LeserInnenbrief
zum Thema Euthanasie
Intellektuell unterstütze ich grundsätzlich die Forderung
nach Entkriminalisierung der Sterbehilfe. Letztes Jahr hatte ich einen
Schlaganfall mit einer Störung des Atemzentrums mit dem Risiko lebenslänglicher
künstlicher Beatmung im Koma. Ein paar Mal war Multiorganversagen
diagnostiziert, die Ärzte haben mich dem Tod entrissen. Jetzt lebe
ich auch im Rollstuhl gerne - was die selbständige Atmung betrifft
habe ich Glück gehabt. Ich bin froh, daß bei uns keine Ärzte
die Erlaubnis hatten, mich "abzudrehen". In einer Gesellschaft, wo Gierdominantes
Handlungsmotiv ist, mag ich auch nicht der Laune von Angehörigen ausgeliefert
sein, deren oder eines Arztes/einer Ärztin momentanen Blickwinkel
auf meine Lebensperspektiven und den Wert meines Lebens. Auch wird durch
Legalisierung der Sterbehilfe die größenwahnsinnige Iatrokratie
unterstützt, in der Ärzte die Herren über Leben und Tod
sind. Der komplette Lebenslauf, von der Geburt über die Fortpflanzung
bis zum Ableben ist ohnedies schon in die Hände der Ärzte gelegt,
die dieser Verantwortung jetzt schon nur noch ungenügend gerecht werden.
Mit der Sterbehilfe kommt nun auch noch der Selbstmord in die Hände
der Pharmakonzerne und der "Götter in Weiß", die ja in einigen
Staaten sowieso schon das Amt des Scharfrichters innehaben. Das ist mir
eine unangenehme Vorstellung.
R.
aus TATblatt Nr. +164 vom 26. April 2001
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