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Schweizer Schubhäftling stirbt bei Abschiebeversuch

Mit Empörung hat die Menschenrechtsgruppe "augenauf" vom Tod des Ausschaffungsgefangenen Samson Chukwu im Wallis Kenntnis genommen [Ausschaffung = schweizerisch für Abschiebung]. Ohne dem Ergebnis der gerichtsmedizinischen Untersuchung vorgreifen zu wollen, kann heute schon festgehalten werden: Samson Chukwu starb, weil die Behörden von Bund und Kantonen sich auch zwei Jahre nach der Tötung von Khaled Abuzarifa weigern, die mörderischen Ausschaffungsmethoden zu überprüfen. Laut einem Bericht des Europarates sind seit 1991 13 Menschen bei ihrer Abschiebung ums Leben gekommen.

augenauf

Am Morgen des 1. Mai um 2 Uhr stürmten zwei Beamte der für Antiterroreinsätze geschulte Spezialeinheit der Walliser Kantonspolizei die Zelle des schlafenden Ausschaffungsgefangenen Samson Chukwu. Gemäß Aussagen der Beamten wurde das Opfer auf den Boden gedrückt. Man drehte ihm die Arme auf den Rücken und legte ihm Handschellen an. Es ist anzunehmen, dass Samson Chukwu zu diesem Zeitpunkt bäuchlings auf der Pritsche oder am Boden lag. Eine Stunde später, um 3 Uhr, stellte ein Arzt den Tod von Samson Chukwu fest.
Samson Chukwu sollte zusammen mit zwei anderen Nigerianern am Morgen mit einer vom Bundesamt für Flüchtlinge gecharterten Maschine nach Lagos ausgeflogen werden. Gemäß den vorliegenden Erkenntnissen ist im Moment einzig das Berner Charterflugunternehmen "Sky Work" bereit, ihre Lear-Jets für solche Zwangsausschaffungen zur Verfügung zu stellen. Der Jet flog am Morgen des 1. Mai ohne Samson Chukwu nach Lagos.
Bekannt ist außerdem, dass die Behörden bei einer Ausschaffung mit Charterflugzeugen - sie werden amtsintern mit dem Codewort "Level 4"bezeichnet - äußerst brutal vorgehen. Die Häftlinge werden gefesselt, in Overalls gehüllt, mit einem Sparringhelm am Schreien gehindert und in dieser Stellung auf die Flugsessel geschnallt. Im Passagierbereich der Flugzeuge halten sich auf diesen Flügen einzig KantonspolizistInnen auf.
Ebenso bekannt ist, dass die Behörden beim Herausholen von Level-4-Gefangenen aus den Zellen mit größter Härte vorgehen. Allfälliger Widerstand soll im Keime zu erstickt werden, um den teuren Charterflug nicht zu gefährden. Die Schweizer Zeitung Rundschau dokumentierte im November des letzten Jahres die Ausschaffung eines Kameruners, der von vermummten Antiterroreinheiten der Zürcher Kantonspolizei morgens um vier Uhr aus der Zelle im Flughafengefängnis in Kloten herausgeholt worden ist. Die Öffentlichkeit war schockiert über die entsprechenden Bilder.

Zur "Positional Asphyxia"

Aus der Literatur ist bekannt, dass es bei Verhaftungen und der Überwältigung von Personen durch die Polizei immer wiederholt zu Todesfällen kommen kann, wenn die körperlich und physisch stark erregten Personen in Bauchlage mit hinter dem Rücken gefesselten Armen festgehalten werden. Dieser Tod ist in Polizei- und Ärztekreisen unter dem Titel "positional asphyxia" oder "Plötzlicher Gewahrsamstod" bekannt. Im Zusammenhang mit dem Tod von Khaled Abuzarifa wurde dieses Problem öffentlich diskutiert. Der Autopsiebericht hält fest, dass beim Tod von Khaled Abuzarifa wegen der bei ihm angewandten Fesselung "auch Phänomene wie sie bei der sog. 'positional asphyxia' beschrieben werden, mitgespielt haben".
In Deutschland werden PolizistInnen speziell geschult, damit es bei Verhaftungen nicht zu solchen Todesfällen kommt. Die Gefahren und die Möglichkeiten diese zu verhindern sind in Polizeikreisen also hinlänglich bekannt. Samson Chukwu würde noch leben, wenn die Behörden nicht versucht hätten, ihn mit aller Gewalt nach Lagos auszuschaffen. Samson Chukwu würde noch leben, wenn die Behörden nach dem Tod von Khaled Abuzarifa am 3. März 1999 ihre Verantwortung anerkannt und Konsequenzen gezogen hätten.
Die Reaktion der Behörden auf den Tod von Samson Chukwu legt den Verdacht nahe, dass auch der zweite tote Ausschaffungshäftling nicht zum Anlass genommen wird, das Ausschaffungsverfahren zu überprüfen. Wie es ihre Berner KollegInnen im Fall von Khaled Abuzarifa getan haben, versuchen die Walliser Behörden heute, den toten Chukwu als Drogendealer zu verunglimpfen. Wie im Fall von Khaled Abuzarifa wird über Herzfehler oder Geburtsschäden gerätselt, anstatt die naheliegenden Fragen nach dem Einsatz staatlicher
Gewalt bei Zwangsausschaffungen zu stellen. Wie im Fall von Khaled Abuzarifa behaupten die Behörden in den anderen Kantonen und in Bern, dass für den Tod von Samson Chukwu allein die zuständige Kantonspolizei zuständig sei. Wie im Fall von Khaled Abuzarifa behaupten die Behörden, dass man die Ergebnisse der gerichtlichen Untersuchung abwarten müsse, bis über mögliche Maßnahmen diskutiert werden könne.

Weitere Infos: >>>http://www.augenauf.ch/bs/doku/chukwu/sc00.htm
 

aus TATblatt Nr. +166 vom 24. Mai 2001
 
 
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