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Stellungnahme der Rechtshilfe zu den Vorfällen in Salzburg

Die Veranstaltung des WEF war eine private Veranstaltung, die in keinerlei öffentlichem Interesse stand.

Im Laufe der Demonstration gab es 14 Verhaftungen. Darüber hinaus gibt es eine unbekannte Anzahl von Anzeigen gegen Leute, die beim Kessel willkürlich herausgefiltert wurden. Eine Person wurde bereits am Vormittag abgeschoben, eine von mindestens neun Personen, denen die Einreise verweigert worden war. Bereits am Freitag wurde ein Wiener ohne rechtliche Grundlage des Landes Salzburg verwiesen. Ein Innsbrucker wurde am Innsbrucker Bahnhof daran gehindert, in den Zug zu steigen.

Nach Angaben der Demo-SanitäterInnen mussten diese 20 DemonstrantInnen versorgen, 14 von ihnen waren von PolizistInnen verletzt worden, die anderen hatten gesundheitliche Probleme aufgrund der stundenlangen Einkesselung.

Nach Angaben der Polizei wurden 919 von ingesamt 750 DemonstrationsteilnehmerInnen (Polizeiangabe!) im Kessel festgehalten. Beim Verlassen des Kessels wurden unzählige Personen namentlich erfasst, nahezu alle erkennungsdienstlich abgefilmt. Bereits Tage vorher wurden unzählige Personenkontrollen und Perlustrierungen durchgeführt und PressevertreterInnen massiv eingeschüchtert und bedroht.

Vor, während und nach der Demonstration wurde der Infopoint von als Robocops verkleideten Spezialeinheiten massiv bedroht.

Der Einsatz der Polizei verlief wegen der unterschiedlichen Einsatzgruppen unkoordiniert. Es war nicht möglich, über die Amtshandlung der einzelnen Gruppen eine eindeutige Auskunft zu erhalten. So gab es beispielsweise unterschiedliche Auffassungen über die Art der Auflösung des Kessels zwischen Bürgermeister, WEGA und Innenministerium. Konfusion bezüglich der Vorgangsweise herrschte fast über den gesamten Kesselzeitraum vor, was in den Verhandlungen immer wieder deutlich wurde. Auch bezüglich der Festgenommenen herrschte Unklarheit. Über Stunden konnte oder wollte die verantwortliche Einsatzleitung der Rechtshilfe keine klare Auskunft über den Verbleib der Verhafteten geben, vielmehr widersprachen die einzelnen Aussagen einander.

JournalistInnen wurde bei Festnahmen die Dokumentation der Amtshandlung verwehrt. Sie wurden von Hundestaffeln abgedrängt. Personen, die frühzeitig freiwillig den Kessel verlassen wollten, wurden festgehalten und mussten sich allesamt ausweisen, obwohl zunächst freies Geleit zugesichert worden war. Einige von ihnen wurden sogar - neben den üblichen verbalen Einschüchterungen und Beschimpfungen - geschlagen und festgenommen. Während der Amtshandlungen wurden MigrantInnen der in Polizeikreisen üblichen rassistischen Sonderbehandlung unterzogen.

Der Menschenrechtsbeirat erwies sich wieder einmal als verlängerter Arm des Innenministeriums, seines Geldgebers. Er diente nicht dem Schutz Demonstrierender, sondern zeichnete sich über seine eindeutige Zusammenarbeit mit der Polizei aus.
Kasernierte, überzüchtete Polizeieinheiten wie die WEGA oder die Grazer TAURUS, die nur für spezielle Aufgaben herangezogen werden - letztlich zur Aufstandsbekämpfung - neigen dazu, verselbstständigt, ähnlich wie paramilitärische Organisationen, außerhalb des bürgerlich demokratischen Rechtsstaates, zu agieren. Eine quantitative Verschärfung derartig verselbstständigter Einsätze lässt sich aus den Erfahrungen der letzten Demonstration deutlich ablesen. Wie bewusst die österreichischen Regierungen - auch in der Vergangenheit - diese Entwicklung verselbstständigter Einheiten forcierten, sollte weiter diskutiert werden.

Die Einschüchterungen im Vorfeld bestätigen ein mehr oder weniger einheitliches Vorgehen der Exekutive.

Und noch einmal: der ganze Einsatz wegen einer Privatveranstaltung einiger Superreicher und ihrer politischen Lakaien!

Die Rechtshilfe braucht Gedächtnisprotokolle von Betroffenen und ZeugInnen. Kontakt:
Telefon: 01/5339109 (jeden Donnerstag von 20 bis 22 Uhr). Bitte keine Gedächtnisprotokolle ins Internet oder über E-Mail verschicken! Big Brother is watching you!
 

aus TATblatt Nr. +170 vom 19. Juli 2001 (22.Jahrestag der Revolution in Nicaragua)
 
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