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antiwef-media
Schon im Zuge der Vorbereitungen von Protesten gegen den WEF-Gipfel in Salzburg, kam es zu einem unglaublichen Schulterschluss der bürgerlichen Medien mit der Polizei.

Es wurde vonseiten der Medien versucht, ein linksradikales Netzwerk mit terroristischer Zielsetzung bar jeglicher politischer Inhalte zu konstruieren, nicht zuletzt deshalb, um das enorme Polizeiaufgebot zu legitimieren. So wurden Sachverhalte nicht nur verzerrt, sondern zum Teil auch frei erfunden, wodurch jede inhaltliche Diskussion, die nicht darauf abzielt das WEF zu reformieren, abgewürgt wurde.

So wurden Gummischläuche, die für kreativen Protest verwendet wurden, von der "Kronen Zeitung" als "geheimes Schlauch-Lager der Chaoten" bezeichnet, das gegen 21.00 Uhr enttarnt wurde (obwohl den ganzen Nachmittag Leute sichtbar damit beschäftigt waren, diese aufzupumpen). Auch die als "explodierend" kolportierten T-Shirts, die mit Benzin getränkt im Bedarfsfall angezunden und gegen die Polizei "geschleudert" werden können, haben einen anderen Hintergrund (ungeachtet der Frage, wer doch bitte ein dergestalt "präpariertes" T-Shirt in der Hand anzündet): Ein ausgelaufener Spirituskocher machte hier einen am Bahnhof perlustrierten Menschen zum "potenziellen Gewalttäter". Dieser Mensch kann sich glücklich schätzen, dass mit seinem Gepäck nicht genauso verfahren wurde wie mit dem im Hotel "Sheraton" stehen gelassenen roten(!) Koffer, der auch keine Chance hatte, Gewalttaten gegen "WEF, Heimat und Bevölkerung" zu begehen, da er bereits präventiv vom Bombenkommando gesprengt wurde (er enthielt übrigens Kleidung).

Die Gewalt der Medien

Der erste Preis in Diffamierung wurde eindeutig an das Magazin NEWS vergeben. Wie uns in der Ausgabe vom 21.6.2001/Nr25 auf Seite 68 weisgemacht werden soll, hat sich ein (un)gewisser "Gustav" , ein "Organisator der Chaotendemo" (wortlaut: NEWS) zu Wort und Bild gemeldet und erklärt, dass sich der Anti-WEF Protest am 1. Juli in Salzburg "vor allem gegegen die schwarz-blaue Regierung" richten wird.

"Bewaffnet" mit gefährlichem Infomaterial und Gasmaske wird mit dem in dieser Ausgabe veröffentlichtem Bilddokument - vermutlich ein schlecht verkleideter NEWS-Reporter - wieder einmal umso mehr versucht, eine kapitalismuskritische Öffentlichkeit als "vermummte, gewaltbereite Anarchos" mit niedrigem oder gar keinem politischen Anspruch darzustellen. (Dasselbe Bildmaterial findet sich unter anderem im profil vom 18.6.2001 und im Salzburger Stadtblatt vom 21.6.2001)
 
"Der Marsch auf Salzburg - gegen Globalisierung und schwarz-blaue Regierung

NEWS: Sie sind einer der Organisatoren der Chaotendemo in Salzburg. Wieviele Teilnehmer
erwarten sie?
GUSTAV: Die Mobilisierung übers Internet läuft seit Wochen. Wir infomieren über Mailinglisten und Newsletters. Über Telefonketten und per SMS werden wir die Teilnehmer in und durch die Innenstadt von Salzburg lotsen. Sämtliche Aktivitäten werden sofort im Internet veröffentlicht.
NEWS: Warum demonstrieren sie nicht friedlich?
GUSTAV: Das müssen sie die Polizei fragen. Wir reagieren nur auf die Übergriffe der Exekutive.
NEWS: Was wollen sie erreichen?
GUSTAV: Der Protest in Salzburg wird sich vor allem gegen die schwarz-blaue Regierung richten.
NEWS: Die Polizei plant, die gesamte Innenstadt abzuriegeln.
GUSTAV: Damit haben wir natürlich gerechnet. Die Polizei sollte nicht glauben, sie könne Demonstranten am Outfit erkennen. Das ist schwachsinnig! Wir werden dafür sorgen, dass jeder
Passant ein Demoteilnehmer sein könnte - von Menschen im Anzug bis zum "Einheimischen" in Tracht."
(Quelle: NEWS 21.6.2001/Nr. 25)

Mit dem Verweis auf Göteborg wird Angst produziert und werden KritikerInnen sowohl Demonstrationsrecht und Reisefreiheit genommen, wie auch jeglicher politisch-inhaltliche Anspruch. Dieser wird von einer sensationsgeilen Presse gewaltsam verleugnet bzw. gar nicht angesprochen.

Die Überlegung, "Polithooligans" die Aus- bzw. Einreise nicht zu gestatten und so politisch kritischen und anders denkenden Menschen an der Ausübung ihrer Rechte (die in der EU angeblich so großgeschrieben werden) zu hindern, erinnert fatal an totalitäre Methoden und lenkt damit vom Eigentlichen ab - von der gewalttätigen Politik des World Economic Forum, die in den unkritischen Medien in keiner Weise erwähnt wird. Dezidiert inhaltliche Auseinandersetzungen scheinen nicht mehr Aufgabe von Magazin- und Tagesjournalismus zu sein und auch nicht deren Absicht.

Zweite "SiegerInnen" in der Kategorie "Amokberichterstatten" sind nach längerer (basisdemokratischer) Diskussion dann doch - mit nur einer Stimmenthaltung - die Oberösterreichischen Nachrichten geworden. So sei es den DemonstrantInnen aka "Chaoten" problemlos gelungen, das analoge Polizeifunknetz lahm zu legen, weshalb sie sich gezwungen sahen, auf das digitale Netz umzustellen (oder hat da jemand sein/ihr Equipment nicht ganz unter Kontrolle?).

Ein leises Schmunzeln zog es uns auch bei der Meldung über mehrere "angelegte" Pflastersteinlager auf, die zu unserer aller Freude jedoch rechtzeitig ausgehoben werden konnten.

Die Sache mit der Ironie.....

.....dürfte dem Salzburger Stadtblatt vom 21.6.2001 gänzlich unbekannt sein. So übernahm sie den stilisierten "Generalaufmarschplan" der "ChaotInnen" direkt aus dem Internet - allerdings verkleinert, sodass es (vor allem älteren) LeserInnen unmöglich war den konterkarierenden Charakter zu erfassen. Wir unterstellen dem SSb die Absicht, dadurch bewusst Ängste und Aggressionen innerhalb der Bevölkerung aufbauen zu wollen und gleichzeitig Feindbilder zu konstruieren.

Selbst so genannte "Zeitungen für Leser" diffamieren Proteste mit dem Argument, dass alle, die sich an Protesten beteiligen entweder idealistische RealitätsverweigerInnen oder apolitische ChaotInnen seien und dass die ökonomische Globalisierung den "armen" Ländern ja nur helfe - Ironie der Medien!

Das Verhalten der Medien, in der Zeit vor, während und nach den Ereignissen, zeugt von reiner Sensationsgeilheit, die - ganz im Sinne der ökonomischen Globalisierung - Information zur Ware reduziert.
 
Unsere FreundInnen und HelferInnen
Gut genug fuer Asylantinnen, aber nicht für die Grazer Polizei?

Wie der Ausgabe der "Kleinen Zeitung" vom 30.6.2001 zu entnehmen war, beschwerten sich KriminalpolizistInnen ob der nicht adäquaten Unterbringung in einer aufgelassenen AsylwerberInnenunterkunft. Sie bemängelten die Einrichtung (verrostete Stahlrohrbetten,
keine Spinde, keine Kleiderständer, usw.).

Obwohl das Innenministerium den Ankauf von 60 Sesseln und Kleiderstaendern anordnete, liessen sich die BeamtInnen nicht davon abbringen, ein anderes Quartier zu beziehen.

Auch legte die Exekutive Wert darauf sich in der Presse vorteilhaft darzustellen. Trotz nicht vorhandener Rhetorik, kam der Inhalt an: "Rache für Salzburg" sollte es geben und die Umstellung des Infopoints Samstagabend wurde als "nicht berühmt" eingestuft und zwar vom Leiter der WEGA Ernst Albrecht himself.
(Zitate aus:"Salzburg Heute", 3.7.2001 und aus dem "Report", 3.7.2001)

Eigentlich schade, denn die Schubhaftgefängnisse wurden bereits eine Woche vorher geleert, um
Platz für "gewalttätige ChaotInnen" zu schaffen.

Die Strategie "Wie vermeide ich konkrete Antworten auf konkrete Fragen?" kam auch bei der offiziellen Polizeipressekonferenz am Montag, 2.7.2001 zum Einsatz. Dr.Karl Schweiger (Polizeidirektor von Salzburg) entäußerte sich verbal folgendermaßen:
"Ich danke aber auch ganz besonders Ihnen, auch bei Ihnen habe ich
Besonnenheit im Vor(gehen) und in der Berichterstattung wahrgenommen, und ich habe zwar heute noch keine Zeitung gelesen und nur einmal drei Minuten Radio gehört, aber wir brauchen auch diese Unterstützung und ich danke Ihnen, dass sie uns das ein wenig leichter machen. Ich danke auch der Bevölkerung von Salzburg, dass sie dieses Verständnis aufgebracht hat dass es diese Maßnahmen geben wird und spätestens gestern Nachmittag oder Abend haben wir die Bestätigung bekommen dass diese massive Polizeipräsenz notwendig gewesen ist um in unserer Stadt die Sicherheit gewährleisten zu können."

Das Frage- und Antwortspiel können wir aus Platzgründen hier leider nicht wiedergeben. Es kann aber im WWW auf der Site austria.indymedia.org nachgelesen werden.
 

aus TATblatt Nr. +170 vom 19. Juli 2001 (22.Jahrestag der Revolution in Nicaragua)
 
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