Polizei-Ausbildung: Schubhäftlinge medikamentös "ruhiggestellen"
Für Innenminister Strasser schien alles klar zu sein: "Eine gesundheitlich
nicht indizierte Verabreichung von Medikamenten ist im Hinblick auf die
Bestimmung des Art. 3 EMRK und der dazu ergangenen ständigen Rechtsprechung
des VfGH unzulässig", ließ er die Grünen in Beantwortung
einer Anfrage zum Thema "Problemabschiebungen" am 20. April 2001 wissen.
Und: "Darauf wurden die Begleitbeamten sowohl in den genannten Richtlinien
als auch in den Schulungen hingewiesen." Glaubt mensch dem Minister, werden
also Psychopharmaka, Beruhigungsmittel oder Neuroleptika bei Widerstand
der Betroffenen im Rahmen sogenannter "Problemabschiebungen" nicht angewandt!
Doch dem Minister sollte mensch möglicherweise nicht allzuviel
Glauben schenken! Nicht einmal ein Monat nach Beantwortung der Anfrage
konnten sich ORF-SeherInnen in der ZiB 2 vom 15. Mai 2001 davon überzeugen,
in welcher Form "Begleitbeamte ... in den Schulungen hingewiesen" werden.
Dr. Wilfried Saurma, stv. Chefarzt der Bundespolizeidirektion Wien im O-Ton:
"Manchmal kommt dazu, dass man vielleicht sagt, dass der also ziemlich
erregt ist und zu erwarten ist, dass der aggressiv wird, dann kriegt er
in der Früh halt ein Lexotamil oder ein Valium."
Sachverhalt: Der stv. Chefarzt der Bundespolizeidirektion Wien unterweist
BeamtInnen in einer Schulung in der Mißachtung nicht nur der ministeriellen
Rechtsansicht, sondern geradewegs in der Mißachtung des Art. 3 EMRK
sowie der ständigen Judikatur des VfGH.
Eine Reaktion des von seinen eigenen BeamtInnen desavouierten Ministers
liegt bisher nicht vor. Die Grünen haben jedoch angekündigt,
eine neuerliche Anfrage in dieser Sache einzubringen.
Die erste Anfrage der Grünen (die angeblich Gegenstand
eines eigenen Beitrags in diesem TATblatt ist) sowie deren Beantwortung
ist zu finden unter:
>>>http://www.parlament.gv.at/pd/pm/XXI/J/his/019/J01952_.html
oder etwas übersichtlicher und mit Zusammenfassung
unter:
>>>www.no-Racism.net/deportatiNO/dc_index.htm
aus TATblatt Nr. +166 vom 24. Mai 2001
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