TATblatt    

 

Rassistische Polizeiaktionen geplant?

Nach unserer Einschätzung kann es im Februar und März 2001 weitere rassistisch / politisch motivierte Großrazzien geben. Wir rufen alle Menschen und Organisationen auf, dies mit einer breiten Protestkampagne zu verhindern!

 

Verein "Gemeinsam gegen Rassismus"; aus rechtlichen Gründen leicht überarbeitet

Die Fakten:

Ende 98 begann das Wiener "Sicherheitsbüro" mit den Vorbereitungen zur "Operation Spring". Zuerst wurden kleinere Razzien unter den Namen "Herbstblatt" und "Snoopy" durchgeführt. Mitte Februar 99 begann der "Große Lauschangriff" und Ende März die "Rasterfahndung". Am 1. Mai 99 starb Marcus Omofuma bei der Abschiebung. Daraufhin gab es in Wien große Demonstrationen der African Community. Am 27. Mai 99 wurden im Zuge der "Operation Spring" österreichweit rund 70 Hausdurchsuchungen durchgeführt, bei denen fast 200 Menschen festgenommen bzw. verhaftet wurden. Viele von ihnen waren bei den Protesten gegen rassistische Übergriffe und Morde aktiv.
Am 13. Juni 99 waren die Wahlen zum Europaparlament ...

Am 27. September 99 wurden die Wohnheime Zohmanngasse und Redtenbachergasse gestürmt und 33 AfrikanerInnen verhaftet. Auch diese Operation wurde langfristig vorbereitet. So wurde von der Polizei extra ein Drogendealer in die Zohmanngasse eingeschleust (der berüchtigte Anonyme Zeuge AZ1).
Am 3. Oktober 99 waren die Nationalratswahlen ...

Im Dezember 00 und im Jänner 01 wurden mehrere kleinere "Planquadrate" in U-Bahn-Stationen durchgeführt: Sämtliche AfrikanerInnen wurden angehalten, kontrolliert und durchsucht. Am 15. Jänner beschloss die Wiener SPÖ offiziell die Vorverlegung der Gemeinderatswahlen auf den 25. März. Zuvor hatten sich auch die Grünen für eine Vorverlegung ausgesprochen. Am 23. Jänner um ca. 10 Uhr begann die Polizei in 13 Wiener Bezirken in U-Bahnen, Straßenbahnen und auf verschiedenen Plätzen mit Razzien. Bei diesen bis zum Abend dauernden Planquadraten wurden zumindest 32 Menschen - zum Großteil AfrikanerInnen - festgenommen bzw. verhaftet. Wir kennen zumindest einen konkreten Fall eines afrikanischen Jugendlichen, der - obwohl weder bei ihm noch in seiner Wohnung Drogen gefunden worden waren - verhaftet wurde. Gleichzeitig forderte - welch ein Zufall - wieder einmal die FPÖ ein "drogenfreies Wien" und "hartes Durchgreifen". Der freiheitliche Wiener Sicherheitssprecher Michael Kreissl sprach sich in einer Presseaussendung für "permanente Razzien" aus.

Bei der Gemeinderatssitzung am 24. Jänner wurde wie geplant der 25. März offiziell als Wahltermin festgelegt. Nach Informationen aus dem Sicherheitsbüro werden derzeit die durch die Razzien am 23. Jänner gewonnenen Daten ausgewertet und weitere Aktionen vorbereitet. Wir gehen davon aus, dass schon in den nächsten Wochen mit weiteren Razzien und Mitte März mit einer Großrazzia zu rechnen ist.
Es ist offensichtlich, dass angebliche "Drogenrazzien" gerade vor den Wiener Gemeinderatswahlen rein politisch motiviert sind!
Wir wissen nicht, ob es wirklich gelingt, diese Razzien zu verhindern, doch wenn es gelingt, bringt das den Betroffenen weitaus mehr als Proteste im Nachhinein. Wir dürfen auf keinen Fall warten bis es zu spät ist!
Schickt vorbeugend Protestmails und -faxe! (Textvorlage und Adressen im Anhang) Seid aufmerksam, schaut nicht weg und mischt euchEuch ein! Kontaktiert uns, wenn Ihr von rassistischen Polizeiübergriffen erfährt!
Freiheit für die Gefangenen des Staatsrassismus!

Textvorschlag für Protestmails und -faxe:

Sehr geehrte(...)!

Unmittelbar vor den Europaratswahlen 1999 fand die so genanntesogenannte "Operation Spring" statt, unmittelbar vor den Nationalratswahlen 1999 die "Operation Spring 2". Bei beiden Razzien wurden ausschließlich Menschen afrikanischer Herkunft verhaftet, viele davon unschuldig. Am 15. Jänner 2001 beschloss die Wiener SPÖ, die Wiener Gemeinderatswahlen auf 25. März vorzuverlegen, am 23. Jänner 2001 wurde in Wien - welch ein Zufall - wieder eine angebliche Drogenrazzia durchgeführt, die sich wieder fast ausschließlich gegen AfrikanerInnen richtete. Bei mindestens einem von ihnen ist mir/uns bekannt, dass weder bei ihm noch in seiner Wohnung Drogen gefunden werden konnten, trotzdem wurde er verhaftet. Aus diesen Fakten schließe ich / schließen wir, dass es sich bei dieser Razzia nicht um eine polizeitaktisch, sondern um eine rein politisch motivierte Aktion handelt. Ich protestiere / Wir protestieren auf das Schärfste gegen diese Vorgangsweise, die ganz offensichtlich dazu dienen soll, in Vorwahlzeiten rassistische Ressentiments und veraltete Vorstellungen von Law-And-Order-Drogenpolitik zu bedienen, und fordere/n Sie hiermit eindringlichst auf, die sofortige Freilassung unschuldig Verhafteter zu erwirken und weitere derartige rassistische Aktionen auf dem Rücken menschlicher Existenzen zu verhindern!

Unterschrift

Faxnummern und E-Mail-Adressen:
Innenminister Ernst Strasser
(+43-1) 53126-2580
ministerbuero@bmi.gv.at u./o. ernst.strasser@oevp.at

Polizei Wien, Sicherheitsbüro
(+43-1) 31346-36079

Bürgermeister Michäl Häupl (SPÖ)
(+43-1) 4000-99-81111 (Tel +431-4000-81111)
buergermeister@magwien.gv.at

Vizebürgermeister Bernhard Görg (ÖVP)
(+43-1) 4000-99-81112 (Tel +431-4000-81112)
bernhard.goerg@gpz.magwien.gv.at

 

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