Atomland Österreich
Vor dem Hintergrund des Einstiegs eines großen deutschen Investors in die kapitalschwache Verbundgesellschaft spielt sich hierzulande ein Verarschungsdrama ungeheuren Ausmaßes ab. Offensichtlich wird um Machteinfluss in großem Stil geschachert, bei dem Milliarden hier rein- und dort rausgeschaufelt werden sollen. Durchblick hat außer den Eingeweihten niemand. Die in den Medien lancierten Berichte vernebeln mehr als sie erklären.
TATblatt
Die Ausgangslage ist die, dass in den vergangenen Jahren die Verbundgesellschaft , politisch rot, und die Energieversorgung Niederösterreich (EVN), tiefschwarz, wechselweise Aktienpakete aufkauften, um im jeweils anderen Unternehmen Sperrminoritäten zu erlangen. Das gelang unter Milliardeninvestitionen, wobei derartige Beträge für die Minderheitsbeteiligungen flossen, dass damit die gesamte Stromwirtschaft Ungarns aufgekauft hätte werden können.
Nun steht eine Entflechtung an, und diese könnte auf zwei Arten erfolgen: Die EVN-Bosse möchten ihre Beteiligung am Verbund gegen eine größere Beteiligung an der verbundeigenen Wasserkraftgesellschaft AHP tauschen; das will die Verbundgesellschaft ganz sicher nicht. Die Lösung, die die Verbund-Bosse wollen, heißt schlicht Hereinnahme eines ausländischen Konzerns in die AHP und Kauf des Aktienpaketes der EVN durch ebendiesen deutschen Großkonzern, die E.ON.
Die E.ON ist aus den beiden Energiekonzernen VEBA und VIAG entstanden. Wirtschaftsminister Bartenstein hat sich erst jüngst als Freund dieser E.ON-Lösung geoutet und ihm kommt auch entscheidende Bedeutung zu, da die Republik Österreich, vertreten durch das Wirtschaftsministerium, Aktionär des Verbundes ist und Strommarktregulierungen, ebenso wie Prüfungen über Monopole oder Kartellregelungen, in die Kompetenz des Wirtschaftsministeriums fallen.
Tatsache ist, dass im Hintergrund verbissen um bevorzugte Strombezugsrechte zugunsten der EVN als Gegenleistung für den Verkauf des Aktienpaketes gefeilscht wird.
Aus umweltpolitischer Sicht kann den gewöhnlichen Menschen das Gezerre wohl egal sein. Es gibt zwar einen Konkurrenten der E.ON, nämlich die französische EdF, die Bartenstein aber als Lösung ausschloss. Die Begründung dafür sollte allerdings nicht ernst genommen werden. Die EdF sei nämlich ein "Staatskonzern mit massivem Atomstromanteil". Das hat bisher das Wirtschaftsministerium bzw. die ÖVP nicht gestört, als die EdF 25% der Anteile an der steirischen Estag kaufte.
Bartenstein ist ein altes Schlitzohr. Unmöglich, dass er nicht weiß, dass die durch ihn favorisierte E.ON Betreiberin der AKWs Brokdorf, Brunsbüttel, Grafenrheinfeld, Grohnde, Grundremmingen, Isar, Stade und Unterweser ist. Deswegen gibt es in Deutschland auch massive Kampagnen gegen die E.ON durch AtomgegnerInnen. Aber in Österreich begründet der Wirtschaftsminister die Diskriminierung eines Bewerbers damit, dass dieser eine Atomkraftwerke betreibe.
Letztlich ist es aber auch wurscht, und das sei insbesondere unseren FreundInnen des Sozialismus bzw. den PrivatisierungsgegnerInnen gesagt, denn den höchsten Atomstromimport von allen Elektrizitätsgesellschaften in Österreich tätigt die im Besitz der Gemeinde Wien befindliche Wienstrom, die über 10% ihrer Strommenge von der EdF einkauft. So schauts in der Anti-Temelin-Trutzburg aus.
aus TATblatt Nr. +162 vom 29. März 2001
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