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Achtung Staatsgrenze!
 

Das Justizministerium hat, nachdem die Oberstaatsanwaltschaft Wien den Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft Korneuburg unterstützt, eine Anklage gegen die beschuldigten Polizisten wegen "Quälens eines Gefangenen mit Todesfolge" genehmigt. Ein Prozesstermin kann erst nach Rechtskraft der Anklage festgelegt werden. Er wird frühestens im Herbst stattfinden, das wäre rund zweieinhalb Jahre nach Marcus Omofumas Tod. Der Strafrahmen im Falle eines Schuldspruchs beträgt bis zu zehn Jahren Haft.
  In der Schweiz wurde vor wenigen Tagen ein Arzt wegen "fahrlässiger Tötung" zu fünf Monaten Haft verurteilt. Eine Fehldiagnose des Arztes hat den Tod des palästinensischen Abschiebehäftlings Khaled Abuzarifa am 3. März 1999 mitverschuldet, wie das Gericht feststellte. Khaled Abuzarifa war während seines Transports vom Abschiebegefängnis zum Züricher Flughafen Knoten, den er nicht überleben sollte, mit verklebtem Mund auf einen Rollstuhl gefesselt. Das Urteil gegen den für die Abschiebung verantwortlichen Polizisten steht noch aus. Zwei Polizisten, die bei der Abschiebung als Begleiter im Einsatz waren, wurden freigesprochen.
  Der Türsteher einer Linzer Diskothek verweigerte einem Delegierten des Bundeskongresses der Grünen, der zu diesem Zeitpunkt in Linz stattfand, mit dem Hinweis, Schwarze seien unerwünscht, den Eintritt. Die Grünen erstatteten daraufhin Anzeige. Dem Besitzer der Diskothek droht auf Grund eines nach wie vor nicht vorhandenen Antidiskriminierungsgesetzes höchstens eine lächerliche Verwaltungsstrafe in der Höhe von ATS 15.000.- nach dem "Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen" (EGVG). Dieses besagt, dass eine Verwaltungsübertretung begeht "wer Personen allein auf Grund ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft, ihres religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung ungerechtfertigt benachteiligt oder sie hindert, Orte zu betreten oder Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, die für den allgemeinen öffentlichen Gebrauch bestimmt sind".
  An den Grenzen zur Slowakei und zu Ungarn wurden im ersten Halbjahr 2001 4486 Flüchtlinge und MigrantInnen aufgegriffen. Ein Jahr zuvor waren es im selben Zeitraum 2211. Hauptverantwortlich für den Anstieg ist die sehr hohe Zahl von afghanischen Flüchtlingen. Von Beginn der Flüchtlingsabwehr am 6. September 1990 bis Ende Dezember 2000 wurden 3200 Flüchtlinge aus Afghanistan gezählt, im ersten Halbjahr 2001 waren es 2355. Der belgische Innenminister Antoine Duquesne will während der belgischen Präsidentschaft die Effektivität der Abschottungsmaßnahmen an den EU-Außengrenzen testen und sie weiter verstärken. Ziel ist eine EU-Grenzpolizei mit Beteiligung der EU-Beitrittskandidaten. Die Polizei soll künftig verstärkt die Möglichkeit erhalten, über EU-Binnenstaatsgrenzen hinweg Verfolgungen durchzuführen. Ende der Woche wird Duquesne mit den Innen- und JustizministerInnen der anderen EU-Länder zusammentreffen, um Maßnahmen gegen "GlobalisierungsgegnerInnen" zu beraten.
  Die Ausweisung war am 16.9.1999 von der Bezirkshauptmannschaft Bludenz angeordnet worden und sollte eine seit 1993 in Österreich lebende Türkin und ihre drei in Österreich geborenen Kinder betreffen. Die Frau war mit einem Touristinnenvisum eingereist und zu ihrem seit 1988 (offiziell genehmigt) in Österreich lebenden Mann gezogen. Der 1994 gestellte Antrag auf Aufenthaltsbewilligung wurde abgelehnt.
Der Verfassungsgerichtshof entschied nun, dass der "rechtswidrige Aufenthalt" allein noch kein Grund für eine Ausweisung sein kann. Der Leitsatz des Erkenntnisses im Wortlaut: "Verletzung im Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens durch Ausweisung türkischer Staatsangehöriger mangels ausreichender Interessenabwägung insbesondere im Hinblick auf den langjährigen rechtmäßigen Aufenthalt der Erstbeschwerdeführerin im Inland."
  Die deutschen Behörden haben 88 türkische StaatsbürgerInnen (vorwiegend KurdInnen) mit einem Flugzeug nach Istanbul abgeschoben. Eine derartige Massenabschiebung fand zum ersten Mal statt. Nach türkischen Zeitungsberichten wurden 25 Personen sofort von der türkischen Polizei verhaftet, alle anderen wurden nach Überprüfung der Personalien freigelassen. Laut der Organisation Pro Asyl wurden in den letzten zwei Jahren mindestens 35 aus Deutschland in die Türkei abgeschobene Personen in türkischen Gefängnissen misshandelt. Die Dunkelziffer dürfte bei weitem höher liegen, weil Opfer von Misshandlungen im Fall einer Beschwerde Angst vor weiteren Repressionen haben.
 

aus TATblatt Nr. +170 vom 19. Juli 2001 (22.Jahrestag der Revolution in Nicaragua)
 
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