Washington mit einem Plakat auf, welches die Aufschrift trug: "Dieser Sohn Überlebender des Aufstandes im Warschauer Ghetto und Auschwitz und Majdanek wird NICHT schweigen. Israel-Nazis - Stoppt den Holocaust im Libanon!!!" Damit betreibt Finkelstein selbst genau jene Indienstnahme der Massenvernichtung des europäischen Judentums, die er den Opfervertretern unterstellt. Finkelstein tritt damit als jene verfolgende Unschuld auf, die für die Logik des Antisemitismus charakteristisch ist. Diese reproduziert und bedient er und findet damit in Österreich ein dankbares Publikum.

 

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